Roland Koch, (CDU). – Die Frankfurter Allgemeine bot Ihnen rechtzeitig vor der Hessen-Wahl Gelegenheit, sich als ein Mann zu präsentieren, der über das Land hinausschaut und auch zu Problemen der internationalen Politik etwas zu sagen weiß. Zum Beispiel zu »Präventivschlägen« – die sind zwar »gefährlich«, aber doch unvermeidbar, denn: »Erst auf einen Pockenangriff zu warten, um anschließend militärisch tätig zu werden, ist unverantwortlich und absurd.« Wollen Sie sich wirklich erkühnen, zu Präventivschlägen gegen die führende Macht der NATO aufzurufen, da die USA mit Milzbranderregern experimentiert, gegen Kuba biologische Kampfstoffe bereits eingesetzt und sich bisher jeder internationalen Kontrolle ihrer B-Waffen-Produktion und -Depots verweigert haben?

Wolfgang Schäuble, (CDU). – Während andere Unionspolitiker, die Stimmung bei den Bürgerinnen und Bürgern bedenkend, noch sagen: »Keine deutschen Jungs in den Irak!«, haben Sie die Geschichte mal durchgerechnet und daraufhin geäußert: »Die Bundesregierung wäre gut beraten, sich nicht allein auf die Aufgabe des Wiederaufbaus des Iraks festzulegen, da uns dies unverhältnismäßig teuer käme.« Gemeint ist: Wer sich am Angriffskrieg beteiligt, bekommt nachher auch von der Beute etwas ab. Sie haben eine Auszeichnung verdient – für schwäbisches Sparsamkeitsdenken in Kriegsvorbereitungszeiten.

Friedbert Pflüger, (CDU). – Als außenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag haben Sie Schröder und Fischer vorgehalten: »Wenn den USA Überflugsrechte und die Nutzung von Militärbasen in der Bundesrepublik gewährt werden, über die schon heute der Aufmarsch der USA Richtung Irak erfolgt, dann ist dies eine deutsche Beteiligung an militärischen Aktionen. Wenn deutsche Soldaten US-amerikanische Militäreinrichtungen schützen, dann ist das eine deutsche Beteiligung. Wenn der deutsche Bundeskanzler deutsche Soldaten an Bord von Awacs-Flugzeugen im Falle eines Irak-Krieges autorisiert, dann ist auch das eine deutsche Beteiligung.« Wir sagen es ungern, aber: Sie haben Recht, diesmal.

Edmund Stoiber, (CSU). – In einer Sonntagszeitung aus dem Hause Springer sind Ihre Gedanken über »deutsche Identität« nachzulesen: »Was macht Deutschland aus? Neben unserer gemeinsamen Sprache ist es die Geschichte, die gemeinsame Erinnerung an gute und auch dunkle Stunden, an große Persönlichkeiten, in denen sich jeder in irgendeiner Weise wiederfindet.« Sie müssen aber noch regeln, welche Persönlichkeit als groß (oder klein) und welche historische »Stunde« als gut (oder dunkel) zu erinnern ist. Sonst wird nichts aus der Identität.

Wolfgang Thierse, (SPD). – Auch unser Autor, Karl-Heinz Hansen, Historiker, wurde vom Deutschen Bundestag, dem er viele Jahre angehörte, eingeladen, unter Ihrer Schirmherrschaft zusammen mit so geschichtsbeladenen deutschen Institutionen und Verbänden wie Deutsche Bahn AG, DaimlerChrysler, Schultheiss-Brauerei, Deutsches Bäckerhandwerk usw. den 30. Januar 2003, den Tag der siebzigjährigen Wiederkehr von Hitlers Machterhebung, durch seine Teilnahme am 2. Parlamentarischen Skatturnier im Reichstagsgebäude zu würdigen. Er schrieb Ihnen (und wir machen uns diese Antwort zu eigen): 60 Jahre nach dem Irrsinn von Stalingrad biete es sich an, die von Ihnen beschirmte Veranstaltung durch einen Vortrag mit Ausstellung über den positiven »Einfluß des Deutschen Skats auf den Durchhaltewillen des Deutschen Frontsoldaten und die dadurch bedingte Verlängerung der Betriebszeiten Deutscher Vernichtungslager« zu bereichern. Postscriptum: Da Ihre Gäste »für das Anne-Frank-Zentrum, Berlin« Skat dreschen sollen, haben Sie das historische Datum doch sicher zumindest mit dem Zentralrat der Juden abgesprochen?

Erschienen in Ossietzky 1/2003