Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Das Terrornest an der ElbeHamburgs Innensenator Ronald Schill und ich, wir haben beide dieselbe, drängender Notdurft entsprungene Leidenschaft. Ich besitze seit nun schon zwanzig Jahren ein von Luigi Colani geformtes wunderschönes moosgrünes Klo. Und der Ex-Richter Gnadenlos und nunmehrige Lifestylesenator muß, um seinen stürmischen Popularitätsverfall in Hamburg notdürftig zu verzögern, zu Colani als letzter Wunderwaffe greifen. Gleich nach seinem Amtsantritt hat sich Senator Schill an die Erfüllung des wichtigsten Wahlversprechens seiner "Partei Rechtsstaatliche Offensive" (PRO) gemacht: Hamburgs Polizei endlich zur uneingeschränkten Einsatzfähigkeit zu verhelfen. Ihre grünbraune Uniform ist - rechtsstaatlich offensiv - durch eine blaue zu ersetzen. Das war mit einer Hamburger Bekleidungsfirma zunächst gut angelaufen: Einzelne Polizistinnen und Polizisten zeigten sich bereits blaugewandet auf der Straße, und statt grüner Polizeiwagen gibt es auch schon blaue. Doch dann versickerte der Freilauf der Blauleute im Streit zwischen Ronald Schill und den heimischen Tuchproduzenten. Pro Uniform sollte die rechtsstaatliche Offensive 1000 Euro kosten - einen soliden Anzug bekommt man, rechtsstaatlich oder nicht, schon für ein Viertel des Betrags. Und für die Urheberrechte verlangt die Firma gleich auch mal 60 000 Euro. Da sprang Luigi Colani ein. Aus Tradition. Der Großvater schon hatte an Kaiser Wilhelms Armee herumgeschneidert. Jetzt will der Enkel für Hamburgs Polizistinnen und Polizisten, das gelobte er auf einer Pressekonferenz, für Ronald Schill die "schärfsten Uniformen des Kontinents" entwerfen. "Brachial" sollen sie sein und "respekteinflößend". Das wird nötig sein. Denn der strenge Partysenator ist in die rechtsstaatliche Defensive geraten. Hamburgs Presse erhob sich jüngst wie ein Mann gegen Schills Entwurf für eine Novellierung des Landesverfassungsschutzgesetzes. Ärzte, Geistliche, Anwälte und Journalisten, Berufsgruppen also, die bisher unter dem besonderen Schutz des Gesetzes vor Lauschangriffen standen, solle jetzt unbeschränkt den Lauschattacken des Staatsschutzes ausgeliefert werden. Hamburgs betuliches Abendblatt verkündete den "Widerstand gegen Überwachung". Und verriet dabei, wozu die ISDN-Leitungen der Telekom für die Verfassungsschutzagenten gut sind: "Die Experten schalten sich bei ISDN-Leitungen einfach auf die Freisprechanlagen - und hören den ganzen Raum ab." Die Landespressekonferenz und dreizehn Chefredakteure protestierten - vom Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust bis zum Bild-Chef und Kohl-Verehrer Kai Diekmann, der Schills Gesetzeswurf ein "Zeichen der Barbarei" nannte. Und unten in München sprach die Süddeutsche Zeitung schließlich von "einem für deutsche Verhältnisse beispiellosen Anti-Presse-Gesetz". Da hatten sie in den bayerischen Redaktionsstuben kräftig Augen und Ohren zugehalten. Der Spiegel fand heraus, daß die Passagen, gegen die sich die Hamburger "noch lautstark wehren", in Bayern "wortgleich schon im Verfassungsschutzgesetz" stehen. Und nicht viel anders ist es im Saarland, in Rheinland-Pfalz, in Sachsen und auch in Thüringen, dort wo sich der Verfassungsschutz so vorbildlich des Wohls der NPD annimmt. Die eigentlich für Schill patentierte Rechtsstaatliche Offensive hat längst schon die deutschen Gaue erfaßt. Den Hamburger Innensenator können darum die heimatlichen Proteste nicht beeindrucken. Er weiß es besser: "Amerika schaut auf uns. Dort spricht man im Zusammenhang mit dieser Stadt nicht mehr vom Kiez oder der Reeperbahn, sondern vom Terrornest." Ich aber habe etwas gegen Wanzen und bin darum glücklich, daß ich mein Colani-Klo schon vor zwei Jahrzehnten gekauft habe. Heute täte ich so etwas ganz bestimmt nicht mehr. Es sei denn, es wäre mir egal, daß mein Ort der Erleichterung jeden fröhlichen Furz direkt ins Amtszimmer des Hamburger Innensenators überträgt - zwecks Überprüfung auf terroristische Untertöne.
Erschienen in Ossietzky 22/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |