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September einem Auftragsboom gewichen sei, der sogar die Einführung von Lieferfristen notwendig mache. Na also. Was sich lange staut, wird endlich gut. Daß in einem anderen Betrieb die seit Frühsommer längst überfällige Neueinstellung zweier dringend benötigter Fachkräfte von der Firmenleitung lange blockiert und – wie das Schicksal so spielt – erst just am Montag nach der Wahl bewilligt wurde, erfahre ich aus zuverlässiger, an dieser Stelle jedoch nicht genannt sein wollender Betriebsratsquelle. Wenn das keine Erfolge sind! Richtig losgehen wird es jedoch wohl erst dann, wenn die Vorschläge der Hartz–Kommission durchgesetzt sind. Ist doch als sicher anzunehmen, daß allein die Umfirmierung der Arbeitsämter in "Bundesagentur für Arbeit" binnen kürzester Frist wenigstens fünf Millionen neuer Arbeitsplätze schafft. Diejenigen unter den vier Millionen amtlich registrierten Faulpelzen, die sich weigern sollten, aus dem überreichlichen Stellenangebot zu wählen, werden dann erheblich zu rechnen haben, und zwar mit härtesten Sanktionen. Die epochemachende Umbenennung wird in absehbarer Zukunft wohl auch helfen, den Staatshaushalt zu entlasten. Denn daß eine Agentur legitimerweise den Vermittelten für die erbrachte Leistung Gebühren berechnen muß, ist schließlich jedermann einsehbar. Für den Anfang wird sich die Courtage analog den Kostensätzen der Wohnungsmakler vermutlich in Grenzen halten: zehn Prozent des vermittelten Jahreseinkommens etwa. Meine Prophezeiung einer rotgrünen ARG – der "Arbeitslosenregistrierungsgebühr" – vom Herbst 1999 (Ossietzky 20/99) erlaube ich mir, hiermit als stark untertrieben zu revidieren. * Die Tagesschau berichtet, das Projekt eines bundesweiten Antikorruptionsregisters sei im Bundesrat gescheitert. Geplant war eine Negativliste aller wegen Schmiergeldzahlungen auffällig gewordenen Firmen, die zukünftig keine Aufträge der öffentlichen Hand mehr erhalten sollten. Die unmittelbar darauffolgende Meldung kündigt die Sprecherin mit der Überschrift "Schwarzfahren wird teurer" an. Kommentar überflüssig. * Der Spiegel, bekanntermaßen meinungsbildend, macht gegen das seiner Ansicht nach aufgeblähte Gesundheitswesen Front. 300 000 Ärzte und 2200 Krankenhäuser seien nun wirklich zuviel! "Ein riesiges Arsenal von Magnet resonanztomografen, Echokardiografiegeräten" und ähnlichem wird beklagt. Das muß ich gleich meinem Arzt erzählen, der als Kardiologe in einem öffentlichen Krankenhaus schon jahrelang vergeblich um den dringend benötigten zweiten Echokardiografen kämpft. Er geht falsch an seine Patienten heran. Schließlich ist die sedierende Wirkung von Wartefristen seit langem wissenschaftlich nachgewiesen. Und unseren unter schwerem Diabetes leidenden Kollegen Tontechniker wird es sicher glücklich machen, wenn die vom Spiegel geforderte höhere Selbstbeteiligung das Gesundheitswesen effizienter macht. Alle Rentner aber wird es freuen, wenn sie statt eines "Rundum–sorglos–Schutzes" (Spiegel) nur eine Mindestversicherung "ähnlich wie bei der Auto–Teilkasko" erhalten. Der tägliche Kampf ums Überleben hält schließlich fit, jung und gesund. * Das erfreulichste Ergebnis der Bundestagswahl besteht – wenn man zahlreichen Sprechern der Berliner Blockparteien glauben will – darin, daß die PDS nur noch rudimentär im Bundestag vertreten sein wird. Auch wenn möglicherweise einige ihrer Wahlaussagen zahlreiche Stimmberechtigte dazu bewogen haben mögen, dann lieber gleich das Original SPD zu wählen, lag die Entscheidung letztlich beim alternativen bis friedliebenden Kreuzberg–Friedrichshainer Wahlvolk. Dem war nämlich immer wieder eingebleut worden – Eike Stedefeldt hat es im Ossietzky 19/02 beschrieben –, alle Fortschrittlichen und –innen müßten in einer Einheitsfront hinter dem Kandidaten Ströbele stehen – bekanntermaßen dem Viertel des grünen Gewissens –, um solcherart die Sache der Friedens im Parlament zu stärken. So konnte Ströbele der PDS, die als einzige Fraktion bisher geschlossen gegen Kriege gestimmt hatte, das als sicher angesehene dritte Direktmandat nehmen und ihr den Einzug in den Bundestag verbauen. Die Zahl der Kriegsgegner im Hohen Hause wurde solcherart von bis dato 41 (37 PDS–Abgeordnete plus 4 grüne Feigenblätter) auf – Ströbele inbegriffen – bestenfalls drei gestärkt. Daß dieses Resultat im Kalkül Ströbeles, seiner Grünen und natürlich auch der anderen Blockparteien lag, ist legitim; zumindest nachdenklich werden müßten dagegen seine alternativen Kollateralwähler: Die Wahl war kurz, die Reu wird lang. Spätestens dann nämlich, wenn sich der Deutsche Bundestag, wie abzusehen, demnächst bei nur drei Gegenstimmen leider, leider doch für eine deutsche Beteiligung am Irak–Krieg entschließen muß, etwa weil der amerikanische Präsident überraschend Beweise dafür vorgelegt hat, daß Saddam Hussein einige der ihm seinerzeit von den USA zu treuen Händen und selbstverständlich alsbaldigen Vernichtung (des Gegners) gelieferten Milzbranderreger noch nicht an die CIA zurückgegeben habe. Friedenskanzler Schröder, Friedensfreund Fischer und die Chefs aller fünf Reichstagsfraktionen der vor Wahlen gelegentlich auch mal öffentlich für den Frieden eintretenden staatstragenden Parteien werden uns schon verklickern, daß – bedauerlicherweise – nun plötzlich doch alles ganz anders aussehe als bis zum 22. September 2002. Die SPD fordert inzwischen PDS–Mitglieder massiv zum – einstweilen noch freiwilligen – Übertritt auf. In eine Sozialdemokratische Einheitspartei Deutschlands vermutlich. Schröder erklärt, die PDS müsse endgültig "überflüssig" werden. Das macht jetzt nämlich alles unser Herr Ströbele.. * Bleibt noch ein europaweit bisher unbeachteter Tatbestand zu erwähnen. In Österreich hatten 1984 militante Umweltschützer mit Bauplatzbesetzungen und eindrucksvollen Protestaktionen die bei Hainburg geplante Errichtung einer Donaustaustufe samt Kraftwerk erfolgreich verhindert und so den Erhalt ausgedehnter Auwälder erreicht. Zum Glück, denn es steht außer Frage, daß das Hochwasser sonst noch schlimmere Folgen gehabt hätte. Bis heute hat sich noch niemand für die Beschimpfungen und Prügel, mit denen die Demonstranten damals bedacht worden waren, entschuldigt, geschweige denn ihnen späten Dank für die vorsorgliche Hochwasserhilfe zuteil werden lassen. Vielleicht liegt das daran, daß an Österreichs Flüssen keine Kernkraftwerke stehen, von denen ein zusätzliches Gefahrenpotential ausgehen könnte. Besorgte Rückschlüsse auf deutsche Atomanlagen an Elbe, Rhein oder Weser verbieten sich natürlich. Denn jeder Regierungsgrüne wird der Parteibasis noch vor der nächsten Flut überzeugend darlegen können, die AKWs seien ebenso hochwassergesichert, wie es immer schon als völlig ausgeschlossen galt, daß jemals ein Flugzeug in ein so markantes Bauwerk stürzt. – Auch da wird es bei den einstigen Ökopaxen wohl demnächst richtig los gehen. Wetten?
Erschienen in Ossietzky 20/2002 |
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