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Das sicher nicht, denn dank seiner NSA weiß er, wie bescheiden es fürs erste mit den schnüfflerischen Fähigkeiten der Bundesrepublik bestellt ist. Dennoch ist Ihr Projekt interessant, es enthält einen wirtschaftsfördernden Impuls: Ausbau der Spähbranche hierzulande, auf Kosten des Steuerzahlers, beispielgebend auch für andere Staaten mittlerer Größe – jeder spioniert jeden aus, und Big Brother überwacht den globalen Spionagebetrieb insgesamt. Freilich kann es sein, daß dann das Kontrollgremium PKGr des Deutschen Bundestages für geheime Dienste, dem Sie angehören, endgültig überfordert ist. Und Hans-Christian Ströbele ist ja nicht mehr der Jüngste. Frank-Walter Steinmeier, Potentialist. – Ihre Bilanz des deutschen Militäreinsatzes in Afghanistan haben Sie so gezogen: »Es kann sein, daß wir dort nicht an allen Tagen alles richtig gemacht haben .., es mag sein, daß wir von unseren hehren Zielen nicht alle erreicht haben.« Sprachlich ist das versiert, Sie nutzen die politischen Möglichkeiten der Möglichkeitsaussage. Nicht im Potentialis steht für Sie, daß die Bundeswehr am Hindukusch mitmischen mußte. Zu einem Zweck, den Sie – etwas altertümlich – »hehr« nennen, ehrfurchtgebietend, gar heilig also. Da wüßte man gern, was Sie zu dem Gebrauch dieses Begriffes veranlaßt hat. Zynismus ist Ihnen doch eher fremd. Hans Peter Friedrich, Landwirtschaftsminister. – Auf einer Pressekonferenz nach Ihrem Rücktritt haben Sie den Berliner Journalisten mal wieder gezeigt, was eine bayerische Harke ist. Geheimnisverrat könne man Ihnen nicht vorwerfen, und auch sonst seien Sie ohne Fehl und Tadel. Die Pointe Ihrer Erklärung: »Ich komme wieder.« Die Realsatire erinnert uns an Animationsfilme mit Paulchen, dem rosaroten Panther: »Heute ist nicht alle Tage, ich komm’ wieder, keine Frage.« Ach, was haben uns vor Jahrzehnten Paulchens Umtriebe amüsiert! Heute lachen wir nicht mehr. Sie kommen wieder, jetzt als Vize-Vorsitzender der Unions-fraktion im Bundestag. Manuela Schwesig, Ministerin für Kinder, Senioren, Familien. – Zwar weiß die Öffentlichkeit bisher nicht, was Ihrem früheren Fraktionskollegen Sebastian Edathy im einzelnen vorzuwerfen ist, aber Sie wissen schon, daß ruckzuck neue Gesetze geschaffen werden müssen, damit das, was ihm eventuell vorzuwerfen ist, strafbar wird. Auf diese Weise wollen Sie Kinder schützen. Dafür erhalten Sie beim deutschen Publikum breiteste Zustimmung – ähnlich wie Wladimir Putin große Teile des russischen Publikums mit seinem Gesetz zum Schutz der Kinder vor Werbung für »nichttraditionelle Sexual-praktiken« begeistert. Wir hoffen, daß nun nicht alle braven, gesetzestreuen Bürgerinnen und Bürger beider Länder beginnen werden, die Nachbarn nach sexuellen Vorlieben zu beschnüffeln. Hat etwa jemand Thomas Manns »Tod in Venedig« im Bücherschrank, jene Geschichte, in der ein alter Herr mit sehnsüchtigen Blicken einen hübschen Knaben verfolgt? Das Bundeskriminalamt zeigt sich überzeugt, daß der, der sich an Knabenbildern entzückt, auch nach Darstellungen des sexuellen Mißbrauchs von Knaben giert. Und so schleicht dann der immer bösere Verdacht durchs Land, blickt durch alle Fenster und durchforscht das Internet. Gusztáv Bölcskei, Verteidiger christlicher Werte. – Als leitender Bischof der Reformierten Kirche Ungarns und Mitglied des Exekutivausschusses der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen haben Sie anläßlich Ihres Besuches beim »Hilfswerk der Evangelischen Kirchen Schweiz«, das Ihre Kirche finanziell unterstützt, Sympathien für die Orbán-Regierung Ihres Landes geäußert, wo sich militanter Romahaß und Antisemitismus ausbreiten und die Medienfreiheit weitgehend abgeschafft wurde. Für Sie ist allein wichtig, daß die Rechtsregierung in ihrer neuen Verfassung die »christlichen Werte« wie Vaterland, Christentum, Familie, Nationalstolz aufgenommen hat. Besonders erfreut Sie auch, daß »Hitlers ungarischer Partner«, Miklós Horthy, wieder rehabilitiert wird. Zum Zeichen der Ehrerbietung haben Sie 2012 eine »Weihezeremonie« für eine Horthy-Gedenktafel an der reformierten Universität Debrecen vorgenommen. Ob die Evangelische Kirche im Rheinland, mit deren damaligem Präses Nikolaus Schneider Sie 2009 einen Partnerschaftsvertrag für »eine engere Zusammenarbeit im gemeinsamen Zeugnis und Dienst« abgeschlossen haben, Ihre rechtslastigen Worte und Taten billigt oder verwirft, ist nicht bekannt. Wir sind sehr gespannt, das zu erfahren.
Erschienen in Ossietzky 6/2014 |
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