Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Geschichte eines starken Charaktersvon Joachim Bennewitz Die Überzeugungen, die sein Leben prägten, hatte er seit frühester Jugend erworben. Geboren 1907, mußte er bereits mit acht Jahren für drei kleinere Schwestern Vater- und Mutterstelle vertreten: Der Vater war in den 1. Weltkrieg gezogen worden, die Mutter befand sich wegen Tbc drei Jahre in Krankenhaus und Rehabilitation. So war er früh dem Kindesalter entwachsen; die bis ins hohe Alter zu bewundernde Selbständigkeit in Handeln und Denken mag hier ihren Anfang genommen haben. Der Vater, aus dem Krieg zurückgekehrt, wurde Mitglied der USPD, nach deren Auflösung der SPD. Der Sohn begeisterte sich mehr für die Ziele, die die junge KPD in ihr Programm aufgenommen hatte. Mit 15 wurde er Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation KJVD. Damals, 1922, traf er bei einer Veranstaltung in Stuttgart mit dem Chef des Zeitungsverlags der KPD, Willy Münzenberg, zusammen. Der interessierte ihn für Pressearbeit, nahm ihn für ein Jahr ins Unternehmen und beauftragte ihn mit dem Aufbau eines Zeitungsvertriebs im Berliner Nordosten. Vom Bezirk Weißensee aus, wo er wohnte, ging er sofort an die Arbeit, erlangte mit 20 eine Gewerbegenehmigung und entwickelte einen Betrieb, der bis in die brandenburgischen Nachbarkreise hineinwirkte. Daß er auch sportlichen Ambitionen nachging und mehrere Semester eines Medizin-Studiums belegte, sollte ihm beides später oft nützlich werden. Zu seiner Bekanntheit in Weißensee trug bei, daß er nicht selten in seiner Rotfrontkämpferbund-Uniform auftrat. Im Juni 1933 wurde er Opfer eines Überfalls von SA-Leuten: Er wurde auf offener Straße angeschossen und anschließend mißhandelt. Das Krankenhaus Weißensee verweigerte ihm ärztliche Versorgung. Als er ins staatliche Krankenhaus in der Scharnhorststraße kam, war das verletzte Bein nicht mehr zu retten, es mußte amputiert werden. Im November desselben Jahres stand er vor Gericht. Das Urteil schien milde: 24 Stunden Haft, doch gleich anschließend wurde er in das KZ Oranienburg verbracht, wo er bis April 1934 festgehalten wurde. Ungebrochen baute er danach Widerstandszellen auf, zuerst mit der Aufgabe, Literatur aus der CSR zu beschaffen und zu verteilen. Bei der Sicherung dieser Organisation kam ihm zugute, daß er einmal einen Schützenverein gegründet hatte, der zeitweilig als Deckmantel dienen konnte. Ökonomisch hielt er sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Dabei befand er sich stets im Visier der Gestapo und bis 1940 wiederholt in Schutzhaft. Als die CSR nicht mehr existierte, wurden eigene Texte verteilt. Im Mittelpunkt der illegalen Arbeit lag nun die Schleusung von Juden über die Schweizer Grenze. Die Organisation wurde zu diesem Zweck auf andere Städte, darunter Stuttgart, ausgedehnt. Zu keiner Zeit gelang es den Behörden, ihrer habhaft zu werden - vor allem deswegen, weil stets nur wenige Mitglieder voneinander wußten. Und weil keine Verbindungen zur KPD aufgenommen wurden. Nur durch Verrat aus eigenen Reihen kam es 1943 zu Verhaftungen und schließlich zur Hinrichtung von zwei Stuttgarter Mitgliedern. Die Ermittlungen der Gestapo führten schließlich auch nach Berlin, und im September 1943 wurde er mit 15 anderen Genossen verhaftet; die Anklage lautete auf: »Hochverrat, Landesverrat und Judenbegünstigung«. Trotz wiederholter Folter gelang es ihm mehrmals, den Verlauf der Prozeßvorbereitung zu sabotieren. Eine Methode war die gezielte Offenlegung von Kassibern, deren falsche Inhalte zu neuen zeitaufwendigen, allemal ergebnislosen Nachforschungen führen mußten. Als mit keiner weiteren Verzögerung zu rechnen war, sprang er bei einer Vorführung zwei Stockwerke tief in den Keller. Der notwendige Krankenhausaufenthalt erbrachte eine neue Fristverlängerung, die bis zum Februar 1945 dauerte. Dann wurden die Gefangenen im Berliner Westhafen auf einen offenen Lastkahn verfrachtet, nach Coswig transportiert, von dort weiter per Bahn nach Bayreuth. Die Befreiung erlebten sie am 13. April durch US-amerikanische Truppen. Die Zuchthausinsassen wählten ihn zum Obmann. Nach wenigen Tagen stellte er sich der Stadtverwaltung zur Verfügung und arbeitete im Bayreuther Bauamt bis zu seiner Rückkehr nach Berlin. In Weißensee bekam er zuerst den Auftrag, die Konsum-Genosssenschaft neu zu gründen, danach war er bis 1958 an verschiedenen Stellen als Treuhänder tätig. Politisch wirkte er beim Aufbau der VVN in seinem Stadtbezirk mit. Er arbeitete bis an die Grenze seiner Kräfte und wohl auch darüber hinaus. Dazu kam, daß er mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, seine Gruppe sei - da sie ja Kontakt mit der Untergrund-KPD vermieden hatte - nicht als kommunistischer Widerstand einzuordnen. Was dazu führte, daß die Gruppe in Publikationen nur unzureichend dargestellt wurde. Als 1967 der erste Herzinfarkt auftrat, zog er sich folgerichtig aus allen Aufgabenbereichen zurück. Fortan lebte er einsam in Köpenick. An der weiteren politischen Entwicklung nahm er jedoch lebhaft Anteil, und mit Telefonaten bei Bekannten wie durch Spenden für mehrere Organisationen bekundete er sein waches Interesse. Herbert Bogdan starb, wie erst Wochen später bekannt wurde, am 9. Dezember 2001.
Erschienen in Ossietzky 5/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |