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Er ist von dieser Idee so begeistert, daß er dem Rat sogar vorschlug, die Wahl vorzuziehen. Vergeblich. Doch jetzt hat der immer sonnengebräunte Mediziner, dessen Erscheinung den Filmkundigen sofort an Omar Sharif in seiner Rolle des Dr. Schiwago erinnert, den Staatsanwalt und die Polizei am Hals. Seine Privaträume und Büros wurden durchsucht. Übler Geruch verbreitet sich. Alles begann damit, daß. Machens einen Verein mit dem aussagekräftigen Namen »Pecunia non olet« gründete, denn er hatte aus dem Lateinunterricht nicht vergessen, wie es 70 n. Chr. Vespasian gelang, vom römischen Senat zum Kaiser ernannt zu werden; er selber will nur Chef im Hildesheimer Rathaus werden. Vespasian nutzte einst die Erfindungsgabe der römischen Wäscher, die herausgefunden hatten, daß gefaulter Urin die Waschkraft erhöht. Er belegte ihren urinierten Erfolg mit Steuern und befand: »Pecunia non olet« (Geld stinkt nicht). Die Steuereinnahmen verwandelte er dann in das Colosseum. Sein Fan in Hildesheim wollte schlicht Gelder von Sponsoren anlocken, die bereit waren, die Hildesheimer Stadtwerke zu kaufen, deren Aufsichtsratsvorsitzender er – bis vor einigen Tagen – war. Von der Residenz der Stadtwerke am Römerring fiel sein Blick auf das mittelalterliche Rathaus mit seinen gotischen Bögen und dem barocken Oberstadtdirektor, der durch die Rathaushalle rauschte, um gotteslästerliche Bilder aus einer öffentlichen Kunstausstellung in der Rathaushalle zu entfernen. Während Machens, ganz im Sinne seines Unionsfreundes Lothar Späth, allein an die Dynamik der Marktwirtschaft glaubt, ist sein Rivale Deufel eher jenes politische Auslaufmodell, das noch an Ideale und christliche Werte glaubt, die es gegen Einzelinteressen zu verteidigen gelte. Da bleibt die Freiheit der Kunst schon mal auf der Strecke, wogegen Machens' Marketinggeist scharf protestierte. »Pecunia non olet« kassierte über 500 000 Euro Sponsorengelder vom Eon-Konzern, das 25,2 Prozent der Anteile an den Stadtwerken als erste Tranche gekauft hatte. Mit diesen Geldern tingelte Machens medienwirksam durch die Stadt. Er verschenkte Computer an ein Gymnasium, spendierte Geld für die Gartenumgestaltung des Frauenhauses, verteilte Stipendiengelder an Studenten aus Rostow und griff noch einmal kräftig in den Beutesack des Pecunia e.V., als einer seiner Pecuniafreunde ihn um 20 000 Euro für seinen Fußballclub bat. Natürlich bekam auch jener Verein seine 25 000 Euro, der sich der ägyptischen Kultur verschrieben hat und in dem Machens stellvertretender Vorsitzender ist – nein war, er hat ja mittlerweile beleidigt und mit schmollendem Hinweis auf den Neid seines Rivalen alle Ehrenämter, außer dem des OB, niedergelegt. Während dem Oberstadtdirektor und seinem Kämmerer das Geld ausging, konnte Machens Pecuniaverein Geld verteilen, weil ihm Eon aus der Portokasse das zahlte, was sie Millionen von Strom-Kunden in Europa zuvor abgenommen hatte. Dieser Konzern agiert nämlich international und auch nicht nur als Elektrizitätslieferer, sondern auch als Großindustrieller (u.a. Klöckner, VAW), dem per Ministererlaubnis nun auch noch der Ruhrgas-Konzern zufällt. Die von Machens mit Spendengeldern versorgten Vereine, Schulen und Freundeskreise, sind natürlich dankbar. Um ihren Helfer zu retten, schrieben sie viele Leserbriefe. Er soll bloß nicht als ehrenamtlicher Oberbürgermeister zurücktreten, sondern hauptamtlich die Aufgaben des Oberstadtdirektors mitübernehmen. Doch ob er noch zu retten ist, wird der Staatsanwalt entscheiden. Der ließ verlauten: »Es besteht ein Anfangsverdacht, daß von den beteiligten Firmen mit den Geldleistungen Einfluß auf den Verkauf von Stadtwerke-Anteilen genommen werden sollte.« Und so scheint nun der biedere Bürokrat Deufel, der in der Stadt mehr sieht als einen Selbstbedienungsladen für große Konzerne, wieder bessere Chancen zu haben als der Augenblicksmensch Machens, die Hoffnung all derer, die immerzu fordern »verkrustete Strukturen« aufzubrechen, um Eigeninteressen gegen Allgemeininteressen zu kehren. Machens ist ein Opfer dieses Geistes geworden. Er ist nicht sein Erfinder.
Erschienen in Ossietzky 14/2002 |
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