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Gerade deshalb ist es nützlich, daß Ilse und Horst Schäfer in dem Ossietzky-Sonderdruck »Mord-Report« (Dezember 2001) an den systematischen Terror des US-Geheimdienstes CIA gegen ausländische Regierungen erinnern, den der des Antiamerikanismus unverdächtige US-Senat 1976 in einem umfangreichen Untersuchungsbericht dokumentiert hat. Gerade wenn der heutige US-Präsident solche zwischenzeitlich offiziell geächteten Praktiken wieder legalisiert, ist die Aufklärung darüber dringend notwendig. Sie bedarf aber noch einer Ergänzung. Der Schlußbericht des Church-Ausschusses des US-Senats (so benannt nach dem Ausschußvorsitzenden, Senator Frank Church) gibt nämlich auf fast tausend Seiten auch Einblick in die geheimdienstlichen Aktivitäten gegen Hunderttausende Bürger der USA selber. Der Ausschuß enthüllte das »Unternehmen CHAOS« der CIA, den »Domestic War Room« des Pentagon, also die Kriegführung gegen Kritiker und Oppositionelle im eigenen Land, und berichtete am detailliertesten über das »Counterintelligence Program« (COINTELPRO) des FBI gegen die Kommunistische Partei, andere linke Gruppen, demokratische Organisationen von Afroamerikanern und Puertorikanern, Studenten, Frauen, Kriegsgegnern und Pazifisten. Auch dieser Terror nach innen lebt jetzt unter George W. Bush wieder auf. William C. Sullivan, ehemaliger Mitarbeiter des FBI-Direktors, bezeichnete COINTELPRO vor dem Senatsausschuß als »eine rüde, harte und schmutzige Angelegenheit«. Er wußte, wovon er sprach: Er selber hatte die Kriegsführung gegen die demokratischen Kräfte der USA koordiniert. COINTELPRO begann 1956 auf Anordnung des damaligen FBI-Direktors J. Edgar Hoover und richtete sich zunächst gegen die Kommunistische Partei der USA sowie gegen demokratische Organisationen und Persönlichkeiten, die sich gegen die Kommunisten-Jagd unter McCarthy wandten. In der Folgezeit wurde dieses Programm des FBI u.a. auf Vietnamkriegsgegner erweitert. Zu einem Hauptziel wurde von 1963 bis zu seiner Ermordung 1968 der Führer der Bürgerrechtsbewegung und Friedensnobelpreisträger Dr. Martin Luther King. Wie der Schlußbericht des Senatsausschusses feststellt, unterlag das FBI im »Krieg« gegen Dr. King keinerlei Einschränkungen. Als die afroamerikanische Bevölkerung in den 60er Jahren begann, sich auch in den nördlichen US-Bundesstaaten gegen den Rassismus zu organisieren und Gleichberechtigung einzufordern, bestand die Antwort in brutaler Gewalt und systematischer staatlicher Unterdrückung. Der Senatsbericht belegt, daß die Regierung 1967 ein Programm startete, dessen Ziel es war, die Aktivitäten afroamerikanischer »Gruppen, ihrer Führer, Sprecher, Mitglieder und Sympathisanten aufzudecken, zu unterbrechen, fehlzuleiten, in Mißkredit zu bringen oder auf andere Weise zu neutralisieren... Die Anstrengungen der verschiedenen Gruppen, ihre Kräfte zu konsolidieren und neue oder jugendliche Mitglieder aufzunehmen, müssen durchkreuzt werden.« Tausende von Afroamerikanern, als »Bedrohung für die nationale Sicherheit« eingestuft, wurden Opfer von Total-Überwachung, Erpressung, häufig auch von Festnahmen und strafrechtlicher Verfolgung unter fingiertem Vorwand. Ende 1968 erklärte das FBI die vor allem unter der afroamerikanischen Ghetto-Jugend populäre »Black Panther«-Partei zum Staatsfeind Nummer 1. Die Zentrale des FBI wies all ihre Außenstellen an, »die Black Panther Party außer Gefecht zu setzen«. Im Verlauf der folgenden vier Jahre kam es dann zu dem, was der Church-Ausschuß als »geheimes Programm zur Vernichtung der Black Panther Party« bezeichnete. Erfolgreiche Gemeinschaftsprogramme der Panther, z.B. das Frühstücksprogramm für Schulkinder, wurden ebenso gewaltsam unterbrochen und sabotiert wie die Verteilung der Black-Panther-Zeitung. Neben umfassenden Abhör- und anderen Überwachungsmaßnahmen wurden FBI-Spitzel mit der Aufgabe eingesetzt, Uneinigkeit in die Partei zu tragen und sie zu spalten. Große propagandistische Inszenierungen dienten dazu, die Black Panther in der Öffentlichkeit als »kriminell« und »gewalttätig« erscheinen zu lassen. Schließlich war das FBI indirekt oder direkt für die Ermordung von mindestens 20 Mitgliedern der Black Panther verantwortlich. Die folgende Darstellung der COINTELPRO-Techniken ist unmittelbar dem Senatsbericht Nr. 94-755 (Final Report of the Select Committee to Study Governmental Operations with Respect to Intelligence Activities, Book III) entnommen: »Das Arsenal der Techniken, die in der geheimen Kriegführung des FBI gegen innenpolitische Gegner eingesetzt wurden, umfaßte den gesamten Bereich von trivialen Maßnahmen bis zu lebensgefährlichen Aktionen. Über ein Viertel aller genehmigten Aktionen hatte zum Ziel, die Fraktionsbildung innerhalb der Gruppen zu fördern und den Kampf der Gruppen untereinander anzufachen. Etwa die gleiche Anzahl von Maßnahmen diente Propagandaoperationen. Andere Techniken sahen das Eingreifen der Behörden auf Bundes-, Staats- und örtlicher Ebene im Sinne einer selektiven Strafverfolgung vor und bedienten sich (zum Teil mißbräuchlich) offizieller Maßnahmen. Nachteilige Informationen wurden Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten zugespielt, Arbeitgeber wurden benachrichtigt, Beispiele für ›kommunistische Infiltration oder Unterstützung der bekämpften Gruppen wurden veröffentlicht, und es wurden Organisationen, die den bekämpften Gruppen feindlich gegenüberstanden, dazu benutzt, Versammlungen der Zielgruppen zu sprengen oder in anderer Weise gegen sie vorzugehen.« Mit seinen Propagandamaßnahmen untergrub das FBI das Recht auf freie Meinungsäußerung - nach dem im Church-Bericht wiedergegebenen Motto: »Gewisse Ideen sind gefährlich, und wenn man nicht verhindern kann, daß sie geäußert werden, dann sollten ihnen vom FBI genehmigte Meinungen entgegengestellt werden.« Dabei konzentrierte sich das FBI auf die Beeinflussung der Massenmedien. Es produzierte selbst Artikel oder Filmmaterial für regierungsfreundliche Medien oder lieferte ihnen Informationen, um Zielgruppen anzuprangern. In einigen Fällen schob das FBI Reportern Informationen unter, ohne daß diese es bemerkten; viele Journalisten arbeiteten freiwillig mit dem FBI zusammen und sagten zu, die Behörde als Informationsquelle zu verschweigen. Das FBI organisierte Leserbriefkampagnen und auch Telefonaktionen, um das Auftreten progressiver Persönlichkeiten in Radio und Fernsehen zu verhindern. »Gelegentlich verfaßte, druckte und verteilte das FBI Propaganda, meist in der Absicht, seine Gegner lächerlich zu machen,« heißt es in dem Senatsbericht. Diese Druckerzeugnisse erschienen anonym und waren so aufgemacht, als wären sie innerhalb der Linken entstanden. Das FBI verfaßte und verschickte anonym Briefe oder Rundschreiben an Gruppenmitglieder oder verbündete Organisationen, um Meinungsverschiedenheiten zu provozieren oder Uneinigkeit zu vertiefen und eine Atmosphäre des Mißtrauens zu schaffen. FBI-Spitzel provozierten politische Auseinandersetzungen, stachelten Rivalitäten und Feindschaften an, und mit besonderen Anstrengungen versuchte das FBI, das Bündnis der beiden wichtigsten Organisationen der Neuen Linken - der Studenten für eine demokratische Gesellschaft (SDS) und der Black Panther Party - zu zerschlagen. Das FBI schickte z. B. ein anonymes Schreiben an die Zeitung der Black Panther, in dem SDS-Mitglieder diffamiert wurden. In diesem Schreiben hieß es unter anderem: »Seit wann müssen wir Schwarze uns dem Diktat der weißen SDSler unterwerfen?... Wir sagen: Schluß mit dem SDS und seinen weißen intellektuellen Touren, die doch nur die Herrschaft der Weißen über die Schwarzen verewigen... Der verdammte SDS ist eine Organisation, die nur auf dem Papier steht und an verbalem Durchfall leidet und außer ständigem Reden nichts für uns getan hat... Es ist die Zeit gekommen, mit allen nichtschwarzen Gruppen radikal zu brechen, ganz besonders mit diesem SDS, und uns darauf zu besinnen, daß wir eine rein schwarze Revolution mit Schwarzen für Schwarze machen.« Auf diese Weise nährte das FBI nationalistische und anti-weiße Gefühle bei schwarzen Jugendlichen, um sektiererische Einstellungen zu fördern. Dem FBI war klar, daß solche Einstellungen zu einer Niederlage der Bewegung führen mußten; das war seine Absicht. FBI-Spitzel streuten Gerüchte: Ein Führer einer SDS-Fraktion finanziere seinen Drogenkonsum aus Gruppenmitteln, ein weiteres prominentes SDS-Mitglied habe an einer Schule Gelder unterschlagen. Daraufhin kam es laut FBI »bei verschiedenen SDS-Treffen zu handgreiflichen Auseinandersetzungen und Beschimpfungen«. Auch hätten Angehörige der einen Fraktion, d.h. als Spalter tätige V-Leute des FBI, andere SDS-Mitglieder »schon am frühen Morgen angerufen, sie bedroht und versucht, sie von der Teilnahme an SDS-Zusammenkünften abzuhalten«. Gezielte Gerüchte sollten auch die damals weitverbreiteten Vorurteile gegen Homosexuelle ausnutzen und Zweifel an den Führungsqualitäten prominenter Mitglieder aufkommen lassen. Im Namen nicht existierender Organisationen verschickte das FBI Briefe und Protesterklärungen. So wurden zum Beispiel zwei Jahre lang Rundbriefe eines sogenannten »Komitees für die Verbreitung sozialistischen Gedankengutes in Amerika« mit scharfen Angriffen gegen die KP der USA verschickt. Der Senatsausschuß berichtet von der Gründung fiktiver Organisationen, die nur aus eigenen Agenten und Spitzeln des FBI bestanden. Da er sich aber einverstanden erklären mußte, in seinem Bericht keine Identitäten von FBI-Agenten und Spitzeln preiszugeben, konnte der Senatsausschuß die Namen dieser Organisationen nicht nennen. (Die Zeitschrift Counterspy teilte damals mit, daß das FBI mindestens zwei maoistische Gruppen gegründet hatte, um linke Organisationen und Gewerkschaften zu spalten.) Laut International Herald Tribune gründete das FBI auch eine rechtsextreme Terroristengruppe, deren militante Angriffe sich gegen die Antikriegsbewegung in Kalifornien richteten. Zu ihren Aktivitäten gehörten Verwüstungen von Wohnungen und Büros, Todesdrohungen und Bombenanschläge. Trickreich brachte das FBI Mitglieder progressiver Organisationen, um sie in ihren eigenen Reihen zu diskreditieren, sogar in den Verdacht, für das FBI zu spitzeln, und produzierte dafür falsche Beweise. Familienmitglieder, Freunde und Bekannte erhielten diffamierende Informationen, worüber es in dem Senatsbericht heißt: »Obwohl diese Technik in relativ wenigen Fällen zur Anwendung kam, führte sie von allen COINTELPRO-Aktionen zu den erschütterndsten Ergebnissen. Informationen aus dem persönlichen Lebensbereich, zum Teil ausdrücklich für COINTELPRO-Zwecke gesammelt, wurden weiterverbreitet, entweder direkt durch anonymen Brief oder Anruf an die Familienmitglieder der Zielperson oder indirekt durch Weiterleitung der betreffenden Informationen an die Medien.« Nu ein Beispiel: Das FBI schickte einen anonymen Brief an den weißen Ehemann einer ebenfalls weißen Frau, die an führender Stelle in der Frauenorganisation »Women's International League for Peace and Freedom« (WILPF) tätig und außerdem Mitglied der antirassistischen Organisation ACTION war, der schwarze und weiße Mitglieder angehörten. In dem Brief mit fiktivem Absender wurde der Ehemann »informiert«, daß seine Frau mit den schwarzen Männern der Organisation ACTION schlafe. Ziel des Briefes war, einen Ehekrach hervorzurufen, »der dazu führen wird, daß ACTION ein Mitglied und WILPF eine wertvolle Führungskraft verliert, wodurch beiden Organisationen ein entscheidender Schlag versetzt wird«. Vier Monate später berichtete die FBI-Außenstelle der Zentrale, man habe ein »greifbares Ergebnis« erreicht: Die Zielperson und ihr Mann hatten sich nach einer Reihe ehelicher Auseinandersetzungen scheiden lassen. Regelmäßig informierte das FBI Firmenchefs über die politischen Einstellungen und Aktivitäten ihrer Angestellten und belieferte Kreditinstitute mit Informationen über politisch unerwünschte Personen und Organisationen, die daraufhin nirgendwo einen Kredit aufnehmen konnten. Das FBI griff in laufende Gerichtsverfahren ein, z.B. durch anonyme Briefe an die Staatsanwaltschaft und die Presse, um Angeklagte zu diffamieren, und ergriff Maßnahmen gegen Anwälte, die »subversive Personen« verteidigten. Auch Wahlen versuchte das FBI zu beeinflussen - wie der Senatsausschuß schreibt: »Das FBI hatte offensichtlich kein Vertrauen in das amerikanische Volk, daß es in der Wahlkabine die richtige Wahl treffen würde. Kandidaten, die nach Ansicht des FBI nicht gewählt werden sollten, wurden deshalb als Zielpersonen (für COINTELPRO-Maßnahmen) ausgesucht.« Und natürlich nutzte das FBI den allgegenwärtigen Antikommunismus aus. Die gängigste Methode war, einer Organisation (oder der Presse) Informationen über Verbindungen einzelner ihrer Mitglieder zur Kommunistischen Partei zuzuspielen, um sie in der Organisation zu isolieren oder die Organisation in der Öffentlichkeit in Verruf zu bringen. Hat der geheime Krieg gegen die demokratische Opposition in den USA mit seiner Enthüllung durch den Church-Senatsausschuß sein Ende gefunden? Im Schlußbericht heißt es hierzu: »COINTELPRO existierte jahrelang nur auf einer Adhoc-Basis, bevor die verschiedenen Programme formal ausgearbeitet waren, und es kann durchaus sein, daß Aktivitäten vom Typ COINTELPRO auch heute noch durchgeführt werden, allerdings unter der Rubrik ›Ermittlungen.« Ähnlich skeptisch äußerte sich Morton H. Halperin, Ko-Autor des Buches »The Lawless State« (Penguin Books): »Für die Vereinigten Staaten hat der Kriegszustand nie aufgehört... Die Präsidenten der Nachkriegszeit haben nicht nur das Recht in Anspruch genommen, nationale Sicherheit zu definieren, sondern diese Definition auch politisch durchzusetzen - oft genug durch geheime Maßnahmen... Daraus entwickelte sich ein geheimer Machtbereich der Regierung mit Mitteln und Möglichkeiten, die Opposition im In- und Ausland zu beobachten und im Bedarfsfall auch zu zerschlagen.« Halperin war Mitglied des Nationalen Sicherheitsrats der USA. Nach einem Bericht der San José Mercury News (5. Juli 1987) erstellte das Weiße Haus unter Präsident Reagan 1984 einen geheimen Plan (National Security Decision Directive), die Verfassung außer Kraft zu setzen und z.B. im Fall einer breiten nationalen Opposition gegen US Militärinterventionen im Ausland das eigene Land unter Kriegsrecht zu stellen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 27. November 2001 von schwarzen Listen in den USA, »auf denen die unpatriotischen Umtriebe von Pazifisten und Liberalen« vor allem unter Akademikern festgehalten werden. Erstellt werden die Listen von dem im akademischen Bereich einflußreichen American Council of Trustees and Alumni (Acta). Im Acta-Vorstand sitzt die Ehefrau von Vizepräsident Dick Cheney. Die von Bush dekretierten Militärtribunale und die »Anti-Terror«-Gesetze, die bereits vom Kongreß verabschiedet wurden, setzen elementarste Grund- und Menschenrechte außer Kraft. Sie richten sich nur vordergründig gegen Ausländer und zielen auf die Einführung von Kriegsrecht ähnlich dem, wie es in Chile unter dem Pinochet-Regime bestand. Den US-amerikanischen Bürgerrechtlern, die vor dieser Gefahr warnen, begegnet Justizminister John Ashcroft mit Diffamierung und Einschüchterung: »Meine Botschaft für all jene, die friedliebende Menschen mit dem Phantom verlorener Freiheit ängstigen: Eure Taktik hilft nur den Terroristen.«
Erschienen in Ossietzky 1/2002 |
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