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Spareinlagen verlieren an Wert, Renten sind bedroht, Armut steigt rapide an. – Unter der Schlagzeile: »Hier sind die oberen Zehntausend unter sich« heißt es: DaimlerChrysler stellt Luxus-Auto Maybach vor. Der Einstandspreis beträgt 310 000 Euro. Was am Ende wirklich auf der Rechnung steht, sagt niemand. Für die Käufer gibt es 2,2 Millionen Ausstattungsvarianten. Zahlreiche Bestellungen liegen vor. Man rechnet mit dem Verkauf von 1000 Maybachs jährlich. – In mehreren Staaten des südlichen Afrikas naht eine Hungersnot. Allein in Simbabwe sind davon zwölf Millionen Menschen bedroht. Der UNO fehlt es an Geld, rechtzeitig ein Hilfsprogramm zu starten. – Der frühere Mannesmann-Chef Klaus Esser hat das Land Nordrhein-Westfalen auf mindestens 100 000 Euro Schmerzensgeld verklagt, da Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone eine »massive Rufschädigung« bedeuteten. Esser hat nach der Übernahme 40 Millionen DM kassiert. – Vodafone-Chef Sir Christopher Gent erhält, obwohl der Aktienkurs drastisch gesunken ist und Entlassungen anstehen, ein Grundgehalt von 1,2 Millionen Pfund (1,9 Millionen Euro) und Obligationen und Aktien im Wert von drei Millionen Pfund. – Der Siemens-Konzern trennt sich von 2200 Mitarbeitern in der Bundesrepublik Deutschland und weltweit von 30 000. – Anonymer Käufer ersteigert in USA eine Goldmünze für 7,6 Millionen Dollar. – Der Zeitung liegt das Faltblatt einer karitativen Organisation bei: »Schon mit 10 Euro pro Monat können Sie einem Kind das Leben retten.« Donnerstag, 2. August 2002: Dresdner Bank baut massiv ab. Angesichts der hohen Verluste streicht die Allianz-Tocher 3000 Stellen. Damit sind in zwei Jahren 10 800 Arbeitsplätze entfallen. – Die Deutsche Bank erhöht im ersten Halbjahr ihre Gewinne nach Steuern um 51 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Zur Effizienzsteigerung werden 14 500 Arbeitsplätze bis Ende 2003 wegrationalisiert. Zur Zeit hat die Bank weltweit noch 84 500 Beschäftigte. – Die Deutsche Bank sponsert mit 500 000 Euro die Bewerbung New Yorks um die Olympischen Spiele 2012. – Der deutsche Einzelhandel ist weiter im Minus, da wegen der hohen Arbeitslosigkeit weniger gekauft werden kann. – Die EU-Kommission setzt sich für weitere Privatisierungen zur Förderung des freien Handels ein. – Die Reisebeilage meiner Zeitung zitiert Bürgermeister Franco Bonanini, daß nur noch Planung und entsprechende staatliche Gesetze die zum Weltkulturerbe erhobenen »Cinque Terre« an der ligurischen Küste retten kann. Bonanini, Bürgermeister eines der fünf Dörfer, wörtlich: »Die Regeln des freien Marktes werden hier jedes normale Leben und soziale Gefüge zerstören. Das gilt auch für den Immobilienhandel.« Samstag 10. August: Die Hartz-Kommission einigt sich auf ein »Reformkonzept« zur Behebung der Arbeitslosigkeit. Es sieht u. a. vor, die Zumutbarkeitsregel für Erwerbslose zu verschärfen, die Bundesanstalt für Arbeit teilweise zu privatisieren und Arbeitslose zur Gründung von »Ich AGs« anzuregen, wodurch sie selbständig werden (jedenfalls aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden) sollen. Bundeskanzler Gerhard Schröder spricht von einem großen Wurf, Bundesarbeitsminister Walter Riester von einem »Signal zum Aufbruch«. – In einem Interview sagt Jürgen Borchert, Richter am Hessischen Landessozialgericht: »Mit vielen anderen Sachverständigen bin ich mir einig, daß die Riester-Rente insgesamt ein schwerer Fehler ist. Das Kapitaldeckungsverfahren ist in Deutschland im letzten Jahrhundert zweimal schief gegangen, und die Katastrophen konnten nur durch das Umlageverfahren einigermaßen glimpflich aufgefangen werden.« – Die Lebensversicherungsgesellschaften werden jetzt nach der massiven Talfahrt an den Aktienbörsen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht stärker überprüft. Viele Gesellschaften hatten bereits im letzten Jahr ihre Zinszusagen massiv gesenkt. Die Flaute auf den Aktienmärkten hat die Renditen gefährlich abschmelzen lassen. 48 von 65 Lebensversicherungsanstalten hatten ihren Kunden eine höhere Gewinnbeteiligung versprochen, als sie 2001 selbst an Rendite erwirtschafteten. Merke: »Die Bourgeoisie, wo sie zur Herrschaft gekommen, hat ... kein anderes Band zwischen Mensch und Mensch übriggelassen als das nackte Interesse, als die gefühllose >bare Zahlung<.« (Karl Marx vor 155 Jahren)
Erschienen in Ossietzky 17/2002 |
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