Impressum Plattform SoPos |
Schockschwerenot! Der von Ihnen benutzte Internetbrowser stellt Cascading Style Sheets nicht oder - wie Netscape 4 - falsch dar. Unsere Seiten werden somit weder in dem von uns beabsichtigten Layout dargestellt, noch werden Sie diese zufriedenstellend lesen oder navigieren können. Wir empfehlen Ihnen nicht nur für unsere Internet-Seiten, auf einen anderen Browser umzusteigen - z.B. Netscape 6/Mozilla, Opera, konqueror. Wildgänse und Käfighaltungvon Dietrich Kittner "Wir haben ein Wahljahr. Da ist uns Politikern jeder Unfug recht." Da haben es die Grünen mal wieder gepackt: In Fernsehen stellten sie ihren Kanzlerkandidaten vor. Wie nicht anders zu erwarten heißt er Joseph Fischer. Ministerin Künast erklärte die neue Lage mit einem launigen Bild: Das sei nun eben wie bei den Wildgänsen: Auch da gebe es eine Leitgans ("Leitganter", korrigierte der jetzt offizielle Ton-Angeber), die an der Spitze die Richtung bestimme. In Keilformation folgten die anderen, weil sich so der Luftwiderstand verringere. Allgemeines Gekichere der anwesenden Obergrünen folgte den ornithologischen Ausführungen, und die Wildgans Claudia Roth hüpfte artig von halblinks zur Mitte, um nicht aus dem Bild zu geraten. Die Weisheit, daß stromlinienförmiges Verhalten dem eigenen Fortkommen nützt, wird grünen Ministern nicht neu sein. Unkenntnis herrscht unter den naturunkundigen Chef-Ökologen jedoch offensichtlich über die Tatsache, daß bei den originalen Wildgänsen die Leittiere, klug nach dem Rotationsprinzip handelnd, sich in regelmäßigen Intervallen abwechseln; ein Verhaltensgrundsatz, dem die grünen Vielflieger bedauerlicherweise längst abgeschworen haben. "Ein Lied, drei, vier: Wildgänse rauschen durch die Nacht..." - Bundeswehrrekruten wird dieser im Marschtritt abzusingende Kampfgesang aus der Feder des deutschnationalen Sturm- und Drang-Barden Walter Flex noch heute vom Feldwebel eingebleut. (Goebbels wollte "Wanderer zwischen zwei Welten", das Hauptwerk des Heldentod-Romantikers, im Tornister jedes deutschen Soldaten wissen.) Die Olivgrünen sollten sich das Lied jetzt zur Wahlkampfhymne erküren. Heißt es da doch in der dritten Strophe wehmütig bedauernd: "...Was ist aus uns geworden?" Und in der Schlußzeile: "... Fahren wir ohne Wiederkehr, singt uns im Herbst ein Amen!" Herbstanfang ist der 21. September. Am 22. ist Bundestagswahl. Amen. * Die Satire wird inzwischen regelmäßig von der Realität eingeholt: In den Zeitungen war jetzt ein Bild des ersten deutschen Panzers zu sehen, der mit Rapsöl fährt. Da möchte man fast Hoffnung schöpfen: Endlich autark! Wir müssen uns nicht mehr an Kriegen um die Erdölquellen beteiligen. Weitergedacht gibt dieser Sachverhalt jedoch auch Anlaß zur Besorgnis geben. Sollte nämlich Schorsch Dabbeljuh jemals beiläufig erfahren, daß Motoren auch mit Rapsöl laufen und daß der Rohstoff hierzulande mit Erfolg angebaut wird, könnte er sich leicht gezwungen sehen, die BRD mit den bekannten Folgen zum Schurkenstaat à la Irak, Iran oder Libyen zu erklären. Daß die Terror-Hochburg Hamburg Selbstmord-Attentätern Unterschlupf gewährt, ist eh längst bewiesen und wäre aus US-Sicht allemal Grund für einen Militärschlag. * Die Bilder aus Guantanamo, wo die USA ihre Kriegsgefangenen an Armen und Beinen gefesselt in schrankgroße Drahtkäfige sperren und schutzlos den in tropischen Sumpfgebieten besonders aggressiven Insektenschwärmen aussetzen, gingen um die Welt. Bekannt ist auch der jahrzehntelange, unermüdliche Kampf unserer regierenden "Rot"-"Grünen" gegen grausame Hühnerhaltung in Legebatterien. Wie würden sich die Ökostreiter - mit Recht - erst empören, wenn es üblich wäre, dem Federvieh auch noch Fußfesseln anzulegen und ihm Augen und Schnabel zuzubinden. Vergleichbare Käfighaltung von Menschen erscheint den sonst so Humanitätsbeflissenen in Berlin jedoch offensichtlich als artgerecht. Jedenfalls hat man noch nichts davon gehört, daß Schröder oder Fischer beim US-Präsidenten die Einhaltung der Menschenrechte angemahnt, geschweige denn ultimativ mit Sanktionen gedroht hätten. Menschenrechte sind eben je nachdem. "Ich wollt, ich wär ein Huhn..." - Es fällt schwer, nicht zynisch zu werden. Vielleicht wird Rudi Scharping den irgendwann einmal beginnenden Friedens-Angriff auf Kuba dann mit "unsäglichen Menschenrechtsverletzungen auf der Insel, gegen die Castro nichts unternommen" habe, zu rechtfertigen versuchen. Zuzutrauen wäre es ihm nach aller Erfahrung. Erst jüngst hat die Frankfurter Rundschau einen Politiker per Leitartikel sanft gerügt wegen dessen ihrer Meinung nach allzu laschen Protests gegen die Käfig-Greuel der USA in Guantanamo. Der vorsichtig-mitfühlend formulierte, jedoch unmißverständliche Tadel galt nicht Schröder oder Fischer, sondern - Fidel Castro. * George W. Bush hat eine Rede zur Lage der Nation gehalten. Nahezu jeden, der die USA nicht vorbehaltslos als Krone der Schöpfung betrachtet, hat er darin als dem Reich des Bösen zugehörig entlarvt und ihm mit Bestrafung gedroht: Der Krieg sei erst am Anfang. Bemerkenswert die in der Fernsehübertragung genüßlich zelebrierte Inszenierung der Show eines inzwischen mit fast diktatorischen Vollmachten ausgestatteten US-Präsidenten. Ungefähr alle 30 Sekunden erhoben sich die Anwesenden wie auf Kommando zu standing ovations unter den triumphierenden Blicken des Redners. Auf, nieder. Auf, nieder. Den Parlamentariern müssen anschließend die Knie geschmerzt haben; Hillary Clinton wirkte zeitweise gequält, turnte aber tapfer weiter mit. Ähnlich stereotype Wellenbewegungen eines Auditoriums konnte man früher bestenfalls anläßlich gewisser KPdSU-Parteitage beobachten. Da allerdings nur in Intervallen von fünf oder zehn Minuten. Ach, Kriegsbegeisterung ist schon etwas Erhebendes! Besonders wenn im Fernsehen darunter das Laufband mit den Börsenkursen abgespult wird. * Da der nach eigener Aussage von Gott persönlich berufene Mullah George Dabbeljuh selbstverständlich auch über die Moral in God's Own Country wacht, betreibt er jetzt eine breit angelegte offizielle PR-Aktion, die Amerikanerinnen und Amerikaner zu sexueller Enthaltsamkeit anhält: Vor- und außerehelicher Sex seien schädlich, darum müsse die Jugend zur Keuschheit erzogen werden. Verhütungsmittel wie Pille oder Präservativ gelten dem Chef-Fundamentalisten als Werke des Teufels, vulgo des Bösen. (Hat er etwa gar mit Johannes Paul dem Reisenden telefoniert?) Folgerichtig lautet der Slogan seiner lustfeindlichen Präsidialkampagne "Sag nein!" Mit Lysistrata und ihrer aus der Antike überlieferten friedenserzwingenden Maßnahme sexueller Verweigerung hat die Sache leider nichts zu tun: Der Krieg muß natürlich weitergehen. Bloß eben: Sex soll zukünftig einzig in der Ehe erlaubt sein. Wie bei den Taliban. Kann man nun eigentlich sicher sein, daß nicht auch wieder irgendjemand in Berlin uneingeschränkte Solidarität mit den USA propagiert? Sigmar Gabriel hat uns ja als Sachkenner bezüglich Wechselwirkungen zwischen Wahljahr und jeglichem Unfug deutlich gewarnt.
Erschienen in Ossietzky 3/2002 |
This page is hosted by SoPos.org website
<http://www.sopos.org> Contents copyright © 2000-2004; all rights reserved. Impressum: Ossietzky Maintained by webmaster@sopos.org |