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Als es im Herbst 2000 galt, den nach dem unklaren Wahlausgang und dem Sturm auf das Parlamentsgebäude gestürzten jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic zu diskreditieren und die Sozialistische Partei Serbiens (SPS), deren Vorsitzender er war und noch immer ist, zu enthaupten, unterstellten ihm die neuen Machthaber Amtsmißbrauch, Unterschlagung von Staatsgeldern, illegalen Devisentransfer ins Ausland und maßlose Bereicherung. Von Summen bis zu 40 Milliarden Mark war die Rede. Als dann die NATO im Folgejahr immer kategorischer die Auslieferung des Ex-Präsidenten des von ihr überfallenen und geschundenen Landes forderte, beschuldigte ihn die gewendete Belgrader Justiz, rund 200 Millionen Mark aus Zolleinnahmen unterschlagen und an treue Parteigänger verteilt zu haben. Das brachte ihn in Belgrader Untersuchungshaft, aus der er bekanntlich wenig später mit den vereinten Kräften der USA, der NATO und deren Lieblingsserben Zoran Djindjic nach Den Haag verschleppt wurde. Die ursprüngliche 200-Millionen-Mark-Beschuldigung spielt längst keine Rolle mehr; sie hat ihren Zweck erfüllt, Milosevic zu verleumden und seine Entführung vorzubereiten. Das um sie errichtete Lügengebäude ist längst zusammengebrochen. Im Unterschied dazu hielten die Grundmauern der Sozialistischen Partei zum Leidwesen ihrer erbitterten Gegner den politischen Erschütterungen bisher stand. Zwar ist die SPS unsäglichen Drangsalierungen ausgesetzt und auch durch Spaltungsversuche bedroht, aber sie ist weiterhin die stärkste Oppositionspartei in Serbien. In Milosevics Abwesenheit wurde sie bis vor kurzem von Mirko Marjanovic, Mitglied des Exekutivausschusses, geleitet. Marjanovic ist in der jugoslawischen Politik und Wirtschaft kein Unbekannter. Seit 1979 war er vom Arbeiterrat immer wieder zum Generaldirektor des Belgrader Handels- und Finanzunternehmens Progres gewählt worden und hatte sich in dieser Tätigkeit außergewöhnliches Ansehen erworben. Am 18. März 1994 wurde er zum Ministerpräsidenten der Republik Serbien berufen, ein Amt, das er bis zum jugoslawischen Wendeherbst 2000 inne hatte. Auf Beschluß des Arbeiterrates ruhte während dieser Zeit seine Funktion in der Firma Progres. Gegenwärtig ist er wieder gewählter erfolgreicher Firmenchef und wie bisher Mitglied der engeren SPS-Führung. Diese Kombination, vor allem die Tatsache, daß Marjanovic über einen längeren Zeitraum den nach Den Haag verschleppten sozialistischen Parteichef vertrat, ließ und läßt die von der NATO protegierten Belgrader Regierenden, die sich allesamt Demokraten nennen, nicht ruhen. Kaum, daß Marjanovic die Leitung von Progres wieder übernommen hatte, besannen sie sich ihrer im Fall des gestürzten Präsidenten gesammelten Erfahrungen und beschuldigten nun seinen zeitweiligen Vertreter der Bilanzmanipulation, des illegalen Geldtransfers, der persönlichen Bereicherung, der Einrichtung eines aus kriminellen Machenschaften gespeisten Geheimkontos in Malta und weiterer finanzieller Missetaten – solcher, die man dem Katalog der Finanztricks gehobener Kreise und Parteien kapitalistisch zivilisierter Länder entnehmen kann. Ein Strafverfahren wurde vom zuständigen Belgrader Bezirksgericht nicht eingeleitet, da Beweise und Zeugen fehlten. Das hinderte den Belgrader Bezirksstaatsanwalt jedoch nicht daran, das Schweizer Bundesamt für Justiz in Bern um Rechtshilfe zu ersuchen, die trotz fehlender juristischer Voraussetzungen gewährt wurde. Der Staatsanwalt wurde nicht nur über die Existenz eines auf den Namen Mirko Marjanovic lautenden Kontos bei einer Schweizer Bank, sondern zugleich über einen hohen Konto-Stand und zahllose mysteriöse Konto-Bewegungen von 1989 bis 2001 unterrichtet. Das Konto wurde gesperrt. In Belgrad riefen diese prompten Informationen bei den Gegnern der SPS Jubel hervor. Die Verleumdungskampagne gegen den Progres-Chef wurde intensiviert, der Druck auf die Firma erhöht. Immerhin hatten die Regierenden schon seit langem versucht, mit Hilfe eines verfassungswidrigen Gesetzes Progres 23,3 Millionen Mark abzupressen, was den Ruin des renommierten Unternehmens, dessen einziges belegbares Vergehen darin besteht, von einem Sozialisten geleitet zu werden, und die Vernichtung Tausender Arbeitsplätze bedeuten würde. Hilfe bei dieser Intrige leistete offenkundig der Botschafter der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Belgrad. Der serbische Finanzminister Bozidar Delic sprach dem Botschafter offiziell Dank für seine Unterstützung bei den Ermittlungen gegen Progres aus. Dagegen kritisierte der frühere Geschäftsträger Jugoslawiens in Bern, der spätere Generalkonsul in Düsseldorf, Vlado Nadazdin, die ungewöhnlichen Aktivitäten der Schweizer Exzellenz: »... als ob es das Amt eines Botschafters in einem ausländischen Staat wäre, bei den Ermittlungen gegen die politischen Gegner der dortigen Machthaber zu helfen«. Doch der Schweizer Liebesdienst für die Belgrader Regierung erwies sich als ein Schlag ins Wasser. Das einzige, was an den flugs gelieferten Berner Informationen stimmte, war, daß sich Mirko Marjanovic 1989 tatsächlich ein Konto bei einer Schweizer Bank einrichten ließ und 125 (in Worten: einhundertfünfundzwanzig) Schweizer Franken deponierte. Weitere Kontobewegungen wurden in der Folgezeit von ihm erwiesenermaßen weder vorgenommen noch veranlaßt. Anderslautende Informationen und Anschuldigungen platzten wie Seifenblasen. Nach einer energischen juristischen Demarche des Anwaltes des Progres-Chefs beim Berner Bundesamt für Justiz spielen die Zuständigen in der Schweiz mittlerweile die getäuschte und gekränkte Unschuld, obwohl sie bis dato für sakrosankt erklärte Prinzipien politischer Zweckmäßigkeit geopfert hatten. Natürlich war den Berner Justizbeamten der politische Hintergrund des serbischen Ersuchens bestens bekannt, und ebenso geläufig war ihnen, daß Rechtshilfe der Art, wie sie vom Belgrader Staatsanwalt gewünscht wurde, nur gewährt werden kann, wenn ein Strafverfahren eingeleitet ist. Doch eilfertig gaben sie im Fall des Sozialisten Marjanovic das Schweizer Nationalheiligtum preis, das Bankgeheimnis, das sie in der Regel entschlossen zu verteidigen wissen. Zehntausende von Spekulanten, Steuerflüchtlingen, Schwarzgeldspendensammlern, Geldwäschern können davon ein Lied singen, ein Hohelied auf die Verschwiegenheit Schweizer Kontenwächter. Nur Marjanovic kann nicht einstimmen. Bei ihm, dem »engen Mitarbeiter von Herrn Slobodan Milosevic«, wie er in den zwischen Belgrad und Bern ausgetauschten Dokumenten genannt wird, waren die Gralshüter des Bankgeheimnisses geschwätzig und übereifrig, aber auch maßlos unpräzis und übertreibend. So wurde das Belgrader Ränkespiel en passant auch zu einem handfesten Berner Skandal. Doch wen kann das schon wundern? In ihrer zupackenden Abneigung gegen alles, was der Nähe zu sozialistischen Gedanken auch nur verdächtig ist, sind sie sich gleich – die Belgrader »Demokraten«, die Brüsseler NATO-Generäle, die Haager Staatsanwälte und eben auch die Berner Beamten und Bankiers. Übrigens war die Hauptanklägerin im Prozeß gegen Milosevic, Carla del Ponte, die fortwährend stärkste Behauptungen und dürftigste Beweise präsentiert, zuvor Bundesanwältin in der Schweiz. Ob die über 300 Millionen Dollar, mit denen die USA, die Bundesrepublik Deutschland und andere Staaten den Wahlkampf Djindjics und der DOS finanzierten, über Schweizer Konten flossen, darum haben sich Belgrader Staatsanwälte und Berner Justizbeamte noch nicht gekümmert. Bekannt ist, daß einer der Geldbeschaffer Moritz Hunzinger heißt. Kurz nach Milosevics Sturz gab er in München für den Führer der Belgrader »Demokraten« ein festliches Abendessen, zu dessen Auftakt Zoran Djindjic einen Überraschungsgast brüderlich umarmte. Der Ehrengast war Rudolf Scharping, Erfinder solcher serbischer Greuel wie des »Fötengrills«, damals noch Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland.
Erschienen in Ossietzky 18/2002 |
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