Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. U-Boote für Taiwanvon Volker Bräutigam Wie ist es möglich, daß deutsche Kriegsschiffe in Spannungsgebiete verkauft werden, obwohl das Gesetz solche Rüstungsexporte verbietet? Wie konnte US-Präsident Bush die Lieferung von U-Booten mit Dieselantrieb an Taiwan versprechen, obwohl die USA dafür weder die technologischen noch die Herstellungskapazitäten haben? Beide Fragen lassen sich seit einigen Tagen präzise beantworten. Ganz einfach: Das US-Kapital kauft die Waffenschmiede Howaldwerke Deutsche Werft AG (HDW). Danach kümmert es sich einen feuchten Kehricht um deutsche Gesetze – wer zahlt, schafft an. Folglich wird die HDW, weltgrößter Hersteller moderner konventioneller U-Boote, schon bald in Deutschland gebaute U-Boote liefern, die dann unter Taiwans Flagge fahren. Auch wenn Bundeskanzler Schröder sowie die Ministerien für Verteidigung und für Wirtschaft in Berlin weiter heftig dementieren. Schröder hat seinen politischen Kredit bezüglich Erklärungen über U-Boote für Taiwan ohnehin längst verspielt. Anfang des Jahres habe ich berichtet (»Waffenschiebung nach Fernost«, Ossietzky 2/02), daß Bush im April 2001 die seit Jahrzehnten umfangreichste Waffenlieferung nach Taiwan besiegelt und damit die Spannungen zwischen den beiden chinesischen Staaten sowie im gesamten Südwestpazifik erheblich gesteigert hatte. Zu dem »Paket« gehörten auch acht U-Boote mit Dieselantrieb, die nur aus Deutschland kommen können. Bush dürfte damals bereits gewußt haben, daß es der US-amerikanischen Bank One Corp. gelingen würde, die Aktienmehrheit an den Kieler Howaldwerken zu erwerben. Der Wechsel der deutschen Kriegsschiffswerft in US-amerikanische Hände war im Stillen vorbereitet worden, wie bei Waffengeschäften üblich. Bush aber störte mit seiner Neigung zu großen Tönen. Seit er der Regierung in Taipei die Lieferung konventionell angetriebener U-Boote versprochen hatte, fanden die Vorgänge um die HDW in Kiel größere Aufmerksamkeit. Bis zum Verkauf an die Bank One Corp. hatte der Babcock-Konzern (Anlagenbauer für Energiefirmen, Müllverbrennung und eben auch Werfteigentümer) die Aktienmehrheit an der einträglichen HDW besessen. Babcock ist jedoch in finanzielle Turbulenzen geraten und mußte sich von Werftanteilen trennen. Der Verkauf einer ersten Tranche von knapp 25 Prozent der HDW-Aktien spülte 350 Millionen Euro in die Babcock-Kasse. Käufer war, nachdem er der Preussag (Hannover) bereits 50 Prozent HDW-Anteile abgekauft hatte, der US-Finanz-dienstleister One Equity Partner (OEP), ein Tochterunternehmen der Bank One Corp., die nun in den USA das weitere Geschäft mit dem Verkauf von HDW-Anteilen machen wird. Zwei große Interessenten stehen bereit: die US-Waffenfabriken Northrop Grumman und General Dynamics. Anfang Juni ließ Babcock-Chef Klaus Lederer keinen Zweifel daran, daß er sich auch von den noch bei ihm verbliebenen 25 Prozent HDW-Anteilen plus eine Aktie (einer Sperrminorität, die ihm weiter Mitspracherechte gesichert hätte) trennen und sie an die Amerikaner verkaufen will. Verhandlungen mit der US-Rüstungsindustrie seien schon seit langem gelaufen, berichtete das Handelsblatt – Verhandlungen, über die nicht nur US-Präsident Bush informiert war. Auch Bundeskanzler Schröder war im Bilde. Babcock-Chef Lederer jedenfalls erklärte unwidersprochen, er habe sich »Rückendeckung aus dem Kanzleramt« geholt. Die US-Rüstungsindustrie interessiert sich für die HDW natürlich nicht nur, weil sie mit Bushs Hilfe acht U-Boote nach Taiwan verkaufen kann und damit bereits einen Milliardenauftrag gesichert weiß (laut Miteilung aus dem Regierungsinformationsamt in Taipei verlangt Washington für die acht Kriegsschiffe insgesamt sechs Milliarden US-Dollar). Auf Grund einer weltweit einzigartigen Technik, nämlich eines neuartigen Brennstoffzellenantriebs für U-Boote, zieht HDW seit längerem auch das Interesse von US-Rüstungsplanern auf sich (»U 31« heißt der neue Schiffstyp). Außerdem ist es den Kielern gelungen, von ihrer schwedischen Tochtergesellschaft Kockums eine für Radar fast unsichtbare Korvette bauen zu lassen, ein 80 km/h schnelles Tarnkappenschiff, das bei den Admiralitäten rund um den Erdball Begehrlichkeit weckt. An beiden Schiffstypen ist vorrangig auch die US-Navy interessiert. Es geht also um weit mehr als nur um acht Diesel-U-Boote vom Typ U 209 für Taiwan. Aber eben doch auch um dieses milliardenschwere Geschäft. Was in Deutschland nach wie vor als »unmöglich« bestritten wird, berichtete die China Times inzwischen als Tatsache: Die US-Regierung habe die Firma Northrop Grumman beauftragt, konkrete Verträge mit Taiwan abzuschließen. Über den US-Umweg werden HDW-U-Boote also an Taiwan geliefert, obwohl die deutschen Regelungen für Rüstungsexporte das eigentlich ausschließen. Zu einem Vertragsabschluß ist es nur deshalb bisher noch nicht gekommen, weil die Amerikaner knapp eine Milliarde US-Dollar als anzahlung für »konzeptionelle und Planungsarbeit« verlangen. Das ist den Waffenkäufern in Taipei zuviel. Schließlich wisse man ja noch nicht einmal, ob man dafür wirklich die U-Boote bekomme oder eventuell nur Blaupausen. Nachdrücklich verwies die Marineführung in Taipei Ende Juni noch einmal auf die Haltung der deutschen Regierung, die mit Rücksicht auf Peking keine Waffen nach Taiwan verkaufen wolle. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte noch Anfang Juni behauptet, HDW-U-Boote würden trotz der neuen Eigentümerstruktur der Werft nicht in mögliche Krisengebiete exportiert werden können. Offenbar hatte er diese Sprechblase für angebracht gehalten, nachdem bekannt geworden war, daß die Bank One Corp. mit den Rüstungsbetrieben Northrop Grumman und General Dynamics über eine Partnerschaft bei HDW verhandelte. Angesichts des offenkundigen Interesses der USA an Rüstungsverkäufen in den Südwestpazifik konnte man sich den Rest zusammenreimen – auch wenn die Bundesregierung ständig weiter Nebelschwaden vor sich her blies und verkündete, daß ihre Ein-China-Politik den Export von Rüstungsgütern nach Taiwan verbiete. Nebelschwaden, wohin man auch blickte. Das Berliner Verteidigungsministerium ließ verkünden, deutsche verteidigungspolitische Interessen seien vertraglich geschützt, mit dem HDW-Verkauf an US-Firmen sei »kein negativer Technologietransfer« verbunden. Genau diese Befürchtung hatte Staatssekretärin Brigitte Schulte in einem internen Bericht gerade zuvor noch geäußert. Ihre Warnung vor denkbaren Machenschaften der US-Rüstungsfirma Northrop Grumman wurde offiziell als unbeachtlich heruntergespielt. Das Bundeswirtschaftsministerium schließlich verwies darauf, daß für die in Deutschland produzierenden Firmen unabhängig von den Eigentumsverhältnissen die deutschen Ausfuhr- und Rüstungsrichtlinien gälten. Das betreffe auch den Export von Wissen. Den Aktionären von Northrop Grumman, die neben anderen Eigentümern in USA jetzt bei HDW das Sagen haben, wird das den Schlaf nicht rauben. Man weiß in Washington, wie Dementis des deutschen Kanzlers und seiner Regierung zu gewichten sind. In Deutschland aber müßte eigentlich die Erinnerung noch wach sein an den Skandal, der sich vor mehr als einem Jahrzehnt aus den heimlichen Versuchen eines niedersächsischen Ministerpräsidenten namens Gerhard Schröder entwickelte, U-Boote nach Taiwan zu verkaufen. Falls überhaupt Schröder das deutsche Verbot von Rüstungsexporten in Spannungsgebiete im Hinblick auf U-Boote für Taiwan heute ernster nimmt als ehedem, so wohl nur deshalb, weil er Spannungen und Rückschläge in den Beziehungen zu Peking befürchten muß – vor allem wirtschaftliche Rückschläge. Washington übt aber offenbar nicht einmal mehr einfache politische Rücksichten gegenüber Berlin. Die Taipei Times berichtete Ende Juni, die US-Administration habe den zweifelnden Partnern beim Waffengeschäft in Taipei versichert, die U-Boote würden unter allen Umständen geliefert (was wohl heißen soll: gleichgültig, was dazu aus Deutschland erklärt wird). Schließlich habe Präsident Bush die U-Boote schon im april vorigen Jahres versprochen. Darauf sei die Regierung festgelegt. Es bedürfe nur noch etwas mehr an Zeit, bis die Lieferung zustande komme. Bis zum Ende der Clinton-Ära hatten US-Regierungen keine U-Boote an Taiwan geliefert, die nämlich als Angriffswaffen gelten. Das Pentagon argumentiert nun, U-Boote seien die beste Verteidigung Taiwans gegen einen möglichen Angriff der Volksrepublik China. Es hat damit zumindest einen Aspekt der Verteidigungsdoktrin Taiwans bestätigt: Schutz vor Angriffen vom chinesischen Festland dank Überlegenheit und größerer Offensivkraft der eigenen Streitkräfte. Washington will jedoch immer noch mehr: Taiwan soll sich finanziell am Bau der weltraumgestützten US-Raketenabwehr NMD (National Missile Defense) beteiligen und für sich selbst einen entsprechenden Raketengürtel TMDS (Theatre Missile Defense System) kaufen. Taiwan müsse – nach der Lieferung deutscher U-Boote – seine Militärdoktrin den »modernen Verhältnissen« anpassen und auch seine Abwehrwaffen modernisieren. Das, so berichtet die taiwanesische Central News Agency, habe der US-Unterstaatsekretär für Angelegenheiten des Südwestpazifik, James A. Kelly, im März auf einer Geheimkonferenz in Florida verlangt. Die Rolle der USA sei es, im gesamten Südwestpazifik Sicherheit und Stabilität zu garantieren. So verstehen eben die Bush-Truppen Sicherheits- und Stabilitätspolitik. Und Schröder, Scharping, Müller und Fischer machen gute Miene zum bösen Spiel. Vermutlich wg. uneingeschränkter Solidarität mit den USA.
Erschienen in Ossietzky 14/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |