Der Superminister

von Marja Winken

So richtig verstanden hatte ich es nicht, wieso es unter dem zweiten Kabinett Schröder mit der Arbeit oder der Wirtschaft oder gar mit beidem aufwärts gehen soll, indem ein Mann für beide Ressorts zuständig gemacht wird. Wenn es bisher zwei Minister nicht geschafft haben, uns Wachstum und Arbeitsplätze zu bescheren - bringt dies nun der eine allein zustande? Waltet da ein geheimes Gesetz: Je mehr Minister, desto weniger, je weniger Minister, desto mehr Erfolg?

Jetzt aber bin ich belehrt, und das ist Michael Rogowski zu verdanken, dem Präsidenten des Bundesverbandes der deutschen Industrie, der in der Welt am Sonntag erklärt hat, weshalb Clement als Doppelminister gute Hoffnung bedeutet. In Zukunft nämlich, so könne erwartet werden, finde im neuen Superministerium "wirtschaftspolitischer Sachverstand mehr Gehör", während "die Fesseln" gewerkschaftlicher Einflüsse gelöst würden. Clement könne das leisten, denn er sei "pragmatisch, offen, standfest und zupackend", ihm sei zuzutrauen, daß er sich auch gegen den DGB durchsetze. Und dann zählte Rogowski auf, welchen Aufgabenkatalog er sich für den Superminister vorstellt: Nicht nur Umsetzung des Hartz-Konzepts ("das hätte auch Walter Riester mit seinem Ministerium machen können"), sondern auch "Aufbau eines breiten Niedriglohnsektors", "Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und der Sozialhilfe auf dem Niveau der Sozialhilfe", Abschaffung von "Behinderungsgesetzen auf dem Arbeitsmarkt" und schließlich "eine sozialpolitische Totalreform, denn in unserem Sozialsystem liegt das Geld begraben, das wir suchen". Bei alledem würden "die Gewerkschaften natürlich aufheulen", meint Rogowski, aber offenbar erwartet er, daß Wolfgang Clement imstande ist, ein solches Geräusch zu überhören.

Ich habe verstanden. Es braucht einen Superminister, damit die deutschen Superunternehmen bei der Geldsuche zum Supererfolg kommen.

Erschienen in Ossietzky 22/2002