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"Darüber hinaus können für Investitionen in die Modernisierung der Bundeswehr Mehreinnahmen bis zu einer Höhe von 614 Millionen Euro jährlich aus der Veräußerung überschüssigen Materials sowie aus Grundstücksverkäufen, Vermietung und Verpachtung eingesetzt werden." So ergeben sich mehr als 25 Milliarden Euro. "Mit diesen Mitteln sowie Ausgabeersparnissen aus der Umstrukturierung und Effizienzsteigerung, die in voller Höhe dem Verteidigungshaushalt verbleiben, können die notwendigen Reformen, insbesondere die Stärkung der Strukturinvestitionen ... bewältigt werden", so die Bundesregierung in einer Pressemitteilung vom 20.11.2002. "Für Operationen zur Terrorbekämpfung sowie für sonstige Auslandseinsätze sind in den Jahren 2003 bis 2006 jeweils insgesamt 1153 Millionen Euro veranschlagt, die bei Bedarf über Haushaltsvermerke verstärkt werden können. Damit ist in genügender Weise Vorsorge für internationale Einsätze der Bundeswehr getroffen." Für Mordwerkzeuge ist der Bundesregierung kein Euro zuviel. Bei Arbeitslosen kürzt sie Cent für Cent, obwohl sie lt. Bundesfinanzministerium davon ausgeht, daß "die Zahl der Arbeitslosen im kommenden Jahr jahresdurchschnittlich noch ansteigen" wird. Ohne erkennbare Skrupel plant sie Streichungen von 2,49 Milliarden Euro bei der Bundesanstalt für Arbeit. Das ist in etwa der Betrag, den der Haushaltsauschuß des Bundestages zwei Wochen vor der Wahl für 410 Schützenpanzer "Igel" beflissen zur Verfügung gestellt hat - "im Rahmen der aufgaben- und fähigkeitsorientierten Neuausrichtung der Bundeswehr", wie das Verteidigungsministerium erläuterte. Er werde den "neuen Anforderungen im Rahmen der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung gerecht ... Für den Einsatz im gesamten Aufgabenspektrum des Heeres" müsse ein Schützenpanzer über eine "strategische Verlegefähigkeit im Luft- und Seetransport" verfügen, "um durchsetzungsfähige Kräfte schnell zu projizieren". Arbeitslose und ihre Partner dürfen künftig gemeinsam nicht mehr als 26 000 Euro "Vermögen" haben, Alleinstehende nur 13 000 Euro, wenn sie Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen wollen. 1,31 Milliarden Euro sollen dadurch "eingespart" werden. Das ist etwa so viel, wie die Auslandseinsätze der 9000 Soldaten jährlich kosten. Aber nicht nur bei den Arbeitslosen, den Ärmsten der Armen, die keine Lobby haben, wird geschnitten, gekürzt und gestrichen. Wir alle werden zur Kasse gebeten. Zahnersatz, bisher schon für viele Menschen unerschwinglich, wird durch höhere Besteuerung von Zahntechnikerleistungen weiter verteuert. Die Lebensmittelpreise werden durch die Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für landwirtschaftliche Vorprodukte (Getreide und lebende Tiere) und Tieraufzucht steigen. Auch an Blumen, mit denen wir anderen Menschen eine kleine Freude bereiten wollen, will der Staat mehr mitverdienen. Die Bundesregierung mutet den Verbrauchern zu, 1,7 Milliarden Euro zusätzlich aufzubringen. Damit zahlen wir in einem Jahr etwa ebensoviel, wie zwei Fregatten des Typs F 124 (Sachsen-Klasse) kosten, von denen die erste Ende Oktober der Marine übergeben wurde. Wenn wir uns nicht wehren, werden weitere Mehrwertsteuererhöhungen folgen. Der Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Florian Gerster, hat bereits danach gerufen (Financial Times Deutschland 19.11.02). Wer glaubt, seine höheren Steuern seien eventuell für die Flutopfer verwendet worden, der irrt. Die 7,1 Milliarden Euro für den Fonds Aufbauhilfe "werden im wesentlichen durch Verschiebung der zweiten Stufe der Steuerreform um ein Jahr" gewonnen, schreibt die Bundesregierung. Ein verheirateter Durchschnittsverdiener mit zwei Kindern trägt dann im kommenden Jahr 316 Euro zu insgesamt 6,9 Milliarden Euro Flutopferhilfe bei. Vernünftigerweise hätte die Bundesregierung auf den Militärtransporter A 400M verzichtet. Mit den dort verschwendeten 8,6 Milliarden Euro wäre den Flutopfern geholfen, und Durchschnittsverdiener hätten nicht auf bereits versprochene Steuererleichterungen verzichten müssen. Auch die Anschubfinanzierung von zusätzlichen Ganztagsschulen durch den Bund wird weder durch unsere zusätzlichen Steuern noch durch die Kürzung der Arbeitslosenhilfegelder bezahlt. Der zur Verfügung gestellte Betrag von vier Milliarden Euro für fünf Jahre war ursprünglich für die Erhöhung des Kindergeldes vorgesehen, von der heute niemand mehr spricht. Für das erste und das zweite Kind sollten die Eltern laut SPD-Wahlprogramm künftig je 200 (jetzt 154) Euro erhalten. Nun hat am 21. November die NATO in Prag mit der Stimme von Gerhard Schröder die "Schnelle Eingreiftruppe" von 21 000 Soldaten beschlossen. Zugleich wurde vereinbart, die "militärischen Fähigkeiten zu verbessern" und die "Verteidigungsfähigkeit gegen Angriffe mit Massenvernichtungswaffen" auszubauen. Das wird nicht ohne weitere Kosten möglich sein. Verteidigungsminister Struck erhielt den Auftrag, kurzfristig einen Finanzierungsbericht vorzulegen, dann soll über die Beschaffungsprojekte entschieden werden. Bundeskanzler Schröders Drohung "Es gibt internationale Verpflichtungen, die wir für die Bundesrepublik eingegangen sind und die bedacht werden müssen" läßt befürchten, daß wir zu weiterer Finanzierung von Kriegsgerät herangezogen werden sollen. Dann wird die Mitteilung der Universitätsklinik Greifswald, daß sie aus Geldnot schließen muß, wohl kein Einzelfall bleiben. Daß an vielen Schulen Lehrermangel herrscht, daß an Hochschulen 37 000 Dozenten fehlen, daß rund 20 000 Studierende vergeblich Wohnheimplätze suchen, daß in Deutschland nur 30 Prozent eines Jahrgangs studieren, in Finnland dagegen 70 Prozent, daß städtische Bibliotheken geschlossen werden, daß Berlin seine Schulen nicht mehr in Schuß halten kann, Gelsenkirchen Spielplätze aufgibt, Frankfurt das Ballett entläßt und in Karlsruhe über die Wasserwerk-Brücke keine Autos mehr fahren dürfen, da die Stahlträger stark angerostet sind, daß die Investitionen der Kommunen 2002 um mehr als 11 Milliarden Euro unter die von 1992 rutschen, hängt alles mit der massiven Steuerentlastung der Konzerne zusammen. Aber ein Großteil dieser Probleme könnte mit den mehr als 25 Milliarden Euro des Rüstungshaushalts - etwa einem Zehntel des Gesamthaushaltes - gelöst werden. Noch nicht eingerechnet sind hier die Ausgaben der Bundeswehr, die in anderen Haushaltsrubiken versteckt sind, z.B. im Forschungs- und Entwicklungsetat. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert schon seit Jahren mehr Geld für die Rüstung. Auch dieses Jahr machte er kurz vor der Wahl wieder Druck und verlangte "eine Erhöhung der Rüstungsausgaben um drei Milliarden Euro pro Jahr zur Modernisierung der Bundeswehr". Der BDI-Präsident Michael Rogowski mischte sich persönlich ein: "Es muß deutlich mehr investiert werden." Zwei Milliarden Euro sollten durch Umschichtungen im Verteidigungshaushalt zusammenkommen. Eine Milliarde Euro müsse "zusätzlich oben drauf gepackt werden". Die deutsche wehrtechnische Industrie sei "unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Industrie und Rüstungsbasis". Ohne eine starke Rüstungsindustrie werde es "Deutschland schwer haben, seine Stimme zu erheben", wenn es um internationale Entscheidungen gehe, monierte der BDI-Präsident. Die Regierung kuscht. Ministers Struck kündigte fürs Frühjahr neue Verteidigungspolitische Richtlinien an, die den "neuen Entwicklungen der Sicherheitslage und den neuen Herausforderungen an die Bundeswehr angepaßt seien". Die massive Aufrüstungspolitik ist bedrohlich für die Menschen im Ausland - im Inland zehrt sie heute schon an unserer Lebensqualität.
Erschienen in Ossietzky 24/2002 |
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