Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Wer hat ein politisches Mandat?von Arnold Venn Demokratie bedeutet nicht, daß sich alle Menschen, die in diesem Lande wohnen, politisch betätigen dürfen – einfach so, wie sie es für richtig halten. Einige Millionen hier lebende Ausländer, vor allem wenn sie als politisch Verfolgte Asyl begehren, sollen sich hüten, politisch aufzufallen. Aber das gilt auch für viele, die in Deutschland als Deutsche geboren sind. Beamte zum Beispiel sind gesetzlich verpflichtet, sich politisch zurückzuhalten. Natürlich werden sie nicht gehindert, ihrem Dienstherrn zu huldigen, aber wenn sie etwa andere politische Meinungen vertreten möchten, müssen sie sich der existentiellen Risiken bewußt sein. In Kasernen ist die politische Freiheit ausgesperrt, ähnlich auch in Wirtschaftsbetrieben, und zwar um des »Betriebsfriedens« willen, auf den speziell die gewählten Betriebsräte gesetzlich verpflichtet sind. Gewerkschaften, die in früheren Zeiten der Bundesrepublik Deutschland noch wagten, gegen äußere und innere Militarisierung zu opponieren, wurden deswegen heftig gescholten; führende Politiker bestritten ihnen dazu die Berechtigung und drohten mit einem »Verbändegesetz« – allem Anschein nach mit Erfolg. Unternehmerverbände dagegen mischen sich tagtäglich in die Politik ein, und niemand scheint es ihnen zu verübeln. Vielmehr scheint allgemein klar zu sein: Die Herrschenden dürfen Politik machen, es ist ihr Privileg. In unserer freiheitlichen Demokratie ist Politik Chefsache. Wenn Pfarrer das Kirchenvolk zur Ehrfurcht vor der weltlichen Obrigkeit anhalten, dürfen sie sich auch des Wohlwollens ihrer kirchlichen Obrigkeit gewiß sein. Geistliche dagegen, die etwa die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse in Frage stellen, können leicht dienstliche Schwierigkeiten bekommen. Denn, so heißt es dann: Der Pfarrer muß »für die ganze Gemeinde« da sein; er darf nicht spalten, sondern muß versöhnen – mit den Mächtigen. Ähnlich ergeht es Journalisten, die von Verlegern und Chefredakteuren ermahnt werden, »über den Dingen« zu stehen, sich also nicht etwa außerdienstlich links zu engagieren, weil sie dann doch den Anschein der Objektivität aufgäben. Die gewählte Vertretung der Studentinnen und Studenten der Berliner Humboldt-Universität äußerte sich im Frühjahr 1999 kritisch zum Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Eine kleine Gruppe rechtsgerichteter Studenten, bei Wahlen zum Studentenparlament regelmäßig unterlegen, beantragte und erwirkte eine einstweilige Verfügung: Allgemeinpolitische Äußerungen seien zu unterlassen. Weil aber die Studentenvertretung dann doch auch weiterhin politische Erklärungen abgab, wurde sie gerichtlich zu »Ordnungsgeldern« verurteilt, und zwar jedesmal zu höheren Beträgen: 5000, 7500, 10 000 und zuletzt 30 000 Mark. Einer der Antragsteller erläuterte, die Studentenvertretung solle »nicht Service-Station für linksradikale Politik« sein – womit er im konkreten Fall meinte, daß in einer Veröffentlichung der Studentenschaft eine bezahlte Anzeige, die eine Demonstration gegen die drohende Hinrichtung des US-amerikanischen Bürgerrechtlers Mumia Abu Jamal ankündigte, nicht hätte abgedruckt werden dürfen. »Im Hinblick auf die Geschichte der Humboldt-Universität, ihre Obrigkeitshörigkeit, ständischen Dünkel, politischen Wahn, menschenverachtende Lehre und Forschung« findet Studierendensprecher Oliver Stoll die Klage und die vier Ordnungsgeldanträge der Burschenschaftler und Soldaten »besonders restaurativ«. Wenn die Allgemeinen Studierenden-Ausschüsse die militärischen Leistungen der Bundeswehr in Somalia, Kosovo, Afghanistan, Kuweit und Kenia bejubeln würden, wer würde ihnen dann das politische Mandat absprechen. Die am 4. Juli vom Bundestag beschlossene Novelle des Hochschulrahmengesetzes, die viel Unerfreuliches enthält, erweitert immerhin die Aufgaben der verfaßten Studentenschaft: Zu deren Aufgaben soll es nun gehören, die politische Bildung an der Hochschule fördern, und sie soll sich auch zu Problemen äußern dürfen, die sich aus den gesellschaftlichen Aufgaben und den Folgen von Forschung und Lehre ergeben. Was das konkret bedeutet, ist Auslegungssache? Im Rechtsstreit an der Humboldt-Universität kommt es am 15. Juli um neun Uhr zur Verhandlung beim Verwaltungsgericht Moabit. Wird sich Richter Wichmann von der Änderung des Hochschulrahmengesetzes beeindrucken lassen? Wie immer er entscheiden wird, es wird eine politische Entscheidung sein. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 14/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |