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Und worin konkret bestehen die offiziell stets nur verschwommen umrissenen »Sicherungsaufgaben« unserer stolzen Kriegsflotte vor Dschibuti? Nix Genaues weiß man nicht, außer daß keinesfalls gegen das am Horn von Afrika weit verbreitete mörderische Piratenunwesen vorgegangen werden soll – es sei denn in Selbstverteidigung. Beruhigend zwar, wenn niemand unsere teuren Fregatten klauen darf, aber irgendwie wüßte man doch gern mehr. Umgekehrt verhält es sich bei einem derzeit aktuellen verdeckten Kampfeinsatz einer Spezialtruppe der Bundeswehr auf dem amerikanischen Kontinent. Hier berichten die Medien genauestens über taktische und strategische Planungen, über Logistik und Flugwetter, Ausdauer und Kampfgeist der Truppe, über Sieg oder Niederlage. Nur daß es deutsche Soldaten sind, die fern der Heimat oft unter Aufbietung ihrer letzten Kräfte gegen den Rest der Welt kämpfen, wird allzu oft verschwiegen. Gemeint sind die in Salt Lake City bei den Olympischen Winterspielen um Medaillen ringenden Feldwebelinnen und Obergefreiten der Sportkompanien. Sie stellen aufgrund sonst meist fehlender Unterstützung inzwischen die mit Abstand stärkste Berufsgruppe im deutschen Olympia- Aufgebot: Von den insgesamt 158 Teilnehmern trainieren 69 Damen und Herren unterm Stahlhelm der Bundeswehr für den friedlichen Wettstreit der Jugend der Welt; weitere 17 dienen beim Bundesgrenzschutz. Das Kriegsministerium hat stolz ausgerechnet, daß die Medaillen-Ausbeute unserer schimmernden Wehr bisher mehr als doppelt so hoch liegt wie die der Zivilisten. Einziger Wehrmachtstropfen: Sieger in Uniform werden ausdrücklich nicht mit Beförderung belohnt (dem stehen vermutlich altmodische Amateurstatuten entgegen), und der höchste Dienstgrad, den Sportsoldaten erreichen können, ist der des Hauptfeldwebels. (Major oder Oberst wird einer sicher nur als Funktionär.) Dafür werden beim Bund bestimmt noch mehr Flaggenappelle zelebriert als in Salt Lake City. Eine Eisschnelläuferin – ihr Dienstgrad wurde leider nicht genannt – strahlte nach ihrem bravourös gegen die Weltelite erkämpften achten Platz (das ist keineswegs abwertend gemeint) glücklich in die Kamera: »Danke, Bundeswehr!« Na ja, möchte man da meinen, hier tut die Bundeswehr endlich mal etwas Gutes mit unseren Steuergeldern, und erstmals könnte sogar ein Pazifist der kämpfenden Truppe viel Erfolg wünschen. Könnte. Fast. Aber: »Danke Bundeswehr«? Lautet der offizielle Werbespruch für deutsches Kriegshandwerk nicht: »Unsere Bundeswehr«? Radfahrer Scharping kennt sich aus: »Unser Telekom-Team!« Eine prima Sympathiewerbung. Also: Kauft T-Aktien! Und dann saßen die kleinen Anleger voll in der Scheiße. Landsersprache ist hier durchaus angemessen, denn auch die Sportkompanien sind – zumindest als erwünschte Nebenwirkung – Sympathiewerbung für den nächsten Krieg. Natürlich soll Sport gefördert werden, auch Leistungssport, denn er hilft, Breitensport populär zu machen. Aber wozu brauchen Skispringer oder Eiskunstläuferinnen einen Dienstrang oder die Grundausbildung im Töten? (Letztere macht immerhin dreißig Prozent des Dienstes der Sport-Soldaten und -Sol-datinnen aus.) Der Volksmund weiß es schon lange: »Sport ist Mord.« Bisher bezog sich dieser Sager eher auf andere üble Begleiterscheinungen des Geschäfts mit Rekorden. Der Staat könnte Spitzensportlern auch zivile Trainingsmöglichkeiten samt auskömmlichem Lebensunterhalt bieten. Aber da kommt es immer gleich knüppelhageldick: »Sie wollen doch nicht etwa Staatsamateure wie früher in den Ostblockstaaten?! So etwas gibt es bei uns nicht!! Stillgestanden!« Es ist eben je nachdem. Und Soldaten gehorchen auch besser. Nur ganz Böswillige reden da noch von einer angeblichen Militarisierung der Gesellschaft. * Je nachdem ist es auch mit allfälligen Olympia-Boykotts. Vor 22 Jahren sagte das Lager der westlichen Staaten die Teilnahme an den ihm ohnehin mißliebigen Olympischen Spielen in Moskau ab, weil Truppen des gastgebenden Landes in Afghanistan auf Seiten der dortigen Regierung einmarschiert waren, unter anderem gegen Bin Ladens Araber-Afghanen. In Salt Lake City gab es Mißfallenskundgebungen beim Einmarsch der russischen Mannschaft ins Stadion, zuvor waren die Truppen des gastgebenden Landes in Afghanistan einmarschiert, unter anderem gegen Bin Ladens Araber-Afghanen. Einige westliche Länder verloren da wohl den Überblick und marschierten wie ihr Gastgeberland sicherheitshalber gleich zweimal ein: ins Stadion wie in Afghanistan. Solch unübersichtliche Situation führte dann wohl auch zu Verwirrung im Bonner Kriegsministerium: Der deutsche Einmarsch bzw. Einflug in Kabul gestaltete sich langwieriger als geplant. Außer Sicherheitsfragen und Bettenmangel im zu besetzenden Land war vor allem widrige Witterung ursächlich dafür, daß sich der Flug von Oldenburg/O. nach Kabul inklusive einer dreitägigen Erholungspause in der Türkei über mehr als eine Woche hinzog. Der neue deutsche Botschafter in Afghanistan benötigte für die Strecke Berlin-Kabul – wenn man der Fernsehberichterstattung glauben will – zu selben Zeit unter denselben Witterungsbedingungen nur rund einen halben Tag. Woraus sich schließen läßt: Es ist oft eben doch effektiver, Diplomaten zu entsenden statt Soldaten. * Dies belegt auch eine letzte Meldung vom Militärsport. Dieser Tage wurde auf dem Flughafen von Kabul ein Minister öffentlich ermordet. Unsere zum Schutz seiner Regierung nach Afghanistan entsandten Soldaten spielten derweil weniger als 500 Meter entfernt Fußball. Man kann es also auch übertreiben mit dem Sport.
Erschienen in Ossietzky 4/2002 |
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