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Die Atmosphäre ist angespannt, jedem rinnt Schweiß von der Stirn, und die Dolmetscher haben Schwierigkeiten, die schnell formulierten militärischen Details zu übersetzen. Auffällig ist die Rolle der kubanischen Delegation. Ihr Chef, Kubas Staatspräsident Fidel Castro, erscheint als Wortführer in den Verhandlungen. An diesem Punkt unterscheidet sich die Konferenz von ihrem Anlaß. "Die Oktoberkrise. Eine politische Perspektive 40 Jahre danach" holte kürzlich die Protagonisten jener verhängnisvollen Wochen, die beinahe zu einem Atomkrieg geführt hätten, nach Havanna, um sie neu zu analysieren. In Zeiten eines drohenden Irakkrieges, da US-Präsident Bush II. laut über den Einsatz von Atomwaffen nachdachte, erschienen die Fragen von damals hochaktuell. Schirmherr José Ramon Fernandez, Kubas Vizepremier, verstand das Motto als Warnung: "Wer aus der Geschichte nicht lernt, ist verdammt, sie zu wiederholen." Als historische Chance sah auch der Chef des US-amerikanischen Archivs für nationale Sicherheit, Thomas Blanton, diese Zusammenkunft von Wissenschaftlern sowie Militärs und Politikern, die einst an dem Beinahe-Super-GAU beteiligt waren. Etliche von seinem Institut veröffentlichte Dokumente hatten den Zugang zu den historischen Details ebenso ermöglicht wie die Erinnerungen des damaligen US-Verteidigungsministers Robert McNamara oder des sowjetischen Generals Anatoli Gribtov, der 1962 den Oberbefehl über die knapp 40 000 Soldaten aus der UdSSR auf der Karibikinsel hatte. Die Dramatik jener 13 Tage - nach Bekanntwerden der sowjetischen Waffen in Kuba reagierte die Kennedy-Administration mit der Ausrufung der höchsten Sicherheitsstufe, einer massiven Truppenverlegung, Instandsetzung der Atomsprengköpfe und aktiver Seeblockade gegen Kuba - bis zum Rückzug der Missiles durch die Sowjets am 29. Oktober 1962 reizte schon mehrere Regisseure zu Verfilmungen. So drehte Kevin Costner einen Spielfilm namens "13 days". Der Hofchronist der Berliner Republik, Guido Knopp, machte eine sechsteilige Fernsehsendung daraus. Zwei Dinge werden jedoch in der westlichen Lesart der Geschichte für gewöhnlich unterschlagen. Erstens die atomare Übermacht der USA, die alltägliche Bedrohung rings um die Sowjetunion - das Waffenverhältnis lag 1962 etwa bei 17:1 zu Ungunsten der UdSSR. Zweitens die Position des sozialistischen Kuba. Ein Jahr nach der gescheiterten Schweinebucht-Invasion, mit der im April 1961 mehrere tausend schwer bewaffnete Söldner versucht hatten, die neue Regierung in Havanna zu stürzen, lagen neue Angriffspläne ("Plan Mongoose") vor. Die kubanische Regierung entschied sich, Verteidigungsmaßnahmen zu treffen. Dazu gehörte auch ein Bündnis mit der UdSSR im April 1962, das zur Stationierung der Raketen führte. Kennedy-Berater Arthur Schlesinger gestand den Kubanern zu: "Obwohl ich Ihnen versichern kann, daß Kennedy zu keinem Zeitpunkt eine Invasion der USA in Kuba wollte, hätte ich an Ihrer Stelle mich auch auf einen Angriff vorbereitet." Die Differenz zwischen Havanna und Moskau lag darin, daß Castro die Selbstverteidigung gegenüber dem aggressiven nördlichen Nachbarn als legitim ansah und die Stationierung als Stärke nach außen zu zeigen beabsichtigte. Nikita Chruschtschow hingegen machte daraus - über die Gründe gibt es verschiedene Theorien - eine Geheimaktion. Entdeckt wurde sie am 14. Oktober, als William Ecker, Pilot der US Air Force, bei einem Überflug die entscheidenden Fotos der Raketenabschußanlagen im Westen der Insel schoß, die dann in Kennedys Hand zu einem diplomatischen As avancierten. Knapp zwei Wochen lang war nicht abzusehen, wie beide Supermächte in der angespannten Situation handeln würden. Der kalte Krieg wurde immer heißer. "Letztlich konnten sich aber die Falken in Washington nicht durchsetzen", resümiert McNamara 40 Jahre danach. Die bereits ausgearbeiteten Einsatzpläne blieben jahrzehntelang geheim. Das Wichtigste an der Konferenz sei, befand Castro, sich darüber klar zu werden, wie es zu dieser gefährlichen Situation kommen konnte und wie mit drohenden Kriegen umzugehen ist. Von den jetzt in Washington regierenden Republikanern nahm aber niemand teil. Gekommen waren Vertreter des demokratischen Lagers der USA, das damals die Regierung stellte. Von ihm verspricht sich Havanna auf Dauer zweierlei: eine weniger bellizistische "Weltpolitik" und das Ende des nunmehr 41jährigen Embargos gegen Kuba.
Erschienen in Ossietzky 23/2002 |
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