Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Der Bischof von Karafutovon Karol Mania Zu den vier jüngst vom Vatikan in der Russischen Föderation eingerichteten römisch-katholischen Diözesen gehört auch die ostsibirische in Irkutsk. Jerzy Mazur hatte sie bereits vor seiner Erhebung in den Bischofsrang zwölf Jahre lang verwaltet. Sie reicht bis an den Stillen Ozean und schließt Sachalin und selbst die russischen Kurileninseln ein. Die Gemeinden in den Präfekturen seiner Diözese rekrutieren sich zum Teil aus den Nachkommen jener Polen, die nach dem gescheiterten polnischen Aufstand vom Januar 1863 nach Sibirien deportiert wurden. Darüber hinaus aber versucht die römisch-katholische Kirche vor allem unter den Mitgliedern der russisch-orthodoxen Kirche Proselyten zu machen. Sie anzulocken, investiert der Vatikan in markante und prächtig ausgestattete Kirchengebäude. So haben die Katholiken in Polen viele Millionen für den Bau der "himmlischen" Kathedrale von Irkutsk gespendet - obwohl die Sibiriaken in ihrem Elend das Geld für andere Zwecke gewiß dringender gebraucht hätten. Vor eben jener Kathedrale fand vor einigen Tagen eine Massendemonstration von Orthodoxen, "Rechtgläubigen" also, gegen das Wildern der Katholiken in ihrem Revier statt; die Losungen waren nicht nur antikatholisch, sondern auch antipolnisch. Religiöse Konflikte zwischen der katholischen Kirche Polens und der russisch-orthodoxen Kirche hat es seit Jahrhunderten immer wieder gegeben. Die katholische Kirche in Rußland hat fast ausschließlich ausländische Priester, sieben Achtel von ihnen sind Polen, und auch die Mönche und Nonnen katholischer Klöster sind meistens Bürger fremder Staaten. Die katholische Kirche in Rußland finanziert sich durch Mittel aus dem Ausland. Der Patriarch von Moskau und ganz Rußland, Alexej II., hat sich heftig gegen die katholische Missionierung und gegen die Errichtung der Diözesen gewandt. Bischof Jerzy Mazur ist polnischer Nationalität und Staatsbürger Polens. Der Vatikan hat es verabsäumt, ihm einen Vatikan-Paß auszustellen. Als der frischbestallte Bischof im April von einer Reise aus Polen zurückkehrte, wurde ihm auf dem Moskauer Flughafen die Einreise verweigert. Sein Hilferuf an die Apostolische Nuntiatur in Moskau half nicht, er mußte nach Polen zurückkehren. Die offizielle Begründung des russischen Außenministeriums für die Zurückweisung bezog sich auf die frühere Tätigkeit Mazurs als Administrator und auf seine bischöfliche Amtsbezeichnung: Unter den Präfekturen seiner Diözese fungieren nämlich in der Einsetzungsurkunde Südsachalin und die Kurilen als "Karafuto". Angesichts des Anspruchs Japans auf die Rückgabe der Kurileninseln sah das russischen Außenministerium dies als Angriff auf die territoriale Integrität des Staates an. Der Vatikan entschuldigte sich mit veralteten Karten, änderte aber die Amtsbezeichnung erst, nachdem die Duma gedroht hatte, die vier katholischen Diözesen wieder zu liquidieren. Während der Vatikan sich überaus viel Zeit ließ, entfesselten die polnisch-katholischen Medien eine hysterische Kampagne: Das ganze Land durchlebte wegen der "Repression" - der Bischof mußte im Wartesaal des Moskauer Flughafens sechs Stunden warten, bis er ausreisen konnte - eine nationale Tragödie. Die sich selbst als "unabhängig" bezeichnenden Medien, welche über die theokratische Allmacht des Klerus in Polen kein kritisches Wort riskieren, warfen der russisch-orthodoxen Kirche einen Bruch mit der Demokratie vor, als ob beide Kirchen je demokratisch gewesen wären. Der Hysterie dieser Katho-Nationalisten steht jene der angeblich linken Regierung unter Premier Leszek Miller sowie des Präsidenten Kwasnieski nicht nach. Miller erklärte die "unbedingte Solidarität" mit dem Vatikan-Emissär Bischof Mazur. Seine Regierung protestierte offiziell beim russischen Außenministerium und erhob damit den Zwischenfall in den Rang einer ernsthaften Belastung der polnisch-russischen Beziehungen. Das hatte die russische Regierung nicht einmal nach dem Sturm auf ihr Generalkonsulat in Poznan und der öffentlichen Verbrennung ihrer Flagge (bei völliger Untätigkeit der Polizei) getan, von anderen schweren Provokationen polnischer Gruppen gegen russische Einrichtungen zu schweigen. Präsident Kwasniewski ließ verlautbaren, daß Polen alle vom Vatikan in der Sache des Bischofs Mazur unternommenen Schritte unterstützen werde. Demgegenüber enthielt sich der polnische Primas, Kardinal Jozef Glemp, jeden Kommentars und bemühte sich, den Zwischenfall herunterzuspielen. Warum aber reagierte die polnische Regierung so hysterisch und übernahm die Verteidigung Mazurs in einer Sache, an der sie überhaupt nicht beteiligt war? Warum ließ sie sich dazu herbei, die von Rußland als Verletzung seiner Integrität verstandene Akkreditierung des Bischofs auch noch offiziell zu unterstützen? Schließlich ist Mazur kein Abgesandter des polnischen Staates, sondern des Vatikans. Liegt es im polnischen Interesse, gehört es etwa zur polnischen Staatsräson, die territorialen Resultate des 2. Weltkrieges in Frage zu stellen? Was sich hier zeigte, ist die Bereitschaft des Präsidenten und der Regierung zu vollständiger Unterordnung unter den polnischen Episkopat der katholischen Kirche Polens und den Vatikan. Sie zeigt sich auch in der Zusage, das vom Klerus mißbilligte Abtreibungsrecht zu novellieren. Um sich für das im nächsten Jahr fällige Referendum über den Beitritt zur EU die Unterstützung der katholischen Kirche einzuhandeln, hat die Regierung Miller sich zum Dienstboten des Vatikan gemacht. Ganz abgesehen davon, daß der bettelarme und überschuldete polnische Staatshaushalt einen riesengroßen Teil der Kosten der katholischen Missionstätigkeit trägt - nicht nur in Rußland.
Erschienen in Ossietzky 10/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |