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Es wäre dann meine Aufgabe, mich zu wehren.« Als Araber würde er mit einem Sprengstoffgürtel um den Bauch sich zwischen jüdische Frauen und Kinder in ein Café in Tel Aviv setzen und zünden. Und als Deutscher? Da gibt es noch ganz andere Erfahrungswerte. Jedenfalls darf die deutsche Bundeswehr stolz auf diesen Reservisten sein. Und die Freien Demokraten dürfen es auch. Denn Möllemann - das ist immer noch die FDP: FDP schlägt sich, FDP verträgt sich. Westerwelle und Möllemann sanken sich schnell wieder in die Arme, nachdem der Kanzlerkandidat sich zunächst widerwillig und mit langem Zögern zu einer öffentlichen Auseinandersetzung mit seinem Erfinder hatte tragen lassen. Der Antisemit Karsli verließ - erst einmal - die Partei und bleibt in der Fraktion als Berater Möllemanns. Das Ergebnis: die europäische Unabhängigkeitserklärung vom jüdischen Joch, veröffentlicht im Neuen Deutschland. Möllemann als ND-Kolumnist: »Die Historiker werden später schreiben: Zu Beginn des dritten Jahrtausends prägte eine Welle des erwachenden Selbstbewußtseins der Menschen die Völker und Staaten Europas.« Es war seine letzte Kolumne in der »sozialistischen Tageszeitung«. Das ND hat ihn endlich vor die Tür gesetzt, Westerwelle aber turnt auf Möllemanns Welle. Denn vom Fallschirmjägeroffizier stammt das Projekt 18, das die FDP im erwachenden Deutschland zum Erfolg tragen wird. Möllemann hat die magische Achtzehn in die FDP gebracht, ihr Erfinder ist er allerdings nicht. Die Zahl, die jetzt plötzlich die 18 Prozent symbolisieren soll, die von der FDP in freien Wahlen erreichbar seien - warum nicht siebzehn, warum nicht neunzehn, warum nicht zwanzig? - , die Zahl Achtzehn ist hoch mit einer Bedeutung aufgeladen, die einem Möllemann nicht entgangen sein dürfte. Neonazis laufen schon lange mit T-Shirts herum, die entweder die Zahl 88 oder die Zahl 18 tragen. Die Acht und die Eins stehen für den achten und den ersten Buchstaben im Alphabet. Für H und für A. 88 ist der Gruß: HH - Heil Hitler. Und 18 ist der Führer: AH - Adolf Hitler. Was Möllemann mit seinem vom FDP-Parteitag übernommenen Projekt 18 will, das ist nicht neu in dieser Partei. Vor fünfzig Jahren hatte sich der Naumann-Kreis gebildet, ein Zusammenschluß ehemaliger Gauleiter und anderer NS-Führer unter der Leitung des Staatssekretärs im Propagandaministerium, Werner Naumann, den Hitler zuletzt zum Nachfolger von Joseph Goebbels bestimmt hatte. Ihm machte der einflußreiche Düsseldorfer Landtagsabgeordnete und FDP-Schatzmeister Ernst Achenbach ein Angebot, das Naumann sorgfältig notierte. Das war 1952, als die NSDAP schon sieben Jahre verboten war. Zitat: »Um den Nationalsozialisten unter diesen Umständen trotzdem einen Einfluß auf das politische Geschehen zu ermöglichen, sollten sie in die FDP eintreten, sie unterwandern und die Führung in die Hand nehmen. An Einzelbeispielen erläuterte er, wie leicht das zu machen sei. Mit nur 200 Mitgliedern können wir den ganzen Landesvorstand erben. Mich will er als Generalsekretär o. ä. engagieren!!« Als der Goebbels-Nachfolger dieses Angebot des FDP-Schatzmeisters notierte, war die Bundesrepublik Deutschland glücklicherweise noch nicht voll souverän, die britische Besatzungsmacht griff ein und zerschlug den Naumann-Kreis; die NS-FDP, schon weit gediehen, blieb behindert. Heute ist die Bundesrepublik voll souverän, und die FDP kann machen, was sie will. Unter diesen Umständen muß man sich allerdings fragen, ob der mächtige Kanzlerkandidat Guido Westerwelle wirklich nur - wie es einer schlecht informierten Öffentlichkeit schien - als albernster Spaßmacher und oberster Clown der FDP auftrat, oder ob es einer wohlüberlegten Strategie entsprang, daß er bei einem Fernsehauftritt die unter seine Schuhsohle gemalte ominöse 18 zeigte. War die 18 unter dem Laufwerkzeug des Guido Westerwelle die freundliche Aufforderung an eine besondere Klientel, seine Partei zu unterwandern? Oder wozu sonst diente - unmittelbar vor dem Alibi-Besuch in Israel - seine Versicherung, es sei »ehrenwert«, ehemalige Wähler der »Republikaner« zurückzugewinnen? Jedenfalls irrt, wer Westerwelle für den dummen August der FDP hält. Der Kanzlerkandidat ist, und damit wird Deutschland rechnen müssen, der überlegene Führer seiner Partei.
Erschienen in Ossietzky 11/2002 |
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