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Inzwischen haben die Leute gemerkt, daß das neue Geld nicht nur genau so schnell, sondern meist noch schneller aus dem Portemonnaie entschwindet als die olle Mark. Bleibt als Trost: Die lästige immer noch weit verbreitete Kopfrechnerei mit dem Faktor 1.95583 werden wir uns bald abgewöhnt haben. Nicht mehr lange wird es dauern, bis überall wieder die guten alten DM-Preise angeschrieben sind; nur daß dann Euro davorsteht. Die Geschäftswelt muß eben Rücksicht auf liebgewordene Gewohnheiten der Käufer nehmen: Die Benutzung des Staubsaugers an der Autowaschanlage kostete immer schon eine Mark, jetzt also einen Euro; für die Plastiktüte im Supermarkt legen wir eine Zehnermünze hin, ob es sich nun um Pfennig oder Cent handelt, und natürlich spricht einen vorm Bahnhof niemand mit den Worten an »Hastemal einundfünfzigkommaeinszwoneuneinsachtachteins Cent?« Auch der Heiermann bleibt Heiermann, - wetten? Fairneßhalber soll jedoch erwähnt werden, daß die offizielle Euro-Werbung nicht ausgesprochen irreführend war. »Unser Geld« stand unmißverständlich auf den Plakaten. Und die hingen fast ausschließlich bei den Banken. * Dumm dran sind wie üblich die Ossis und Ossinen: Schon wieder wird ihnen ihr Bargeld für ungültig erklärt. Wie will da jemand vernünftige Schwarzgeldbestände aufbauen?! Hier läge doch ein Wahlkampfthema für die Fachleute der CDU/CSU. Auch zwei Währungen wird es in Deutschland weiterhin geben: wie noch bis 2001 DM-West und DM-Ost (siehe Versicherungs- und Lohntabellen) natürlich auch jetzt Euro-West und Euro-Ost. Der Unterschied beträgt immerhin 20 oder 25 Prozent, je nachdem, ob man von oben (West) oder unten (Ost) rechnet bzw. umgekehrt. Ein schönes Betätigungsfeld für katholische Militärbischöfe, die der Mühen einer anstrengenden Geldwäsche - natürlich mit Weihwasser - im Rahmen seelsorgerischer Truppenbetreuung auf dem Balkan überdrüssig sind: Einfach die Gelder ein wenig zwischen Mutterland (West) und Protektorat (Ost) hin- und herschieben. Das verstößt gegen kein Gesetz, und schon mehr als eine Firma hat sich an solchen Währungsspekulationen gesundgestoßen. * Das neue Geld ist giftig. Die Münzen enthalten einen hohen Nickelanteil, der bei Hautkontakt Allergien auslösen kann (die Gefahr potenziert sich mit der Zeit!), und den Druckfarben der Banknoten wird zur Stabilisierung (des Farbtons, nicht der Währung!) Tributylzinn beigemischt, ein Stoff, der durch internationale Konvention inzwischen für Schiffsanstriche streng verboten ist. Selbst in der extrem hohen Verdünnung durch das Meerwasser hat die Chemikalie nämlich schon jetzt weltweit katastrophale Schäden unter den Fischbeständen angerichtet. Besonders Austernzüchter und Kaviarhersteller klagen über empfindliche Verluste. Klar, daß bei solcher Gefährdung von Grundnahrungsmitteln der Nomenklatura des Neoliberalismus die Regierungen schnell handelten. Nun möchte man sich wegen des giftigen Geldes fast der Häme hingeben: Endlich trifft es mal die Reichen! Je mehr Geld, desto mehr Gift! - Nein, so ist es selbstverständlich nicht; denn welcher Superreiche oder Regierende zahlt schon selbst? Und wenn ausnahmsweise doch, dann natürlich bargeldlos. Falls aber tatsächlich mal mit barem Bimbes gezahlt werden muß, dann allemal im diskreten Umschlag oder notfalls auf dem Parkplatz im Koffer. Hautkontakt mit Geld ist mehr etwas für den Plebs. Obertanen lassen zählen. Und daran liegt es auch, daß sie so häufig mal eine unerwartete Million auf dem Konto entdecken oder sonstwie nix Genaues nicht wissen. Der Gewerkschaft ver.di aber sei dringend und allen Ernstes empfohlen, wenigstens Gefährdungszuschläge für Bankbedienstete und Supermarktkassiererinnen einzufordern. Als ich heute mittag an der Kasse einer Autobahn-Raststätte der dort tätigen Angestellten den obigen mir beim Bezahlen zur Gewohnheit gewordenen Rat gab, erzählte sie sofort von ihrer Kollegin, die mit Blasen und Pusteln an den Händen seit vier Wochen krank sei. »Aber die da oben interessiert das ja nicht,« sagte sie, »wenn wir etwas sagen, werden wir rausgeschmissen.« * Treffen kann es selbstverständlich auch einen, der sich immer fleißig nach der Decke streckt: Es ist Jahrzehnte her, daß der Leiter der Sparkassenfiliale schräg gegenüber unserer Wohnung, bei der wir bisher unser Konto führten, mir stolz eine Scheckkarte mit Magnetstreifen präsentierte: »Das ist etwas ganz Neues, Herr Kittner. Die Karte brauchen Sie nur in den Automaten zu stecken, und dann kommt Geld heraus.« - »Ach«, fragte ich, »und das geht nicht von meinem Konto ab?« - »Doch, doch natürlich« belächelte er meinen Witz. - »Dann will ich die Karte lieber nicht.« - »Warum denn nicht? Das ist doch praktisch und wird sich durchsetzen.« - »Ich möchte Ihren Arbeitsplatz nicht vernichten.« - »Nein, nein, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich werde hier gebraucht.« Damals hatte die Zweigstelle noch neun Mitarbeiter, nach und nach wurden es dann weniger, zuletzt waren es drei, seit 1. Januar 2002 ist sie geschlossen. Eine Scheckkarte besitze ich inzwischen natürlich längst. Jedesmal wenn ich jetzt zähneknirschend den viel weiteren Weg zur nun nächsten Filiale derselben Bank hinter mich gebracht habe, um Kontoauszüge zu ziehen oder auch mal etwas einzuzahlen, murre ich meiner Stimmung entsprechend über den erheblichen Mehraufwand an Zeit. Und regelmäßig fragt mich dann einer der Noch-Mitarbeiter dort freundlich: »Wollen Sie nicht lieber homebanking machen? Das ist doch viel bequemer.« Schon will ich ansetzen zu sagen: »Nein, danke. Ich möchte Ihren Arbeitsplatz nicht verni...«, da fällt mir die Vorgeschichte ein, und ich bringe es anders heraus: »Aber gern. Wenn mir die Bank einen passenden Computer hinstellt und auch für eventuelle Verluste durch Hacker oder Pannen haftet, kann es gleich losgehen.« - Das will die Bank dann aber lieber doch nicht. Man sieht: Für die Herren des wirklich großen Geldes ist immer entscheidend, daß andere das Risiko tragen, bei der Rationalisierung wie beim Euro.
Erschienen in Ossietzky 5/2002 |
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