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Arno Klönne hat Zielsetzung und Implikationen der Bundeswehr-Ausstattung mit dieser »ethisch neutralen Waffe« (de Maizière) treffend beschrieben (»Raubvögel für die Bundeswehr«, Ossietzky 4/13). Mit Hans-Peter Friedrich (CSU) haben wir den zweiten Bellizisten. Für Kriegsführung im Inneren. Auch er ist versessen auf Drohnen. Vor wenigen Wochen berichteten unsere Konzernmedien, Friedrich wolle israelische Drohnen vom Typ »Heron 1« anschaffen. Für welche seiner noblen Kampftruppen? Bundespolizei, Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt – alle kommen in Frage. Die leicht durchschaubare ministerielle Akzeptanzstrategie: Friedrich schiebt humanitäre Ziele vor – was sonst. Die Drohnen sollen »zunächst im Küstenbereich« eingesetzt werden »zum Beispiel bei der Suche nach Schiffbrüchigen«. Wie hochherzig gedacht! In deutschen Gewässern sterben in zehn Jahren weit weniger Schiffbrüchige als Muslime in den zehn Minuten des von Oberst Georg Klein angerichteten Massakers in Afghanistan. Von schiffbrüchigen Taliban in der Ostsee hat bisher noch keiner was gehört. Das zweite Beschaffungsmotiv: mittels Drohnen Kriminelle aufspüren. Aus der Luft? Man baut auf Computersysteme, die an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh entwickelt wurden, möglicherweise unter Mitwirkung der Technischen Hochschule Aachen (zwischen beiden Forschungsstätten gibt es regen Austausch). Elektronische Überwachungsrechner »analysieren« die per Videokamera erfaßten Menschen, indem sie die Aufnahmen in einzelne Bildsequenzen auflösen und diese anhand vorgegebener Muster untersuchen. Damit läßt sich angeblich erkennen, welche Art Aktion gerade stattfindet. Die Entwicklungsvorgabe wurde vergangenen Dezember auf der »International Conference on Semantic Technologies« im japanischen Nara skizziert: ein Computersystem, das nicht nur Life-Aufnahmen nach Handlungsarten analysiert, sondern auch vorhersagt, was die beobachteten Menschen als nächstes tun werden. Was in Japan als Konzept für den zivilen Sektor vorgeführt wurde, haben die USA allerdings schon in militärischer Erprobung: den gedankenlesenden Computer. Zuvörderst finanziert werden entsprechende Experimente unter dem Namen »Mind´s Eye« – wörtlich: geistiges Auge – von der Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), einem Amt des US-Verteidigungsministeriums, das schon die Grundlagen für den militärischen Vorläufer des Internet entwickeln ließ wie auch für den Tarnkappenbomber und andere menschheitsdienliche Erfindungen. »Mind’s Eye« soll bald zum Arsenal polizeilicher Überwachungsdrohnen gehören. Drittens sollen die Drohnen deutsche Küsten »bewachen«. Springers Die Welt präzisiert: »Flüchtlingsströme beobachten«. Von Flüchtlings-Tsunamis überrollt zu werden gehört bekanntlich zu den Hauptgefahren deutscher Gegenwart. Daran erinnerte Friedrich erst kürzlich wieder, als er vor den aus Rumänien und Bulgarien hereindrängenden Armutsflüchtlingen warnte, die nur das deutsche Sozialsystem aussaugen wollen, weshalb, so Friedrich, »härtere Bandagen« erforderlich seien. Wohlgemerkt: gegen EU-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit nutzen. Was noch nicht am hellichten Tag in Deutschland möglich ist, bereiten unsere Berliner Politiker und Beamten erst einmal unter europäischem Deckmantel vor. Interessantes über drohnenbezogene Technik und Absichten lieferte kürzlich das Online-Magazin Telepolis des Heise-Verlags: Die Europäische Union betreibe zum Beispiel ein Forschungsprojekt, um Autos und Boote aus der Luft stoppen zu können, ohne Totalschäden zu verursachen. Polizei mit Inlandsluftwaffe. Der vielsagende Name dieses aus Deutschland mitfinanzierten Wunderwerks: Aeroceptor. Ebenso vielsagend die Liste der daran beteiligten »Europäer«: Zu ihnen gehören das Israelische Ministerium für öffentliche Sicherheit, der israelische Konzern Rotem Technological Solutions (ein Unternehmen, das unter anderem chemische Produkte herstellt) und selbstredend der israelische Rüstungskonzern IAI, der »Heron«-Drohnen-Produzent. Staunenswert geistesschwach ist die (englischsprachige) Projektbegründung, zu finden auf der Website des EU-Informationsdienstes Cordis: Kriminelle und terroristische Banden verwendeten ihre Fahrzeuge zum Transport von Waffen, Drogen und zum Menschenschmuggel. Solche Transporte normal zu kontrollieren sei für die Polizei gefährlich und gelinge nicht effektiv genug. Deshalb seien neue Kontrollverfahren und Stopp-Methoden dringend erforderlich. Laut Cordis ist an dem EU-Projekt auch der französische Pyrotechnik-Hersteller Etienne Lacroix beteiligt. Das, so Telepolis, deute auf Konzepte hin, Fahrzeuge von Drohnen aus Leuchtraketen oder Schockgranaten zu beschießen und zu stoppen. Die deutsche Bundespolizei teste im übrigen in Spanien bereits Heron-Drohnen. Um die unvermeidlichen Kollateralschäden eines Drohnenbeschusses, so folgern wir, kümmern sich hernach Ärzte und Seelsorger. Wer aber hilft den Politikern, in deren Menschen- und Gesellschaftsbild solche Monstrositäten wuchern? Werden sie demnächst »Flüchtlingswellen« nicht nur beobachten, sondern mit »nicht-tödlichen« Waffen brechen wollen? Was haben wir als Reaktion auf vorgespiegelte Terrorismusgefahren noch zu gewärtigen? Kampfdrohnen auch im Polizeiarsenal? Kanzlerin Merkel blieb hier bisher unerwähnt, weil ihre Äußerungen zum Thema Innere Sicherheit intellektuell derart defizitär sind, daß sich der Aufwand des Zitierens nicht lohnt. Die bisherige Forschungsministerin Schavan ließ in Zusammenarbeit mit den USA »Methoden zum Aufspüren von Bedrohungen der zivilen Sicherheit« erforschen (s. »Ab mit Schavan«, Ossietzky 5/13). Innenkriegsminister Friedrich wünscht Drohnen für paramilitärischen Inlandseinsatz. Außenkriegsminister de Maizière beschafft todbringende Kampfdrohnen. Ein bienenfleißiges Kriegskabinett.
Erschienen in Ossietzky 7/2013 |
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