Wolfgang Dorn, Bonn. - Sie haben darüber nachgedacht, was sich George W. Bush wohl unter einem "Schurkenstaat" vorstellt. Ihnen fielen etliche Merkmale ein: In "Schurkenstaaten" sind die Regierenden nicht von der Bevölkerungsmehrheit gewählt - US-Präsident Bush nicht mal von 25 Prozent. "Schurkenstaaten" verhängen die Todesstrafe - die George W. Bush als Gouverneur von Texas weit über 100 mal hat vollstrecken lassen. "Schurkenstaaten" halten sich nicht an internationale Vereinbarungen - wie die USA beispielsweise die Umweltschutz-Regelungen von Kyoto ignorieren und den Internationalen Strafgerichtshof boykottieren. "Schurkenstaaten" haben Atomwaffen - im Irak wurden keine gefunden, aber die USA haben sie früher schon angewendet, und Bush schließt ihren "präventiven" Einsatz nicht aus. Auf Ihrer Liste stehen noch mehr Merkmale, so daß es uns nunmehr leichtfällt, einen "Schurkenstaat" zu erkennen. Teilen Sie uns bitte nur noch mit, wie wir mit ihm umgehen sollen.

Peter Struck, deutscher Militärminister. - Sie waren zu Besuch im Pentagon, um Donald Rumsfeld davon zu überzeugen, daß Gerhard Schröder zur Fangemeinde des US-Präsidenten gehört. Die Zweifel daran haben sich in Washington noch nicht restlos verflüchtigt, deshalb wurde Ihnen ein Ehrensalut der US-Army nicht zuteil. Die Welt am Sonntag hat Sie nach Ihrer Rückkehr gefragt, ob Ihnen denn Ihr Amt Spaß mache. Sie bejahten: "Ich bin gern Verteidigungsminister. Was ich tue, mache ich mit voller Kraft. Da denke ich an einen Satz meines Vaters: Mache alles, was Du machst, ordentlich, und wenn es den Hof fegen ist." Da haben Sie die deutschen militärischen Dienste nach US-amerikanischen Donnerschlägen trefflich beschrieben, jetzt in Afghanistan, demnächst anderenorts.

August Hanning, BND-Präsident. - Bei einer wehrkundlichen Tagung, die der Springer-Verlag veranstaltete, haben Sie mitgeteilt, daß der von Ihnen geführte deutsche Geheimdienst "bisher nicht über Anhaltspunkte für den Abfluß von Knowhow über Massenvernichtungswaffen aus dem Irak in den Bereich Al Qaida" verfüge. Aber wie stehen Sie da, wenn die USA den Irak angreifen und als Grund dafür einen solchen Abfluß angeben? Dann wird der Bundesnachrichtendienst zeigen dürfen, wie flink er beim Auffinden von Anhaltspunkten ist.

Rüdiger Dorn, Detmold. - Da sage noch wer, der außerparlamentarischen Opposition hierzulande sei jede Radikalität fremd. In einem in den Medien zitierten Brief haben Sie dem Bundeskanzler angedroht, wenn er seine Politik nicht korrigiere, seien "drastische Maßnahmen fällig, bis hin zu einem Generalstreik". Gewerkschafter sind Sie nicht, auch nicht Globalisierungskritiker oder Pazifist; Sie sind Präsident des Verbandes "Haus & Grund", und es geht Ihnen darum, eine Wertzuwachssteuer auf Immobilienbesitz zu verhindern.

Erschienen in Ossietzky 23/2002