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Der Kanzler, der mit dem Hauptversprechen angetreten war, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, hat also versagt. Der Interviewer fragt, ob die Arbeitsmarktstatistik nicht ein schlechtes Urteil über Schröders vierjährige Amtsperiode sei – als wäre der allzuständige Kanzler auch dafür zuständig, das verbindliche Urteil über den Kanzler zu sprechen. Nein, sagt der Kanzler, spricht sich also frei. Andeutungsweise beschuldigt er die Weltwirtschaft – aber die Andeutung ist kaum hörbar; kein Hörer könnte auf die Idee kommen, Schröder wolle damit etwa sagen, daß die deutsche Regierung das deutsche Volk vor den Brutalitäten des freien Weltmarkts, sprich der Konzerne, schützen müßte, was diesem Kanzler ja auch ganz fern liegt. Aber ob die hohe Arbeitslosigkeit nicht vielleicht doch zum Teil »hausgemacht« sei, fragt der Interviewer. Schröder antwortet wieder mit einem entschiedenen Nein. Aber weil er wohl weiß, daß wir doch gern irgendeine Ursache erfahren würden, erwähnt er einen »Einbruch« im vergangenen Jahr und fügt noch das Wort »Fehlentwicklungen« hinzu. Jetzt wissen wir's: Ein Einbrecher ist schuld. Vielleicht der legendäre bin Laden? So dreist müssen Politiker reden. So dreist dürfen sie reden, weil die Medien es ihnen erlauben – die ausschließlich darauf achten, ob ein Politiker sich eine Blöße gibt. Denn Politiker dürfen sich keine Blößen geben. Anschließend in den Nachrichten wird die Entschlossenheit des US-Präsidenten mitgeteilt, im Irak – von ihm aus gesehen auf der anderen Seite des Globus – einen Regimewechsel herbeizuführen. Das hört sich schon fast alltäglich an. Bushs Vorgänger haben in vielen Ländern Regimewechsel herbeigeführt: in Chile, in Nicaragua, in Jugoslawien beispielsweise. Er selber hat es neulich in Afghanistan getan und in Venezuela versucht (und die Absicht gewiß noch nicht aufgegeben); auch den unter internationaler Aufsicht demokratisch gewählten Palästinenserpräsidenten Arafat will er nun aus dem Amt drängen. Von den völkerrechtlichen Prinzipien der Selbstbestimmung, der Souveränität, der Nichteinmischung in die Angelegenheiten anderer Völker und Staaten hat er womöglich noch nie gehört. Der Nachrichtensprecher teilt mit, als Begründung für den angestrebten Regimewechsel im Irak habe Bush gesagt: Dort würden Massenvernichtungsmittel entwickelt. Indem ich das höre, beschleicht mich die verwegene Frage, ob nicht auch in den USA Massenvernichtungsmittel entwickelt werden. Sind sie nicht sogar fabrikmäßig produziert und bei diversen Angelegenheiten angewendet worden? Mir fallen nicht nur die Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki ein, auch Munition mit abgereichertem Uran, Streubomben und andere völkerrechtlich geächtete Waffen gegen Jugoslawien und Afghanistan. Ich denke an die jetzt entwickelten »Mini-Nukes«, mit denen Bush die Schwelle für den Einsatz atomarer Waffen senken will. Und auch an Anthrax, von dem es hieß, der böse bin Laden terrorisiere die USA damit, bis sich herausstellte, daß die guten USA es fabrizieren. Da drängt sich fast ein noch verwegenerer Gedanke auf: ob nicht vor allem ein Regimewechsel in den USA zu wünschen ist. Nein, nicht daß wir ihn von außen mit militärischen oder verdeckten terroristischen Methoden herbeiführen sollten, wie es US-amerikanische Präsidenten so oft getan haben. Aber könnten sich nicht neben dem tapferen Kuba auch andere Länder der US-Hegemonie verweigern – gerade ein so starkes Land wie Deutschland? Aber nein, Schröder hat ja nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 (über die man als kritischer Beobachter nur eines sicher weiß: daß das alles nicht so gewesen sein kann, wie es die US-Propaganda darstellt) Bush »uneingeschränkte Solidarität« zu gesichert. Und auch an diesem Morgen im DeutschlandRadio, befragt nach der Weigerung der USA, sich dem Internationalen Strafgerichtshof zu unterwerfen, beteuert Schröder mehrmals, es handele sich nur um eine Meinungsverschiedenheit unter Freunden. Immer wieder nennt er Bush unseren Freund. Aber wie kann ein ausländischer Regierungschef, der sogar schon hat beschließen lassen, daß sein Militär in Den Haag eingreift, falls dort US-Amerikaner angeklagt und inhaftiert würden, unser Freund sein? Er entscheidet, gegen welche Staaten Krieg geführt wird, wann und mit welchen Waffen, er ermächtigt den Geheimdienst zu Terror-Aktionen, er ignoriert das Völkerrecht und ersetzt es durch das Recht des Stärkeren – denn er weiß: Niemand auf der ganzen Erde ist stärker als er, »W«, wie ihn seine Freunde nennen, also »Dabbelju«, was in Texas »Dabja« ausgesprochen wird. Was befähigt ihn eigentlich zur Ausübung so großer Macht? Die Antwort ist einfach, und sie stand lange vor dem Tage der Präsidentschaftswahl im November 2000 fest, sogar schon vor Beginn des öffentlichen Wahlkampfs – als nämlich bekannt wurde, daß das Großkapital des Landes die unerhörte Summe von fast 60 Millionen Dollar für Bushs Wahlkampf gespendet hatte. Zu seinen Sponsoren gehörte auch der Medienmogul Murdoch. Zwar erhielt sein Gegenkandidat Al Gore (auch er gewiß kein Pazifist oder Sozialist) dennoch eine halbe Million Stimmen mehr als Bush. Aber entscheidend war, wie erinnerlich, das Ergebnis in Florida, wo sein Bruder Jeb Gouverneur ist. Es stellte sich heraus, daß das dort gemeldete Ergebnis in großem Maße manipuliert war – aber schließlich entschied der Oberste Gerichtshof mit 5:4 Stimmen, Bush sei auf Grund des Ergebnisses in Florida, dessen mangelhafte Ermittlung dieselben Richter zuvor für verfassungswidrig erklärt hatten, zum Präsidenten gewählt. Mehrheitlich waren die Richter Bushs Parteifreunde; einige von ihnen hatten vorher Äußerungen getan, die sich wie offene Eingeständnisse ihrer Befangenheit lasen. Ein Beispiel für die engen Verpflechtungen: Die Ehefrau eines der Richter nahm Bewerbungen auf Regierungsämter in einer Bush-Regierung an. Einer der vier unterlegenen Richter, auch er ein Republikaner, sagte nachher, Verlierer der Wahl sei das Vertrauen in die Richter als unparteiische Wächter der Herrschaft des Gesetzes. – Spätestens mit Bushs Wahl begann die Herrschaft der Gesetzlosigkeit. Wodurch hatte sich Bush dem Großkapital empfohlen? Nein, nicht durch kluge Vorschläge zur Lösung politischer Probleme, nicht durch mutige Taten, nicht durch starken Charakter – im Gegenteil. Dieser Schwächling, dieser Feigling hatte bis zum 40. Lebensjahr an der Flasche gehangen, beruflich war ihm fast alles mißlungen – trotz all der Unterstützung, die der Sproß einer einflußreichen Familie fand. Er hatte auch illegal harte Drogen konsumiert und war wegen Kokain-Besitzes inhaftiert worden, wie in James H. Hatfields Buch »Das Bush-Imperium« (s. Ossietzky 10/02) nachzulesen ist: Aufgrund der Beziehungen seines Vaters sei »die ganze Akte von einem Staatsrichter vernichtet worden, dem Bush sen. zur Wahl in sein Amt verholfen hatte«. Bush jun. habe nicht ins Gefängnis gehen, sondern nur einige Monate Sozialdienst leisten müssen – in einer Einrichtung, deren Ehrenvorsitzender Bush sen. war. Sein Wahlkampf-Team empfand diese Geschichte als so belastend, daß es massiv und erfolgreich das Erscheinen des Buches vor der Wahl verhinderte – was ich für schlimmer halte als den Drogenkonsum. Das Schlimmste aber an diesem Heuchler »Dabja« ist, daß er es anderen Menschen niemals nachsieht, wenn sie ähnlich über die Stränge schlagen wie er, sondern als Gouverneur von Texas die Haftstrafen für den Besitz von weniger als einem Gramm Kokain drastisch erhöhte, daß er drakonische Härte gegen jeden Gesetzesbruch verlangte, keine Entlassung von Strafgefangenen auf Bewährung dulden wollte und mit seinen Anordnungen zur Vollstreckung der Todesstrafe Rekorde brach. Das waren die Leistungen, die er vorzuweisen hatte – abgesehen von Steuersenkungen für Reiche, Kürzungen von Sozialprogrammen, Erlaubnissen für brutale industrielle Umweltzerstörung. Selbstverständlich drückte sich dieser Mann, der andere Länder mit Krieg überzieht, vor der Wehrpflicht. Unser Freund? Übrigens: Der New Yorker Verlag, der, obwohl an Hatfields Recherchen kein Zweifel bestand, vor Bushs Wahlkampfteam kuschte, das Erscheinen des Buches vor der Präsidentschaftswahl verhinderte und 90 000 schon gedruckte Exemplare vernichtete, heißt St. Martin's Press und gehört dem Holtzbrinck-Konzern, der soeben die Berliner Zeitung und den Berliner Kurier erworben hat. Bisher war er schon Herr über einige regionale Monopolzeitungen geworden (Saarbrücker Zeitung, Südkurier, Lausitzer Rundschau), über den Tagesspiegel, das Handelsblatt und Die Zeit, über Buchverlage wie Rowohlt, S. Fischer, Kiepenheuer&Witsch und auch über große Anteile am privaten Rundfunk. Einige Sätze aus den Frühnachrichten – was sagen sie aus, was deuten sie an, was rufen sie in Erinnerung? Und was alles bleibt uns verborgen!
Erschienen in Ossietzky 14/2002 |
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