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Wahrscheinlich dreht sich auch die Sonne um den Fußball, aber ein Fußball-Trainer ist letzten Endes auch bloß'n Mensch. Am Ende der anderthalb Stunden langen brillanten Tirade merkt man verblüfft, wie kurz anderthalb Stunden auch im Theater sein können, wenn der Text so spannend und mit immer neuen Nuancen überraschend vorgespielt wird wie in der intelligenten Inszenierung von Peter Ensikat und der glänzenden Interpretation eines unheldischen Helden unserer trüben Gegenwart durch Jörg Gudzuhn, einen der großen Schauspieler nicht nur des Deutschen Theaters, sondern des deutschen Theaters (und Films). * B. v. Stuckrad-Barre in seiner Glanzrolle als B. v. Stuckrad-Barre. - Sein neuestes Buch heißt "Deutsches Theater" (Kiepenheuer & Witsch). Daraus, meldete die Presse, "liest er heute um 19.30 im Deutschen Theater". Er kam aber erst gegen 20 Uhr auf der Bühne an, um mit etwas ungelenken (rheumatisch bedingten?) Handgriffen seine Papiere und Sprudelflaschen zu sortieren, was jedoch die zahlreich erschienenen Fans des Feuilletonisten nicht störte. Die langwierigen Präliminaren gehören zur Inszenierung des Benjamin von Stuckrad-Barre, der zwischen seinen teils verhaltenen, teils amüsant pointierten Lesungen erstaunliche Mengen von Mineralwasser konsumiert. (So sprudelt er gelegentlich über von perlendem Humor.) Wer mal das Barre-Bräu aus Lübbecke gekostet hat, versteht ihn: Besser Selter als gewisse westfälische Spezial-Biere. Manche Späße werden nur von manchen Teenagern belacht: "Er heißt Detlef, dafür kann er ja nix." Andere wie die über Stu-Bas Erfahrungen mit dem Euro oder als Mitarbeiter des Fisch-Imperialisten Gosch aus Sylt zielen und treffen zur Freude des Auditoriums genauer und tiefer. Der Vortragsartist hatte seinen Tisch mit Anna Langhoff garniert, damit er ihr bei ihren klugen Kommentaren unhöflich ins Wort fallen konnte. Zwischendurch las der saugstrudelhaft umtriebige Hellmuth Karasek mit feiner eitler Selbstironie ein lustiges Prosastück über Literaturkritik vor. Auch trat noch ein Mensch auf, von dem ich mir leider nicht gemerkt habe, ob es der Masseur oder Chauffeur des Hauptdarstellers war oder beides in einer Person. Im Veranstaltungsmagazin Tip wird in einer Liste der "100 peinlichsten Berliner" auch Benjamin von Stuckrad-Barre aufgeführt. Der ist kein Berliner, sondern ein in Köln lebender gebürtiger Bremer. Und seine in Knöchelhöhe spitzengesäumten langen Unterhosen, auf die wir uns so freuten, seit wir sie auf dem Bildschirm gesehen hatten, blieben diesmal unsichtbar. Nur deshalb hatten wir uns Plätze in der zweiten Reihe verschafft! * Angelika Neutschel: Lieder und Geschichten. - Die Absolventin eines Schauspielstudiums an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg war in Zittau, Görlitz, Meiningen, Berlin (Metropol-Theater, Rundfunk, Fernsehen) engagiert, bevor sie auch zur namhaften Chanson-Sängerin wurde. Mit den Liedern und Geschichten ihres Programms "Aber nun bin ich dran", das ich im Berlin-Treptower Kulturbund erlebte, kommt sie schnell in freundschaftlichen Kontakt mit dem Publikum, dessen Heiterkeit und Zustimmung unüberhörbar sind. Der Beifall ist der Solistin ebenso zu gönnen wie den Autoren Gisela Stein-eckert (Text), Manfred Schmitz (Musik) und der sympathischen, sicheren Pianistin Irene Wittermann (gebürtig in Nowosibirsk). Die CD "Flamme" enthält nahezu alle Titel dieses sehr persönlichen und auch politischen Programms (Bellheim 10202, erhältlich über Buschfunk, 030/44651100). * Judy Winter, ehemals singende Kommissarin. - Der großartige Erfolg dieser wunderbaren Schauspielerin und Sängerin als Marlene im Berliner Renaissance-Theater, in Japan und sonstwo auf der Welt ist allen Theaterfreunden unvergeßlich. So jubelten die Winter-Schwärmer ihrer Protagonistin auch nach der Premiere der "Singenden Kommissarin" von Matthias Zschokke zu. Ein Stück, das genauso langsam nicht in Gang kommt wie die Berner, welche einer Basler Redensart zufolge die langsamsten Schweizer sein sollen. Vielleicht ist das Stück des Berners Zschokke nicht eigentlich ein Stück, weil der Autor nicht genügend Zeit hatte, eins zu schreiben, und daher nur seinen Roman Der dicke Dichter, der vielleicht auch kein Roman ist, "zum literarischen Vorläufer des Stückes" gemacht hat, und zwar recht schnell, was ihm nicht zu liegen scheint. Das dramatische Geschehen, welches nicht geschieht, besteht in der Anwesenheit der früher singenden und jetzt amtierenden Kommissarin (Judy Winter), welche zu Silvester in ihrem geräumigen Büro (Bühnenbild: Detlef Pilz) Nachtdienst verrichtet, der nur von gelegentlichen Besuchen ihres Vorgesetzten Schwarzkopf unterbrochen wird, den Gerd Wameling darzustellen hat. Herr Schwarzkopf pflegt aus unerklärlichen Gründen dröhnend zu lachen (Regie: Kay Neumann) und muß einmal der Länge nach hinfallen (Choreographie: Freddie Rutz). Dazwischen peitscht die Stimme eines unsichtbaren Radiomoderators (Henning Vosskamp), das dramaturgische Tempo in die zulässige Höchstgeschwindigkeit (3 km/h). Eine überraschend per Bürotür angelieferte Leiche (Statisterie: Stefan Rüdinger) belebt das Geschehen, welches in eine strahlende Apotheose mündet: Der allseitig sehr attraktive Judy Winter hätte ich einen besseren Text gewünscht. Indes gewisse Mängel fechten Mimen-Enthusiasten niemals an. Ich erinnere mich, daß zu Beginn einer Vorstellung der Vorhang sich vor einer noch unbeleuchteten Bühne öffnete, aus dem Finstern hörte man Telefonklingeln und jemand sagen: "Nanu, wer ruft denn da im Dunkeln an?" Weil es Theo Lingen natürlich an der Stimme erkannt hatte, applaudierte das Publikum erfreut - damals im Renaissance-Theater.
Erschienen in Ossietzky 2/2002 |
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