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Vor sechs Wochen hatte er erklärt, die Aufgabe der Armee sei nicht mehr Verteidigung, sondern »Krisenbewältigung« – und als passendes Einsatzgebiet war ihm dabei die ganze Welt erschienen: »weit vor unseren Grenzen«. Ihn bewußt mißverstehend hatte ich im Ossietzky 25/02 polemisch gefragt: »Krisenbewältigung. – Wie will er das tun? Mit Panzern gegen die Arbeitslosigkeit?« Damit brachte ich unabsichtlich bei Struck wohl eine Stahlsaite zum Klingen. Er hat jetzt die Lücke erkannt: das Innere! Also fordert er im Verein mit Stoiber, der auf diesem Gebiet die Bundestagswahl 02 dann doch noch gewonnen hätte, eine Grundgesetzänderung, die – bisher streng verbotene - Inlandseinsätze der Bundeswehr ermöglichen soll. Struck hat hier natürlich keinesfalls Hilfeleistungen der Armee etwa bei Flutkatastrophen im Auge; gegen eine Bundeshochwasserwehr hätte ja auch niemand etwas einzuwenden. Im Gegenteil: Eine Umrüstung der Bundeswehr von Sturmgewehr auf Sandsack wäre sinnvoll. Doch wenn der Minister mit verharmlosendem Euphemismus von »Einsätzen« spricht, heißt das im Klartext: Kampfeinsätze der Bundeswehr im Innern. Wo kämen wir denn auch hin, wenn die 7000 Bundeswehrsoldaten, die unsere gute Regierung bereits rund um die US-amerikanischen Angriffskriegsbasen im Innern Deutschlands fürsorglich in Stellung gebracht hat, nicht im Ernstfall verdammt nochmal mit der Waffe in der Hand gegen die zu erwartenden für den Frieden demonstrierenden Landeskinder vorgehen dürften? So ein Minister denkt vermutlich sogar weiter voraus: Steigende Arbeitslosigkeit und die sich allmählich abzeichnende Inflation könnten irgendwann vielleicht doch mal Massendemonstrationen oder ausgedehnte Streiks bewirken. Für solche Fälle lautete das Krisenbewältigungskonzept aller Notstandsstrategen – seit den fünfziger Jahren in regelmäßigen Abständen immer wieder mal aus dem Sack gelassen – allemal: Militäreinsätze im eigenen Land. Dem Genosken Struck blieb es vorbehalten, sich dieser unwürdigen Schar von Möchtegern-Bürgerkriegern anzuschließen. »Einer muß ja der Bluthund sein« – gelle? So deutlich sagt es der Minister natürlich nicht. Sondern: Es gehe nur darum, der Truppe eine Rechtsgrundlage zum Eingreifen zu schaffen für Fälle wie den des durchgedrehten Privatpiloten, der jüngst drohte, sich auf die Frankfurter Hochhäuser zu stürzen. (Daß ein solcher Einsatz im Rahmen eines übergesetzlichen Notstands ohnehin legitim und legal wäre, erwähnte Struck nicht.) Gegen »geistig Verwirrte« halt nur solle die Armee mit Waffengewalt vorgehen dürfen, ließ er die Gelegenheit nutzend im Fernsehen schönfärben. Wer jedoch in der letzten Zeit gewisse Medienberichte über die Arbeit der Gewerkschaften gläubig verfolgt hat, dem wird die Erkenntnis nicht fern sein, daß Leute, die in dieser schweren Zeit unsere Wirtschaft durch Lohnstreiks lahmlegen, letztlich geistig verwirrt sein müssen. Und macht sich etwa irgendjemand Illusionen darüber, wie schnell Giftgas-Schill, der verantwortliche Hamburger Erstschlags-Innensenator, Maschinengewehre oder Kampfhubschrauber gegen linke Demonstranten anfordern würde, sollte er die Möglichkeit dazu erhalten? Frau Merkel hat sich im Fernsehen sogleich stramm hinter Strucks Forderung gestellt mit der sinnigen Bemerkung, alles das sei notwendig, um »die Praktikabilität unserer Ressourcen« zu demonstrieren. Allerliebst doch diese Wortschöpfung in solchem Zusammenhang! Wie erwähnt (Ossietzky 1/03) zeigt die CDU im niedersächsischen Wahlkampf unter der Plakatüberschrift »Schärfer durchgreifen« der Bevölkerung schon mal die Ordnungswerkzeuge in Form riesiger Handschellen. Deutlicher wäre da nur noch, die Ressource innere Sicherheit unter der Überschrift »Noch härter zuschlagen« in Form eines großen Panzerpiktogramms anzubieten. Mal sehen, wer es bringt. * In Hessen führt der Herr Koch Wahlkampf. Die Schwarzgelder seiner Christen-Union stammten aus »jüdischen Vermächtnissen«, ließ er schon mal laut und lügnerisch verbreiten. Inzwischen hat der Feinfühlige larmoyant festgestellt, Superreiche erhielten hierzulande »den Stern angeheftet«. Beide Äußerungen im Zusammenhang gelesen offenbaren einen Zynismus, der selbst einen Haider zum sofortigen Rücktritt gezwungen hätte. In Österreich. Koch in Hessen hat sich flugs für seine »Fehler« entschuldigt und kann jetzt getrost auf die nächsten gezielten Geschmacklosigkeiten zusteuern. »Viele Köche?«? Einer langt. * Ach ja, Möllemann. Gelegentlich hört man von dem auch mal einen zutreffenden Satz, den er jedoch offensichtlich nur benutzt, um rassistische Ressentiments allerdumpfester Stammtischbrüder zu bedienen. Genauer: So einer lügt sogar dann, wenn er versehentlich ein Quentchen Wahrheit absondert. Die F.D.P. sei nun mal seine politische Heimat, hat er gesagt. Und da hat er wirklich recht – belegt durch die bräunliche Frühgeschichte der Partei. Da kommt es, historisch gesehen, auch her. Deswegen ist Möllemann trotz aller Entrüstungserklärungen seiner Parteifreunde noch drin und wird wohl auch drin bleiben. Wenn nicht, will er eine eigene Partei aufmachen. Vielleicht gemeinsam mit den ihm artverwandten Herren Haider und Schill als gesamteuropäische »Nationale Sammlungsbewegung« (NS)? Möllemanns persönliches ehrgeiziges Karriereziel wird angesichts der schon sehr liberalen Kontenbewegungen zwischen Lichtenstein und Düsseldorf inzwischen klarer: Er will augenscheinlich auf einen einzigen Sprung gleich Altbundeskanzler werden. Ehrenwort. * Jetzt wage ich noch eine Prophezeiung: In absehbarer Zeit wird im Reichstag mal wieder Kriegsschiffbau diskutiert werden. Die SPD hat da historische Erfahrungen. Nicht gleich um Panzerkreuzer wird es gehen, bloß um teure, hochtechnisierte, schwerbewaffnete Einheiten zum schnellen Einsatz in aller Welt. Wetten? Die in letzter Zeit unübersehbare Häufung zumeist euphorischer Fernseh-Dokumentationen über »Die Deutsche Marine«, den U-Boot-Krieg und »unsere blauen Jungs« vor Afrika läßt kaum einen anderen Schluß zu. * In der gegenwärtigen ernsten Vorkriegssituation doch noch zwei kleine Kalauer zur Aufmunterung. – Verblüffend eigentlich, daß nach dem Untergang des Tankers »Prestige« im Hinterland der spanischen und französischen Atlantikküste noch keine US-Truppen aufmarschiert sind. Dort gibt es doch Öl die Menge. – Und: Laut Erklärung des großen grünen Vorsitzenden Reinhard Bütikofer wollen die Regierungsgrünen noch vor den anstehenden Landtagswahlen »die Speerspitze der Friedensbewegung« bilden. Im Kalauern ist mir Bütikofer wirklich über.
Erschienen in Ossietzky 2/2003 |
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