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Da die kirchlichen Finanzgewaltigen dieses geheime Wirken als Mysterium bewahrten, brauchte der Verfasser einige Jahre, viele Internetverbindungen und eine gute Kombinationsgabe, um herauszufinden, nach welchen Gesetzen das fromme Geldimperium arbeitet. Das Gesamtvermögen der Kirchen betrug nach der sehr vorsichtigen Berechnung des Verfassers im Jahre 2000 fast eine Billion Mark. Davon waren rund 300 Milliarden Mark Immobilien- und Grundbesitz (elfmal die Fläche Hamburgs). 170 Milliarden Mark aus Geldanlagen ließen sich mühelos flüssig machen. Neben den Zinseinnahmen aus diesem Vermögen und seinem Wertanstieg verblaßt das jährliche Kirchensteuereinkommen (1999 ca. 15,5 Milliarden Mark). Zur "verfaßten Kirche" gehören über 30 000 Gemeinden, Verbände und sogenannte Werke (z.B. die Caritas oder das Diakonische Werk), die untereinander personell und strukturell verflochten, aber rechtlich selbstständig sind. Sie alle genießen Steuerbefreiung und weitere Privilegien, die den kirchlichen Einrichtungen durch Konkordate (kath.) oder Kirchenverträge (ev.) verbindlich zugesichert, also kaum veränderbar sind. Zwar verlangte der Artikel 138 der Weimarer Reichsverfassung, der wörtlich ins Grundgesetz übernommen wurde (Artikel 140), daß die zum Teil jahrhundertealten "Staatsleistungen" an die Kirchen "abgelöst" werden sollten, doch kirchenfreundlich, wie die Gesetzgeber immer sind - sie verletzen eher die Verfassung als die Kirche - wurde der Verfassungsauftrag in sein Gegenteil verkehrt: 1919 ff, 1933 (durch den Hitler-Pius-Pakt, das bis heute geltende Reichskonkordat), 1949 ff und dann 1990 ff für die "neuen Bundesländer". Die "strotzende Restauration" (so der Theologe Karl Barth) gedieh nach 1945 im Sinne des Berliner Bischofs Otto Dibelius. Der Antisemit und fanatische Kaltekriegsprediger hatte vor der Gründung der Bundesrepublik in einem Memorandum geltend gemacht, wie die kirchliche Vorherrschaft in der Gesellschaft gesichert werden könnte: durch Privilegien in der Schule, in der Lehrerausbildung, in der Wohlfahrtspflege, im Rundfunk, in der Presse und auch in der Rechtssprechung. Bei Frerk ist nun aufgelistet, wieweit diese Forderungen erfüllt wurden. So gab es im Jahre 2000 Staatsleistungen für Pfarrbesoldung und ähnliche Zwecke in Höhe von 811 Millionen Mark (woran die sieben bayrischen Bischöfe/Erzbischöfe mit 1,2 Millionen Mark "Jahresrenten" beteiligt waren), für Religionsunterricht (2,6 Milliarden), Konfessionsschulen (3,8 Milliarden), konfessionelle Kindertagesstätten (4,9 Milliarden) und Bauzuschüsse für konfessionelle Krankenhäuser (1,1 Milliarden), um nur die markantesten von drei Dutzend Posten zu nennen. Zugleich erfährt man, wo überall die Kirchen, steuerbefreit, ihre Netze ausgeworfen haben: im Versicherungswesen, im Baugewerbe, in Handelsunternehmungen einschließlich Touristik, in Banken und Bierbrauereien und nicht zuletzt im Medienbereich, wo z.B. die mehrheitlich neun katholischen Bistümern gehörende Tellux-Gruppe Krimi- und andere Serien für die Fernsehanstalten produziert, aber auch zu gleichen Teilen mit der MDR-Tochter drefa über die gesamten Verwertungsrechte der DEFA-Filme verfügt. Gründlich überprüft der Verfasser auch die finanziellen Verhältnisse in den sozial-karitativen Einrichtungen der Kirchen, wo allein eine Million von den insgesamt 1,3 Millionen hauptamtlichen kirchlichen Mitarbeitern (mit minderen Rechten als sonst im Öffentlichen Dienst) beschäftigt sind. Durch deren Arbeit legitimieren sich die Kirchen in der Gesellschaft. Zu dem Umsatz des Diakonischen Werks und der Caritas von 270 Milliarden Mark tragen die Kirchen allerdings nur 1,7 Milliarden (0,6 Prozent) bei. Der Staat könnte mindestens fünf Milliarden Mark (alle genannten Beträge beziehen sich auf das Jahr 2000) sparen, wenn er diese Einrichtungen in seine Regie übernähme. Wer nach Einsparungsmöglichkeiten zugunsten der öffentlichen Haushalte fahndet, sollte das vorliegende Buch genau studieren. Man stößt da auch auf zahlreiche freiwillige, über die vertraglichen Zusagen hinausgehende Geldleistungen des Staates an die Kirchen (für Kirchentage, Bauzuschüsse, aber z.B. auch für die kirchenmusikalische Ausbildung, für die allein das Land Berlin bei knappen Kassen und abnehmender Zahl von Kirchenmitgliedern rund 600 000 Mark bereitstellt; das arme Bundesland Sachsen-Anhalt hatte 1996 für die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik in Halle eine Million Mark übrig - und das bei einem Überangebot von 27 solcher Ausbildungsstätten in Deutschland). Wie alljährlich im Dezember rufen die Kirchen jetzt wieder unüberhörbar zu Spenden für die Ärmsten der Armen auf. 100 bis 200 Millionen Euro wird das erbringen. Von den gebunkerten Milliarden hingegen wird nichts dabei sein. Die werden, entgegen der biblischen Weisung, eher "von Motten und vom Rost gefressen" (Matth. 6, 19) als jenen Ärmsten zugute kommen. Carsten Frerk: "Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland", Alibri Verlag Aschaffenburg, 432 Seiten, 24.50 Euro
Erschienen in Ossietzky 25/2002 |
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