Arno Klönne, Ein Stoßtruppführer

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Ein Stoßtruppführer

Die Wahlkampfstrategen der Unionsparteien haben Grund zur Freude: Gerhard Schröders Mann für Nürnberg sorgt dafür, daß noch mehr ArbeiternehmerInnen auf die Idee kommen, ihren Interessen sei mit einem Edmund Stoiber als Kanzler besser gedient. Der designierte Chef der Bundesanstalt für Arbeit hat keine Zeit verlieren wollen und noch vor seinem Amtsantritt ungeniert gesagt, in welche Richtung die Reform der Arbeitslosenversicherung zielt: Die Leistungen sollen Schritt für Schritt abgebaut werden, zunächst bei älteren Erwerbslosen, dann bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe. Weitere Kürzungen sind gewiß geplant, denn Florian Gerster will nach eigenem Bekunden »Druck ausüben«. Nicht auf die Arbeitgeber - damit diese nicht aus immer weniger Beschäftigten das Letzte herausholen, sondern Überstunden abbauen, mehr Arbeitsplätze schaffen und auch ältere ArbeitnehmerInnen einstellen - sondern auf die Arbeitslosen. Da Florian Gerster kein Trottel ist, weiß er recht gut, daß Arbeitslose sich nicht selbst einen Arbeitsplatz herbeizaubern können. Der Druck hat also seinen Sinn darin, das Vertrauen in eine solidarisch organisierte soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit erodieren zu lassen. Am Ende steht dann die erzwungene Entscheidung für ein neues System, für eine privatisierte, kapitalgedeckte Versicherung auch bei Arbeitslosigkeit. Die Vertreter der Versicherungswirtschaft äußern sich bereits freudig erregt.

Florian Gerster leidet nicht unter Mangel an Selbstbewußtsein. Gegenüber murrenden Sozialdemokraten stellte er klar, daß er »zur politischen Gestaltung« nach Nürnberg berufen sei und nicht als Verwaltungsreformer. Einige seiner regierenden Parteifreunde haben Zweifel, ob denn die Kürzungsdrohungen zu diesem Zeitpunkt günstig sind. Aber der Bundeskanzler hat Florian Gerster seine volle Unterstützung zugesichert. Wer als Vorsitzender der SPD den Angriff auf eine historische Bastion der eigenen Partei vorbereiten will, braucht einen couragierten Stoßtruppführer. Wenn der durch seine Interviews arbeitslose Ältere in Schrecken versetzt, kann das vielleicht die eine oder andere Stimme bei der Wahl kosten, aber was macht's - die FDP hat ja schon erklärt, daß sie Florian Gersters Absichten für koalitionsfähig hält.