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Dabei verteidigen sie den Qualitätsanspruch der wiederholt gezeigten bildenden Künstler Volker Stelzmann, Baldwin Zettl, Wolfgang Mattheuer, Werner Wittig, Erik Neukirchner, Konrad Henker, Theo Balden, Wieland Förster, Hermann Bachmann und die stille Noblesse hallescher Kunst. Besonders verbunden sind sie Horst Sakulowski, Heinz Plank, Lothar Zitzmann, Theodor Rosenhauer, Fritz Keller oder Heinz Tetzner, zu denen sie hervorragend gearbeitete Monografien erscheinen ließen. In ihrer aktuellen Ausstellung präsentieren sie Bilder aus dem jüngsten Schaffen des halleschen Malers Uwe Pfeifer, dessen Triptychon »Tischgespräche mit Luther«, 1984, kürzlich im Angermuseum Erfurt titelgebend zu sehen war (s. Ossietzky 25/12). In der DDR besetzte er mit seiner ganz eigenen kritisch-analytischen Weltsicht des Hyperrealismus einen wichtigen Platz in der Kunst, geprägt von seinen Leipziger Kunsthochschullehrern, vor allem Wolfgang Mattheuer. Der inzwischen 66jährige Künstler griff weiter in die Neue Sachlichkeit hinein, begeisterte sich ebenso am Realismus und an mythischer Phantasie solcher Meister wie Caspar David Friedrich, Nicolas Poussin oder Diego Velázquez. Wenn man sie sehen kann, bedrängen die Gemälde »Tod des Pan«, 1976, »Feierabend«, 1977, oder »Treppe«, 1983, immer noch wegen ihrer künstlerischen Faszination und den Themen des Zubaus der Natur und der Beziehungslosigkeit zwischen den Menschen; Lebensfragen, die heute eine neue Aktualität besitzen. Zu diesen wichtigen Frühwerken nehmen Pfeifers jetzige Bilder Kontakt auf. Zum jüngsten Werk könnte das Kunstbuch zu Pfeifer von 2007 eine Verankerung der neuen Bilder im Werk bieten, so kann das eingerichtete Register »Bildindex« beim Bild »Treppenlicht«, 2010, über das Motiv der Wartenden zu den Gemälden aus den Jahren 1974 und 1981 hinführen. Obwohl Pfeifer gern auf dem Grat zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit, zwischen konstruktiven Formen und Wirklichkeitsmotiven, pendelt, präsentiert er immer noch und verändert eindrucksvoll Motive der Alltagswelt, wie Treppen, Tunnel, Betonbauten oder die Kulturhausruine von Buna, wo Pfeifer einst einen Kunstzirkel leitete. Er malt das Meer im besonderen Licht unter dramatischen Wolken oder nimmt in der »Schädelstätte« die kriegerischen Ereignisse der Gegenwart in den Blick. Das Windrad jagt davon. Der kleine balancierende Harlekin belebt die Szene. Pan spielt dem gestorbenen Baum die Abschiedsmelodie. Die verführerische Weibsgestalt, Symbolfigur für die leitende Kraft des Eros im Leben, geht Hand in Hand mit dem Tod. Im neuzeitlichen Totentanz schiebt der Tod forsch den gelähmten Indianer im Rollstuhl. Ein anderer barfüßiger Indianer geht an Krücken oder fährt den Rollator. Das Indianer-Motiv weist wohl auf die Ideale hin, die alten Menschen immer noch anhaften, die als Kind auf dem Pferd durch die Natur jagen und mit Tomahawk Freiheitshäuptling sein wollten; die später als Rothäute ihr Leben bestritten; die nach dem Ende der DDR so massenhaft unauffindbar waren. Pfeifer liebt die geruhsame Schönheit der über halleschen Dächern untergehenden Sonne; die gedankenverlorene Ruhe der ans Meer versetzten Wörlitzer Grotte; die Melancholie einer Eisenbahnstrecke, deren Kurve im herbstlichen Nebel verschwindet. Nicht nur in der Öltechnik mit Neonlicht in oszillierender Strahlung, sondern auch in seinen Farblithografien bringt er virtuos die stofflichen Texturen des Steppmantels aus Polyester einer Frau am Geldautomat und die kalten Wände und Fliesen in Gegensatz. Wenn die Schärfung der Bilddetails Pfeifers Stärke ausmacht, so befremden dann die Äste des »Toten Baumes am Weststrand«, 2010, die fast so glatt wie menschliche Arme sind. Dadurch wirkt der Baum spannungslos und bekommt keine lebengeprägte Expression. Uwe Pfeifer führt phantastische Allegorien in seinen großen Gemälden von 2011 zu einer glanzvollen Erweiterung des Realismus. Die Wirklichkeitsanalyse vertieft er mit poetisch schweifenden Ideen zum Sinnbildlichen. Im »Tagtraum (Handstand)« rast ein Panther über den Plattenplatz, eine schöne Frau mit Ganskopf präsentiert sich auf der Bühne, während von ihr ein Hase, das erotische Lustsymbol, losspringt; ein Clown macht Handstand, im Hintergrund trägt ein Mann den Sarg davon. Im zweiten Großbild »Tagtraum«, mit »Rollstuhl« untertitelt, sitzt an einer Haltestelle ein Sioux mit Gewehr; daneben eine Mutter, vor der ein alle Begeisterung aus sich herausschreiender Gitarrenknabe tanzt. Gegen das Laute und Bewegte sitzt stumm im Hintergrund ein Mann im Rollstuhl, von der Haltestelle abgekehrt und vor sich das undurchdringliche, hoffnungslose Grau wie Grauen, ein tief berührendes tragisches Motiv. Im freien Raum daneben läßt Pfeifer einen Jugendlichen losspringen, der sich wie ein Ikarus oder Verkündigungsengel mit flatternden Flügeln und in extremer Farbglut in den Körperextremitäten hoffnungsvoll oder irrwitzigerweise auf den Weg macht. Pfeifer setzt einen Dialog über gleichzeitig zu erlebende, unvermittelte Momente des Lebens in Gang, über eine Typologie des menschlichen Lebens von Jung und Alt. Pfeifer sagt: »Das Sinnbild ist das eigentliche Ziel − das Bild als Metapher für meine Welterfahrung« und behauptet sich als ein ernsthafter, kritischer Zeitgenosse und Künstler, der sich nie wegdrückt vor den Fragen der Existenz der Menschheit. Bilderhaus Krämerbrücke Erfurt, bis 4. Mai, Mi. − Fr. 11 − 18; Sa. 11−16 Uhr
Erschienen in Ossietzky 8/2013 |
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