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Vielmehr herrscht das Gefühl vor, von kleinen und großen Profis in der Politik sei moralische Vorbildlichkeit ohnehin nicht zu erwarten. Zyniker (und das sind oft Realisten) meinen, die Bestechlichkeit von Parteipolitikern verweise doch immerhin darauf, daß die Kommandohoheit von Unternehmensinteressen im politischen Raum noch nicht als kostenfreie Selbstverständlichkeit akzeptiert sei. Die Werbeagenturen der Parteien bereiten sich derweil auf ihr großes Geschäft vor. Es gilt, für die herbstliche Bundestagswahl nicht nur das je eigene Angebot attraktiv zu machen, sondern überhaupt erst einmal dem parteipolitischen Markt Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Kundschaft verhält sich verdrossen, auch die Kommunalwahlen im Stoiberland boten da keinen Lichtblick. Die professionellen Meinungsforscher weisen verwirrende Resultate vor: Die Unzufriedenheit mit der rot-grünen Bundesregierung steigt weiter an, aber es ergibt sich daraus nicht jene "Wechselstimmung", wie sie 1998 zum Ende der Regierung Kohl führte. Die Unionsparteien liegen in der Gunst der WählerInnen vor der SPD, aber die Mehrheit sieht (noch?) im Kanzleramt lieber Gerhard Schröder als Edmund Stoiber. Dieses scheinbare Durcheinander in der Gefühlswelt des Volkssouveräns läßt aber durchaus einen klaren Trend erkennen: Immer mehr Bürgerinnen und Bürger trauen der Parteien- und Parlamentspolitik immer weniger Handlungsfähigkeit zu, und es kommt ihnen ziemlich gleichgültig vor, wer denn in Berlin regiert. Wenn schon ein Bundeskanzler sein muß, dann besser einer, der auch mal einen Scherz rüberbringen kann - so denken viele. Der stetige Vertrauensverlust, den die politischen Institutionen - die Parteien eingeschlossen - derzeit erleiden, hat seine Gründe in der Substanz. Und es waren und sind vor allem die Strategen der rot-grünen Koalition im Bund, die dafür Verantwortung tragen. Der Regierungswechsel 1998 kam zustande, weil eine Mehrheit in der Wahlbevölkerung einen Wechsel in den politischen Zielen erhoffte; es ging keineswegs nur darum, Helmut Kohl aufs Altenteil zu verbannen. Aus dieser Hoffnung ist nichts geworden. Die Regierung Schröder hat nicht einmal den Versuch gemacht, das überkommene und unter Kohl immer mehr angeschlagene sozialstaatliche System vor dem weiteren Angriff des "Markt"-Radikalismus zu schützen und neu auf eine solide Basis zu stellen. Stattdessen hat Rot-Grün die Abschaffung des "Rheinischen" am Kapitalismus verschärft betrieben und den neoliberalen Umstürzlern die Tore weiter geöffnet, in der Steuerpolitik, in der Rentenpolitik - die Gesundheitspolitik und die Arbeitsmarktpolitik sind demnächst dran. Das können die Unionsparteien auch, und das will die FDP ohnehin. Unter der rot-grünen Bundesregierung ist die "Enttabuisierung des Militärischen" betrieben worden - wo läge da der Unterschied zur CDU/CSU? Oder zur FDP? Noch bestehende Differenzen zwischen Rot-Grün und Schwarz oder Gelb, zum Beispiel bei der Zuwanderungssteuerung, sind, wenn es um die Substanz geht, Scheingefechte. Das wissen auch die meisten Wählerinnen und Wähler. Die SPD und die Grünen, geprägt vom Interesse an Machterhalt und vom Politmarketing, haben kein unverwechselbares Profil mehr. Weshalb sollen Bürgerinnen und Bürger, sofern sie sich zur Stimmabgabe aufraffen, es dann nicht mal mit den Unionsparteien oder der FDP versuchen? Von den Parteien also - einschließlich der PDS, die sich soeben auf ihrem Rostocker Parteitag so fleißig bemühte, ihre Ecken und Kanten abzuschleifen, um recht handsam zu werden - erwartet kaum noch jemand, daß sie jene Aufgabe erfüllen, die ihnen unsere Verfassung zugedacht hat, nämlich politische Alternativen herauszubilden und damit demokratische Entscheidungen möglich zu machen. Und dem Parlament traut kaum noch jemand zu, daß es der Ort sein könnte, an dem politische Positionen geklärt werden. Am Beispiel Italiens ist zu sehen, wie tief ein demokratisches System mit seinen Parteien absacken kann. Allerdings zeigen die italienischen Vorgänge auch: Demokratie läßt sich wiederbeleben: durch entschiedene außerparlamentarische Opposition. Beispielhaft dafür ist auch der Fall Barcelona: Während die Parteipolitiker Krokodilstränen darüber weinen, daß kein Mensch sich für die Europapolitik interessiere, demonstrierte beim EU-Gipfel rund eine halbe Million von Europäern gegen das Diktat des Neoliberalismus.
Erschienen in Ossietzky 6/2002 |
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