Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Erklärung zur Sachevon Otto Köhler Ich bin Mitherausgeber der Zeitschrift Ossietzky, die im wieder erwachsenen Deutschland die Arbeit der von Carl von Ossietzky herausgegebenen Weltbühne fortsetzt. Die Berliner Polizei hat nach einer Mitteilung der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner angekündigt, sie wolle bei Demonstrationen wie jüngst gegen das Bundeswehr-Gelöbnis am 20. Juli Transparente mit einem Zitat unseres Autors Kurt Tucholsky entfernen, wenn zufällig an der Straße stehende Soldaten der Bundeswehr davon Notiz nehmen könnten. Das Zitat lautet: »Soldaten sind Mörder«.Kurt Tucholsky wurde wegen dieser einfachen und leicht verständlichen Aussage schon in der Weimarer Republik angeklagt und vor gerade 70 Jahren vom Reichsgericht freigesprochen. Allerdings sind die neuerlichen Probleme der Berliner Polizei mit diesem Satz begreiflich vor dem Hintergrund, daß Deutschland inzwischen zwei unerklärte und völkerrechtswidrige Kriege gegen Jugoslawien geführt hat: 1941 und 1999. Die Berliner Polizei geht mutmaßlich von der Voraussetzung aus, daß Soldaten der Bundeswehr das Wort »Soldaten sind Mörder« nicht zu Gesicht bekommen dürfen, weil insbesondere frisch angelobte Rekruten, wenn sie abends in Ruhe darüber nachdenken, sich seelische Hemmungen zuziehen könnten, die bei befehlsgemäß korrekter Ausübung ihres Berufes hinderlich wären. Auf eine solche Gefahr hat, das muß ich der Berliner Polizei zugutehalten, der Bundeswehrmajor Hans-Dietrich Walther frühzeitig hingewiesen. Als er 1962 vor Gericht stand, erklärte er, bevor das Verfahren eingestellt wurde: »Mir war damals schon klar, daß es sich bei den Delinquenten um Juden und Zigeuner gehandelt hat, die aber erschossen werden mußten, um der Partisanentätigkeit entgegenzuwirken. Die Maßnahme sollte einerseits abschreckend wirken und andererseits eine Sühne für schon geschehene Verbrechen durch Partisanen sein... Über all die Geschehnisse möchte ich abschließend folgendes erklären: Ich bin mir damals nicht bewußt gewesen, daß ich in der Ausführung dieses Befehles etwas Unmenschliches oder Unrechtes tun würde. Ich wurde erzogen, Befehle auszuführen, und (hatte) nach der damaligen Auffassung nicht das Recht, diese Befehle zu verweigern.« Die Maßnahme, von der hier die Rede ist, wurde von Bundeswehrmajor Walther bereits am 1. November 1941, als er noch als Oberleutnant Chef der 9. Kompanie des Infanterie-Regiments 433 war, in einem Bericht an die 704. Infanteriedivision folgendermaßen geschildert: »Nach Vereinbarung mit der Dienststelle der SS holte ich die ausgesuchten Juden bzw. Zigeuner vom Gefangenenlager Belgrad ab. Die Lkw der Feldkommandantur 599, die mir hierzu zur Verfügung standen, erwiesen sich als unzweckmäßig aus zwei Gründen: 1. werden sie von Zivilisten gefahren. Die Geheimhaltung ist dadurch nicht sichergestellt. 2. waren sie alle ohne Verdeck und Plane, so daß die Bevölkerung der Stadt sah, wen wir auf den Fahrzeugen hatten und wohin wir dann fuhren. Vor dem Lager waren Frauen der Juden versammelt, die heulten und schrien, als wir abfuhren. Der Platz, an dem die Erschießung vollzogen wurde, ist sehr günstig. Ein Entkommen der Gefangenen ist ... mit wenig Mannschaften zu verhindern. Ebenfalls günstig ist der Sandboden dort, der das Graben der Gruben erleichtert und somit die Arbeitszeit verkürzt... Das Ausheben der Gruben nimmt den größten Teil der Zeit in Anspruch, während das Erschießen selbst sehr schnell geht (100 Mann in 40 Minuten). Gepäckstücke und Wertsachen wurden eingesammelt und in meinem LKW mitgenommen, um sie dann der NSV [Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt] zu übergeben. Das Erschießen der Juden ist einfacher als das der Zigeuner. Man muß zugeben, daß die Juden sehr gefaßt in den Tod gehen – sie stehen sehr ruhig -, während die Zigeuner heulen, schreien und sich dauernd bewegen, wenn sie schon auf dem Erschießungsplatz stehen. Einige sprangen sogar vor der Salve in die Grube und versuchten, sich tot zu stellen. Anfangs waren meine Soldaten nicht beeindruckt. Am 2. Tag machte sich schon bemerkbar, daß der eine oder andere nicht die Nerven besitzt, auf längere Zeit eine Erschießung durchzuführen. Mein persönlicher Eindruck ist, daß man während der Erschießung keine seelischen Hemmungen bekommt. Diese stellen sich jedoch ein, wenn man nach Tagen abends in Ruhe darüber nachdenkt.« Soweit der Bericht des späteren Bundeswehrmajors Hans-Dietrich Walther. Ich schlage deshalb mit Rücksicht auf die verständlichen Bedenken der Berliner Polizei vor, künftig bei Demonstrationen Tucholskys Satz »Soldaten sind Mörder« um eine Aussage zu ergänzen, die geeignet ist, bei Bundeswehrangehörigen etwaigen seelischen Hemmungen am Abend entgegenzutreten, nämlich: »100 Mann in 40 Minuten – unser Vorbild Hans-Dietrich Walther, Offizier der Wehrmacht und der Bundeswehr«.
Erschienen in Ossietzky 15/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |