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In den USA wohnen fünf Prozent der Weltbevölkerung, die 25 Prozent der gesamten Energie verbrauchen. Sie sind die größten Ölverbraucher weltweit und müssen 56 Prozent ihres Bedarfs einführen, pro Tag allein 750 000 Barrel (1 Barrel = 157 Liter) aus dem Irak (Der Tagesspiegel 7.3.01). Sowenig wie der Krieg gegen Afghanistan wegen der Terror-Anschläge in New York und Washington geführt wurde (das Land liegt in trümmern, und Bin Laden wurde immer noch nicht gesichtet), sowenig auch um die Einhaltung der Menschenrechte, um die Gleichberechtigung der Frauen oder den Schutz von Buddha-Statuen oder anderen Kulturdenkmälern. Kriegsziel der USA sind die Öl- und Erdgasvorkommen im Kaspischen Becken und der reibungslose Öltransport in den Indischen Ozean. Noch bis August 2001 verhandelte die US-Firma Unocal mit den damals in Afghanistan regirenden Taliban wegen einer Ölpip eline. »Die Sicherheit unserer Energieversorgung zu gewährleisten, ist das oberste Ziel unserer Außenpolitik«, sagte George W. Bush wenige Tage nach seinem Amtsantritt, nachdem die Ölindustrie seine Partei im Wahlkampf massiv unterstützt hatte. »Wir müssen unsere Abhängigkeit und Erpreßbarkeit verringern sowie die wachsende Nachfrage befriedigen.« Er sagte es mit Blick auf die damalige Tagung der Organisation erdölerzeugender Länder (Opec). Aus der Ölindustrie, der seine eigene Familie eng verbunden ist, kommen auch Bushs engste Berater, z.B. Condoleezza Rice. Die Chefin des Nationalen Sicherheitsrates war von 1991 bis 2000 Vorstandsmitglied der Chevron-Gruppe, eines der weltgrößten Ölkonzerne, in dem sie vor allem für die Standorte Kasachstan und Pakistan verantwortlich war. Vizepräsident Dick Cheney war bis zum Beginn des Wahlkampfes über lange Jahre Vorstandsvorsitzender von Halliburton, der weltgrößten Dienstleistungsfirma für die Erdölindustrie. Kathleen Cooper, Staatssekretärin für wirtschaftliche Angelegenheiten im Handelsministerium, war Chefökonomin des Weltkonzern Exxon. Im einzelnen ist das dem jüngst im Züricher Pendo Verlag erschienenen Buch »Die verbotene Wahrheit« von Jean-Charles Brisard und Guillaume Dasquié zu entnehmen. Der Aufstieg der Taliban war (auch das ist bei Brisard/Dasquié nachzulesen) untrennbar mit den Interessen der Erdöl- und Gaskonzerne in dieser Region verbunden. Denn etwas weiter nördlich, jenseits der afghanischen Berge lockten die reichen Bodenschätze von Turkmenistan, Usbekistan und vor allem Kasachstan; und mehrere US-amerikanische Ölkonzerne, darunter Chevron, hatten gleich nach dem Zusammenbruch der UdSSR in dieser Region Fuß gefaßt. Für den Transport von Erdöl oder Erdgas aus Mittelasien gibt es aber nur drei mögliche Wegrichtungen: entweder westwärts durch Rußland oder Aserbaidschan und die Türkei zu einem Sammelpunkt am Mittelmeer oder südwestwärts, sprich durch den Iran, oder schließlich südwärts durch Afghanistan. Geplant wurde eine Pipeline von Chardjou (Turkmenistan) nach Gwadar (Pakistan) quer durch Afghanistan. Eine Ferngasleitung stellte man sich zwischen Daulatabad (Turkmenistan) und Multan vor, an Kandahar vorüber. Die afghanische Lösung war für viele westliche Erdölfirmen und die US-Regierung die ideale Alternative zu einer Trasse durch Rußland oder den Iran. Die USA wollten nicht zu Bittstellern in Moskau oder Teheran werden, wodurch der Einfluß der beiden Länder in Zentralasien enorm gewachsen wäre. Zbigniew Brzezinski, einst Sicherheitsberater unter US-Präsident Carter, definierte bereits 1997 die amerikanischen Interessen im »eurasische Balkan«: »Amerikas primäres Interesse muß folglich sein, mit dafür zu sorgen, daß keine einzelne Macht die Kontrolle über dieses Gebiet erlangt und daß die Weltgemeinschaft ungehinderten finanziellen und wirtschaftlichen Zugang zu ihr hat«. Denn die zentralasiatische Region und das Kaspische Becken könnten sich zu einem »ökonomischen Filetstück entwickeln«, da sich in dieser Region »ungeheure Erdgas- und Erdölvorkommen, von wichtigen Mineralien einschließlich Gold ganz zu schweigen,« konzentrieren - »Erdgas- und Erdölvorräte, die jene Kuwaits, des Golfs von Mexico oder der Nordsee in den Schatten stellen«. Brzezinskis Buch, dem die Zitate entnommen sind, erschien auf deutsch unter dem Titel »Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft«. In aller Deutlichkeit liest man dort: »In erster Linie jedoch geht es um Zugang zur Region, über den bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion Moskau allein verfügen konnte. Alle Bahntransporte, Erdgas- und Erdölpipelines und sogar der Flugverkehr wurden über das Zentrum geleitet. Die russischen Geopolitiker sähen es natürlich lieber, wenn es so bliebe, da sie genau wissen, daß, wer den Zugang zur Region unter Kontrolle oder unter seiner Herrschaft hat, aller Wahrscheinlichkeit nach auch den geopolitischen und ökonomischen Gewinn einheimst. Genau diese Überlegung hat der Pipeline-Frage für die Zukunft des Kaspischen Beckens und Zentralasiens eine so zentrale Bedeutung verliehen.« Und selbst in einem schlichten Nachschlagewerk wie dem »Fischer-Welt almanach« war schon 1998 zu lesen: »Pakistan und die USA verfolgen in dieser Region seit längerem das geostrategische Projekt, einen stabilen Korridor zu schaffen, der Handelsverbindungen und Zugang zu den großen Öl- und Erdgasvorkommen und Erzlagerstätten der zentralasiatischen Republiken gewährt... Westliche Investoren, unter anderem der Ölkonzern Unocal, haben Vorleistungen in Milliardenhöhe erbracht, um das Vorhaben einer Pipeline voranzubringen, die von Zentralasien durch Afghanistan an den Indischen Ozean und nach Pakistan führt.« Die 1890 gegründete Union Oil Company of California, bekannter unter dem Namen Unocal, hatte 1995 gemeinsam mit der Delta Oil ein Abkommen mit dem turkmenischen Präsidenten Niyazov über Gasexporte im Wert von acht Milliarden US-Dollar abgeschlossen. Auch der Bau einer Ferngasleitung durch Afghanistan war vorgesehen; die Baukosten waren mit drei Milliarden Dollar veranschlagt. Die US-amerikanische Unterstützung der Taliban begann nachzulassen, als im Frühjahr 1997 im Norden Afghanistans heftige Kämpfe einsetzten. Im Frühjahr und Sommer 2001 versuchten Vertreter verschiedener Staaten in diskreten Verhandlungen in Berlin, die Taliban zu einem Waffenstillstandsabkommen mit der Nordallianz und zur Auslieferung Bin Ladens zu bewegen, um Ruhe in der Pipelineregion zu erreichen. Während der letzten Unterredung in Berlin sprach nach Angaben des pakistanischen Vertreters Naiz Naik die kleine US-amerikanische Delegation von »militärischen Möglichkeiten« gegen die Taliban, wenn diese nicht bereit wären, ihre Position zu ändern. Die Lage war brisant, zumal Moskau und Peking zahlreiche Abkommen über den Bau von Pipelines abgeschlossen hatten, die das Öl aus Zentralasien befördern sollten; vor allem war seit dem Sommer die russische Pipeline aus der kaspischen Region in Betrieb. Die amerikanische Konkurrenzpipeline, die in die Türkei führen sollte, war hingegen noch im Planungsstadium. So mußten die US-amerikanischen Konzerne befürchten, daß in Kürze die Öl- und Gasvorkommen, die sie sich in Mittelasien gesichert hatten, an Leitungen unter chinesischer und russischer Kontrolle angeschlossen sein würden. Die im August 2001 beendeten Gespräche mit den Taliban brachten nicht die gewünschten Ergebnisse. Die Region soll »befriedet« werden. Da das in den Bergen Afghanistans nach monatelangem Krieg noch nicht zu gelingen scheint, erwägen die USA jetzt gnadenlos terroristisch, Natur und Menschen mit Atombomben zu vernichten. Im Anschluß können Techniker in Schutzanzügen durch die atomare Wüste eine Pipeline legen, die nicht durch drum herum wohnende, frierende Menschen zerstört werden kann, denen Heizöl oder Energie fehlt, wie in Afrika schon mehrfach geschehen. Wer auch immer die Terroranschläge vom 11. September begangen haben mag, es waren gewiß keine Vertreter verarmter arabischer Massen, sondern reaktionäre Eliten. Solcher Terror ist keineswegs Ausdruck eines antiimperialistischen Kampfes, sowenig wie die Mafia einen solchen führt. Die Armen und abhängig Beschäftigten dieser Welt hatten davon keinen Vorteil - im Gegenteil. Die USA aber errangen eine Machtposition zwischen Rußland, China und Indien. Auch der Krieg im Nahen Osten hat Öl- und Wasserfragen als Ursachen, auch wenn von solchen wirtschaftlichen Hintergründen kaum die Rede ist - ebenso wie im Krieg gegen Jugoslawien. Kaum bekannt ist, das der Krieg im Kongo 1997 um den Rohstoff Coltan (Tantal) geführt wurde, der für Computer und Handys verwendet wird. Er kostete zwei Millionen Menschen das Leben. Und im Konflikt zwischen Indien und Pakistan spielen geostrategische Interessen gleichfalls eine entscheidende Rolle. Europa bereitet sich vor, im weltweiten Verteilungskampf militärisch mitzumischen - namentlich Deutschland, das beim Ölverbrauch an fünfter Stelle liegt. Die Europäische Eingreiftruppe soll in zehn Jahren voll handlungsfähig sein. Bundeskanzler Schröder erhielt immer wieder Beifall, als er Anfang November 2001 auf einer Unternehmertagung in Düsseldorf den Einsatz deutschen Mililitärs im Afghanistan-Krieg begründete. Der nordrhein-westfälische Arbeitgeberpräsident Jochen Kirchhoff begrüßte »den Mut der Bundesregierung zum Kampf gegen den Terrorismus«. Der deutschen Wirtschaft bieten sich nach den Worten des Vorsitzenden ihres Nah- und Mittelost-Vereins, Werner Schoeltzke, beim Aufbau Afghanistans »viele Möglichkeiten«. Sie hofft, »mit Hilfe ihrer guten iranischen Kontakte auch in Afghanistan Fuß fassen zu können« (Financial Times Deutschland 1.2.02). Deutschland ist bei Militäreinsätzen auf dem Balkan wieder dabei, in Afghanistan, am Horn von Afrika, in Somalia, mit ca. 12 000 Soldatinnen und Soldaten außerhalb des NATO-Bündnisgebietes. Aufgabe der Bundeswehr ist dabei weniger die Terrorismusbekämpfung als der »freie Zugang zu Rohstoffen und Märkten in aller Welt« (so die Verteidigungspolitischen Richtlinien, die schon 1992 formuliert wurden). Die Kriegseinsätze und die damit verbundene Umrüstung der Bundeswehr zur weltweit agierenden Interventionsarmee haben enorme Auswirkungen - soziale und andere. Das bekamen am 2. Februar, als die Bundesregierung in München 30 Außen- und Kriegsminister, den russischen Präsidenten Putin, Repräsentanten von Rüstungsfirmen und US-Kongreßabgeordnete empfing, mehr als 800 Demonstranten zu spüren, die kurzerhand inhaftiert wurden. Und erstmals seit 1933 wurde das Münchener Gewerkschaftshaus von der Polizei umstellt, während dort eine Gegenveranstaltung mit internationalen Referenten stattfand. Kontext:
Erschienen in Ossietzky 7/2002 |
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