Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Eine geplante hannoversche Schummeleivon Kurt Pätzold Nein, Bonusmeilen gab es für die langen, zudem beschwerlichen Dienstreisen noch nicht, die vor Zeiten schon im Staatsauftrage zu unternehmen waren. Namentlich von Diplomaten und Militärs. Beide reisten noch nicht per Flugzeug. Jene zumeist in Kutschen. Diese vornehmlich auf dem Rücken von Pferden. Deren Kauf hatten die Dienstreitenden aus eigener Tasche zu bezahlen. Im hier in Rede stehenden Fall ging es für Mensch und Tier obendrein an ein Ziel, das, damit die adäquate, aber unschöne Bezeichnung Menschenschlachtort vermieden sei, meist Kriegsschauplatz genannt wird. Auf dem Wege dahin hatte sich der hannoversche Offizier Gerhard Scharnhorst 1793 noch wenig von seinem Wohn- und bisherigen Dienstort entfernt, um in den später so genannten 1. Koalitionskrieg gegen das revolutionäre Frankreich zu ziehen, da überkam ihn schon die Sehnsucht nach Ehefrau und Kindern, die er ihnen in jedem Brief ausdrückte. Und einmal, was in Generals- und höheren Offizierskreisen nicht außergewöhnlich sein mochte, gelang es ihm tatsächlich, die Vielgeliebte zu sich kommen zu lassen. Das war finanziell kostspielig, erforderte organisatorischen Aufwand und war für die Besucherin nicht wenig anstrengend, womöglich abenteuerlich. Auch ein zweiter Besuch ward vorbedacht. Er schien viel leichter arrangierbar als der erste. Die Hannöverschen waren mit den Kaiserlichen, Hessischen, Braunschweigischen und Englischen inzwischen mächtig auf den Rückzug geraten. So hatte sich die Strecke für eine Anreise der Klara Scharnhorst beträchtlich verkürzt und war auch einer Schwangeren zumutbar geworden. Doch wieder war die Frage, wie solche Visite zu finanzieren sei, zumal Scharnhorst noch immer keine Kompanie erhalten hatte, die ihm auch pekuniären Vorteil eingetragen haben würde. So sann er nach Möglichkeiten einer Verbilligung des Vorhabens. Nicht ohne zu einem Ergebnis zu gelangen. »Für die Pferde«, schrieb Scharnhorst am 18. März 1795 aus Osnabrück, wohin der Stab, dem er zugehörte, retiriert war, an seine Frau, »könnt Ihr von Neustadt die Fourage ziehen ... Vielleicht könntet Ihr auf vier Pferde Fourage nehmen. Die Quittungen müßen ausgestellt werden auf 2 Pferde von der geschwinden Artillerie und auf 2 Pferde, die mir eigen gehörten. Die Fourage von den übrigen zwei könntet ihr dann profitiren, auch könntet ihr 3 oder 4 Portion Brod für mich ziehen, aber die Sache muß klug getrieben werden, es stehet Cassation darauf.« Kassation! Entlassung! Was ein der Liebe Bedürftiger, gar Hungriger aufs Spiel zu setzen bereit war. Die uns vom Geschehenen Mitteilung machen, die verdienstvollen Bearbeiter des ersten Bandes einer voluminösen Edition der Schriften des Militärs, nennen den Vorfall in einem Regest, das sie der Wiedergabe des Briefes voranstellten, sich eine in Kindermund häufiger anzutreffende Wendung leihend, »eine kleine Schummelei«. Klein oder groß, läßlich oder gewichtig – dem Manne, der 1914 schon einmal Scharnhorst-Briefe herauszugeben begann, erschien sie doch so genierlich, daß er die Briefstelle unterschlug. Dabei war die »Schummelei« über den Vorschlag nicht hinausgekommen, nicht einmal versucht worden. Denn: Aus der Reise wurde nichts und also nichts aus der Affäre. So können die Dienstfliegenden heute, den Finger gegen den später Berühmtheit erlangenden Mann hebend, nicht sagen: »Aber das war doch schon seit alten Zeiten so.« Freilich: Erfinder dürfen sie sich mit Recht auch nicht nennen. Gerhard von Scharnhorst: »Private und dienstliche Schriften«, Bd. 1: Schüler, Lehrer, Kriegsteilnehmer (Kurhannover bis 1795). Hg. Johannes Kunisch. Bearbeitet von Michael Sikora und Tilman Stieve, Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2002, 864 Seiten, 99 € (bis 31.8. Subskriptionspreis 79 €)
Erschienen in Ossietzky 17/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |