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Ein weiterer Prozeß in Palermo, in dem er der Komplizenschaft mit der Mafia beschuldigt war, hatte mit Freispruch mangels Beweisen geendet. - So las man in der Tagespresse. Einiges bleibt zu ergänzen, damit nicht zu viel Mitleid mit dem alten Mann aufkommt, der jahrzehntelang als ein Spitzenpolitiker der "Freien Welt" galt. Zwei Mafiakiller erschossen Pecorelli 1979 in Rom, nachdem er Enthüllungen über Andreotti als Verantwortlichen für den Mord an dem Vorsitzenden der Christdemokraten, Aldo Moro, angekündigt hatte. Die Prozesse brachten weitere schwere Straftaten Andreottis ans Licht, für die er aber nicht verurteilt wird, weil sie unter der Regie der NATO geschahen, die bis heute ihre schützende Hand über ihre Gefolgsleute hält. Er war an einer vom US-Geheimdienst CIA mit italienischen Geheimdienst- und Armeekreisen verfolgten Strategie beteiligt, die auf Staatsstreich hinauslief: Unter dem Schutzschild der NATO wurde mehrfach versucht, die verfassungsmäßige Ordnung zu stürzen und eine Diktatur zu errichten; in diese Strategie war die faschistische Bewegung einbezogen. Und Andreotti gilt als der eigentliche Chef der von dem Altfaschisten Licio Gelli mit CIA-Hilfe gegründeten Putschistenloge P 2, die 1981 aufflog. Pecorelli hatte nach der Entführung Moros im März 1978 publik gemacht, daß Andreotti zu den Drahtziehern des Komplotts gehörte. Moro wurde ausgeschaltet, weil er eine Regierungsbeteiligung der Kommunistischen Partei befürwortete. Zweck der Bluttat war es, diesen von seinen innerparteilichen und transatlantischen Gegnern gefürchteten "compromesso storico" zu verhindern. Als 1990 mutige Richter, Journalisten und Politikwissenschaftler das NATO-Projekt "Gladio" aufdeckten, gab General Edgardo Sogno zu, die geheime Truppe hätte, wenn die IKP legal durch einen Wahlsieg an die Macht gekommen wäre, "den Bürgerkrieg entfesselt". La Repubblica enthüllte, daß Andreotti, der noch bis 1992 an der Spitze der Regierung stand, aus einem Dossier über die Mitwirkung von Militär- und Geheimdienstkreisen an terroristischen "Gladio"-Operationen zwei Seiten hatte verschwinden lassen, die wohl ihn selbst betrafen. Im März 1993 begannen die Prozesse. In dem Mafia-Verfahren war Andreotti angeklagt, "einen Beitrag zum Schutz der Interessen und zum Erreichen der Ziele der Mafia geleistet" zu haben. 231 Zeugen sagten aus. Fotos und Filmaufnahmen bewiesen zahlreiche Treffen mit Mafia-Bossen. Offenbar hatte Andreotti die Mafia zur Stimmenbeschaffung für die Democrazia Cristiana bei Wahlen angehalten; zur Kompensation wurden gegen Mafia-Bosse verhängte Urteile vor dem Kassationsgericht (vergleichbar dem Bundesgerichtshof) "in Ordnung gebracht". Es kam ans Licht, daß Andreotti auch den mit der Untersuchung der Mafia-Verbrechen auf Sizilien beauftragten General Alberto Dalla Chiesa "zum Abschuß" freigab, nachdem dieser, wie La Repubblica berichtete, Andreotti ins Gesicht gesagt hatte, daß "die Andreottianer bis zum Hals drinstecken" und er keine Rücksicht auf die DC nehmen werde. Das Berufungsurteil ist auch im Zusammenhang mit dem Widerstand verfassungstreuer Juristen gegen Berlusconi zu sehen. Der von Bush und Putin hochgeschätzte Premier ist dabei, gemeinsam mit Faschisten der Alleanza Nazionale und Rassisten der Lega Nord das italienische Grundgesetz auszuhebeln, fundamentale demokratische Rechte, darunter die Gewaltenteilung, zu beseitigen und eine autoritäre Präsidialdiktatur zu errichten. Staatsanwälte und Richter, die es ablehnen, sich der Exekutive unterzuordnen, werden von einem Regierungschef, der selbst wegen diverser Straftaten zu mehrjähriger Haft verurteilt ist, allerdings noch nicht rechtskräftig, als "rote Richter" diffamiert, deren Absicht es sei, ein "kommunistisches Regime" zu installieren. Der Mailänder Generalstaatsanwalt Gerard D'Ambrosio rief dazu auf, dieser Regierungspolitik entgegenzutreten, sonst werde "die Demokratie im Dunkel der Nacht versinken". Der Ausgang einer von Andreotti vor dem Kassationsgericht angekündigten Revision wird auch davon abhängen, ob der von den Arbeitern ausgehende Widerstand, mit dem sich Wissenschaftler, Schriftsteller, Künstler, Lehrer, Schüler und Studenten solidarisieren, zu einem einheitlichen Handeln zusammenfindet. Es gibt Hoffnungszeichen. Nobelpreisträger Dario Fo, der populäre Theatermann, warnte vor drohender "Etablierung des Faschismus" und rief zu antifaschistischer Aktionseinheit auf. Umberto Eco sieht im Regierungskurs Berlusconis ein Erbe des "übelsten Faschismus". Rund 200 Intellektuelle unterschrieben einen Appell zur Verteidigung der demokratischen Freiheiten.
Erschienen in Ossietzky 25/2002 |
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