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Darin beklagte der jetzige Vizefraktionschef im Bundestag unter anderem, daß die Linkspartei »in wichtigen Debatten nicht präsent« sei und es vor allem um die »Rückgewinnung des Öffentlichen« gehe, um an anderer Stelle hinzuzufügen: »Wir haben auf die Finanzkrise, auf die zunehmende Kluft zwischen Reichtum und Armut, die soziale Ungerechtigkeit viele Antworten, waren aber nicht in der Lage, sie so zu kommunizieren, daß wir Gehör ... fanden.« Damit hat er den Nagel getroffen, allerdings nicht auf den Kopf, so daß sein Argumentationskonstrukt ziemlich schief geraten ist. Er übersieht eine Binsenweisheit: Parteien, so sie denn anziehend und erfolgreich sein sollen, bedürfen der Öffentlichkeit. Zwischen beiden aber stehen die Massenmedien. Wenn diese vierte Macht im Staat nicht oder nur ungenügend kommuniziert, wofür Parteien eintreten, dann bleibt die Wahrheit auf der Strecke, und die Bürger werden desinformiert. Auf keine Bundestagspartei trifft das so zu wie auf die Linke. Sie hat sich in alle politischen Debatten mit eigenen Positionen eingemischt, mehr noch, zu nicht wenigen brennenden aktuellen Problemen hat sie Vorschläge unterbreitet und zumeist Anträge in den Bundestag eingebracht, so unter anderem zur Einführung einer Millionärssteuer, eines gesetzlichen Mindestlohnes, einer Finanztransaktionssteuer, zum Verbot des Handels mit Giftpapieren der Banken, zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, zur Abschaffung der Hartz-Gesetze, zum Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sowie zur Einführung von Volksbefragungen auf Bundesebene. Alle Forderungen und Anträge wurden von den rosaroten, grünen, schwarzen und gelben Verteidigern der unsozialen und kriegerischen Politik abgelehnt, um neuerdings, vor allem von der SPD, plagiiert und als eigene Initiativen ausgegeben zu werden. Aber das eine sind Forderungen und Anträge, das andere ist das, was Bartsch das »Öffentliche« nennt, die Widerspiegelung der Positionen der Linkspartei in den meinungsbildenden Massenmedien. Diese gehen in ihrer Mehrheit mit der Linken, gelinde gesagt, stiefmütterlich, und, ungeschminkt formuliert, diffamierend um. Statt sachlich und objektiv zu informieren, ziehen sie es vor, hämisch über die tatsächlich unerfreulichen innerparteilichen Auseinandersetzungen und wochen- und monatelang über den uralten Porsche des Ko-Vorsitzenden Klaus Ernst und den Gebrauch des greulichen Wortes »Kommunismus« durch seine Partnerin im Parteivorsitz, Gesine Lötzsch, zu berichten. Von wenigen Ausnahmen abgesehen betrachten sowohl die öffentlich-rechtlichen als auch die privaten Medien die Linke als Bedrohung des kapitalistischen Systems, und so nimmt es nicht wunder, daß sie die rote Partei vorrangig schwarzmalen, sie diskriminieren. Zutreffend hat Oskar Lafontaine festgestellt, daß diese Benachteiligung vor allem im Vergleich zu den anderen Oppositionsparteien in vielen Fällen »nicht mehr nachvollziehbar« ist. Ein Beispiel für den »nicht mehr nachvollziehbaren« Umgang mit der Linkspartei lieferten die Medien zu Jahresbeginn mit ihrer Berichterstattung zu den Auseinandersetzungen über die Rente mit 67. Bereits vier Tage nach dem Start ihrer schrittweisen Einführung wurde der Rentenstreit neben dem Getöse um den Skandalbundespräsidenten zu einem medialen Spitzenthema. CSU-Chef Horst Seehofer stellte die Verlängerung der Lebensarbeitszeit für den Fall in Frage, daß es nicht gelinge, die Beschäftigungsmöglichkeiten für ältere Arbeitnehmer spürbar zu verbessern. Und die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles kündigte gar einen Gesetzentwurf an, der darauf zielen soll, die Rente mit 67 auszusetzen. Ein heftiger Streit für und wider diese Positionen entbrannte, an dem sich die Spitzenleute der Parteien beteiligten und über den alle Funk- und Fernsehstationen sowie Hunderte von Zeitungen ausführlich berichteten. Nur eine Partei, urteilte man nach den Medien, hüllte sich in Schweigen: die Linke. Tatsächlich aber hatte Klaus Ernst unmittelbar nach den Auslassungen von Seehofer und Nahles eine Erklärung abgegeben, die allerdings in keiner einzigen Zeitung, von Funk und Fernsehen ganz zu schweigen, auch nur erwähnt wurde. Wozu auch? War sie doch völlig inhalts- und damit bedeutungslos, was schon nachstehende Auszüge daraus zeigen. Klaus Ernst erklärte: »Die Linke hat bereits im Dezember im Bundestag gefordert, die Einführung der Rente erst ab 67 Jahre zu stoppen. Andrea Nahles und ihre SPD-Fraktion haben diesen Vorschlag abgelehnt ... Daß nun ausgerechnet die SPD auf den ›Seehofer-Zug‹ aufspringen will, ist schon beinahe beschämend, schließlich ist sie es doch gewesen, die die Rente erst ab 67 Jahre erfunden und durchgesetzt hat. Nötig wäre nicht eine Aussetzung der Rente erst ab 67 Jahre, sondern ihre Abschaffung – die Rente erst ab 67 ist und bleibt eine ganz brutale Rentenkürzung für neunzig Prozent der Bürgerinnen und Bürger ... Sollte die SPD dennoch einen Antrag zur Aussetzung der Rente erst ab 67 Jahren einbringen, werden wir uns diesem nicht verschließen – es bleibt aber klar, daß dies nur ein erster Schritt auf dem Weg sein kann, die Regelaltersgrenze dauerhaft wieder auf 65 Jahre zurückzuführen.« Diese Stellungnahme der Linkspartei wurde ausnahmslos von allen Medien verschwiegen. Dabei war es die Linke, die die Rentenreform von Anfang an entschieden ablehnte. Ihr im September 2006 in den Bundestag eingebrachter Antrag gegen die Rente mit 67 und die daraus resultierende weitere drastische Rentenreduzierung wurde von den anderen Parteien abgeschmettert, besonders lautstark von jenen, die jetzt mit Blick auf bevorstehende Wahlen vorsichtig zu einem zeitweiligen Rückzug blasen. Die Linke hat ein solches Manöver nicht nötig. Ihre Position hat sich als richtig erwiesen. Sie wird von der überwiegenden Mehrheit der Bürger geteilt, die allerdings dank der ach so umfassenden Medienberichterstattung häufig nicht weiß, daß es die Linkspartei war, die beharrlich und konsequent gegen die Rente mit 67 eingetreten war. Erneut bestätigte sich die goldene Regel der systemtreuen Medien: Alternativen, die stören, werden weggeschwiegen. Verschweigen ist die unauffälligste, aber zugleich zuverlässigste Form der Desinformation. Doch wo Bitternis und Klage sind, ist Trost nicht fern. Unsere Kanzlerin, »die stärkste Frau der Welt«, scheut sich nicht, selbst von solchen Großmächten wie China und Rußland immer aufs Neue Informations- und Meinungsfreiheit zu fordern. Mit Fug und Recht kann sie darauf hinweisen, daß diese Freiheit – und zu ihr gehört auch das Recht der Bürger, »sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten«, durch Artikel 5 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gesichert ist. Die Linke, der Liebling der Medien, kann es bezeugen.
Erschienen in Ossietzky 2/2012 |
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