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Die Gehälter der anderen Beschäftigten beließ man so uneinheitlich, wie sie waren. Über ihre spätere Angleichung und die letztlich entstehenden Kosten hatte man sich in den Gründungsverhandlungen ebenso wenig Gedanken gemacht wie über viele andere Folgen der Fusion. Bald danach, Anfang dieses Jahres, nahm der Bundesvorstand zur Kenntnis, »daß im Zuge des ver.di-Prozesses Strukturen aufgebaut wurden, die in ihrer Gesamtheit schon mittelfristig nicht zu finanzieren sind«. Folglich beschloß der Bundesvorstand im April, an einer Stelle zu kürzen, an der auch der Staat gern kürzt: an der Bildung. Die Bildungsstätten Bordenau, Kochelsee, Niedersfeld, Springen, Walsrode und Wasserfall mit rund 120 Beschäftigten sollen zum Jahresende geschlossen werden. Der Betriebsrat wurde nicht beteiligt, der Wirtschaftsausschuß – wie auch in anderen Fällen – übergangen. Die Entscheidung galt aber sogleich als unumstößlich, hatte man doch von einer Dienstleistungsfirma einen »Strukturhaushalt« anfertigen lassen (wobei die Rentabilität der Heime nach den Kriterien von Zwei- bis Drei-Sterne-Hotels geprüft worden waren). Immerhin, diese Firma, deren man sich bedient hatte, verdiente daran. Sehr viel Geld verschlang, wie vorauszusehen, der Umzug nach Berlin, wo keine der fünf Gewerkschaften ihren Sitz gehabt hatte. Man meinte nämlich ernsthaft, es werde sich zum Vorteil der Lohnabhängigen auswirken, wenn der Gewerkschaftsvorstand dem Bundestag und der Bundesregierung nahe sei. Manche Beschäftigten zogen aber nicht mit um, sondern blieben an ihren alten Orten, vor allem in Stuttgart (ÖTV und IG Medien) und Frankfurt am Main (Postgewerkschaft). Wie reagierte der Bundesvorstand? Er beauftragte eine Dienstleistungsfirma (mit dem schönen Namen mypegasus) mit der »Klärung der Situation«. Immerhin, die Firma hatte etwas davon. Ungeklärt aber war weiterhin, wie die Gehälter einander angeglichen werden sollen. Was tat der Bundesvorstand? Er beauftragte eine Dienstleistungsfirma (diesmal Dilcher & Althoff), eine Vergütungsordnung für ver.di zu entwerfen. Die Firma soll erhält dafür zwischen 200 000 und 300 000 Euro. Der ver.di-Gesamtbetriebsrat hält das nicht nur für eine sinnlose Vergeudung von Mitgliedsbeiträgen (in den eigenen Reihen gibt es genug Fachleute), sondern auch für einen schweren Verstoß gegen frühere Absprachen, nach denen die allgemeinen Anstellungsbedingungen in einem paritätisch besetzten Gremium ausgehandelt werden sollten. Die Verstöße gegen Informations- und Beratungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz nahmen ein solches Ausmaß an, daß sich der Gesamtbetriebsrat schon im Mai gezwungen sah, den stellvertretenden Vorsitzenden und Finanzchef der Gewerkschaft, Gerd Herzberg, förmlich abzumahnen und ihm weitere rechtliche Schritte anzudrohen. »Eine derartige Mißachtung von gesetzlichen Interessenvertretungen dürfte auch außerhalb von Gewerkschaften nicht allzu häufig vorkommen«, klagte der Gesamtbetriebsrat in einem Rundbrief an die Beschäftigten. Inzwischen sah sich Gesamtbetriebsratsvorsitzender Grischa Hochsieder in Verhandlungen mit dem ver.di-Bundesvorstand dermaßen verschaukelt und diskreditiert, daß er entnervt zurücktrat. Den Bundesvorstand ficht das wenig an. Er hat Wichtigeres zu bedenken. Im Vordergrund seines Interesses steht seit Monaten der Bundestagswahlkampf. Das gilt nicht für alle Vorstandsmitglieder in gleichem Maße, um so mehr aber für den Vorsitzenden Frank Bsirske (früher als Grüner Personalchef der Stadtverwaltung Hannover). Er meint nämlich, gewerkschaftliche Wahlkampfaktivitäten »binden die den Gewerkschaften näher stehenden Parteien stärker an die gewerkschaftlichen Positionen, so daß es nach der Bundestagswahl schwieriger ist, davon abzurücken«. Welch schöne Hoffnung – losgelöst von jeder Erfahrung. Immerhin, bei der einen und anderen Dienstleistungsfirma werden Wahlkampfgelder der Dienstleistungsgewerkschaft hängenbleiben. Diejenigen aber, die auf die Kraft der Solidarität angewiesen sind, sollten erwägen, eine Gewerkschaft ohne Hauptamtliche zu gründen. Die wäre viel billiger zu haben, müßte sich viel weniger mit innerorganisatorischen Angelegenheiten beschäftigen (und mit den Problemen oder Pseudoproblemen der politischen Klasse, der sich vor allem die führenden Funktionäre so gern zugehörig fühlen) und könnte unmittelbar für die eigenen Interessen der Mitglieder eintreten. Unvorstellbar – für die Hauptamtlichen.
Erschienen in Ossietzky 16/2002 |
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