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Merkels Phrase enthüllt, wie sehr es dieser Regierung an einem schlüssigen Konzept für den Umweltschutz mangelt. In eine umfassende Strategie müssten die unterschiedlichsten Bereiche einbezogen sein: die Energiewirtschaft, die Chemieindustrie, die Landwirtschaft, die Raumplanung, das Verkehrswesen samt Luftfahrt, der Außenhandel, die Entwicklungshilfe und nicht zuletzt der militärisch-industrielle Komplex. In allen diesen Bereichen ließen sich schwerste umweltschädliche Vorgänge abstellen und, bereichsübergreifend koordiniert, äußerst hilfreiche Schutzmaßnahmen vorgeben. doch wenn man alles, was umweltpolitisch möglich und durchsetzbar wäre, mit unserer realen Umweltpolitik vergleicht, dann erkennt man, dass die Bundesregierung sich auf ökologische Kosmetik beschränkt. Sie ist nicht einmal fähig, eine Gesamtstrategie für ihr umweltschützendes Kleinklein zu entwickeln. Deshalb geschieht viel, was ökologisch unvertretbar ist oder einfach nicht zusammenpasst. Steuernachlässe für weniger umweltschädliche Autos bei gleichzeitigem Neubau von Autobahnen, beispielsweise. Wer die vom Autoverkehr erzeugte Umweltbelastung verringern möchte darf nicht gleichzeitig die umweltfreundlichere Bahn privatisieren. Denn das treibt die Fahrpreise hoch und verhindert das »Umsteigen« vom Auto auf die Bahn. Klimabelastender Schadstoffausstoß in die Atmosphäre ist innerhalb bestimmter Grenzen unvermeidlich. Eine Regierung kann zwar einigen Luftverschmutzern die Überschreitung dieser Grenzen in beschränkten Umfängen und für festgelegte Zeitspannen erlauben. Aber sie muss das nicht kostenlos tun. Erlaubnisscheine (»Zertifikate«) an die Industrie zu verschenken und den Luftverschmutzern sogar noch zu ermöglichen, diese Konzessionen untereinander zu verhökern, das ist pervers. Wie so viele andere widerwärtige kapitalistische Praktiken wurde die Idee zum sogenannten Emissionshandel zwar in den USA geboren. Aber die Bundesrepublik ist inzwischen darin europäischer Spitzenreiter – ein weiterer Hinweis darauf, wie inhaltsleer Kanzlerin Merkels Kampfansage gegen den Klima»wandel« ist. . In den USA war in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die empörende Theorie konstruiert worden, es gebe »unter-verschmutzte« Staaten und Weltregionen, zum Beispiel in Afrika. Deren armutsbedingt ungenutzte »Rechte« auf eine für Industriestaaten übliche Schadstoffemission könne die Regierung in Washington doch preisgünstig aufkaufen und sie, in Form von Erlaubnisscheinen, an die US-amerikanischen Schmutzbarone verschenken. Mit solchen Papieren sei einträglich Handel treiben. In der Tat: Kaum begonnen, brummte das Geschäft. erst seit wenigen Jahren schöpft Washington daraus bescheidene Steuern ab. Das wirkt sich, wenn auch nur äußerst sachte, bremsend auf die Gesamtbilanz aller Schadstoffemissionen der USA aus. Bis 2005 blieben die USA das einzige Land, das Rechte zur Luftverschmutzung an seine Unternehmen verteilte und die Börsenspekulation mit den Scheinen erlaubte. Zertifikate wurden für den Bleigehalt im Benzin und für den Schwefeldioxid-Anteil in den Abgasen ausgegeben. mit SO2-zertifikaten wird heute weltweit gehandelt. Der globale SO2-Ausstoß soll damit bis zum Jahr 2010 um dürftige 35% sinken. Demgegenüber schaffte Deutschland – ohne Zertifikathandel, jedoch mit Verordnungen und Gesetzen – innerhalb von zehn Jahren eine SO2-Reduktion um 90 %. Der Grund für das effektive Vorgehen: Wegen der alarmierenden Szenarien von einem landesweiten »Waldsterben« infolge des »sauren Regens«, wegen drohender Probleme im Wasserhaushalt und unter dem Druck der Öffentlichkeit waren hierzulande gesetzgeberische Maßnahmen unumgänglich geworden. Gegen das SO2 haben wir inzwischen strikte Grenzwerte und wirksame Filtertechnik. Gegen die CO2-Emission, gegen den Klimakiller Kohlendioxid, haben wir außer dem Zertifikatgeschäft und ein paar Vorgaben für die Autoindustrie nur Sprechblasen regierender Politiker. Längst sind alle Versprechungen, Umweltverschmutzer gemäß Verursacherprinzip für die angerichteten Schäden Ersatz leisten zu lassen, Geschwätz von gestern. Der fortgesetzten Klimazerstörung wäre durchaus mit gesetzlichen Grenzwerten und Verboten zu begegnen. Das deutsche SO2-Beispiel beweist das. Der hierzulande mittels Grenzwert-Verordnungen durchgesetzte Umstieg vom verbleiten auf bleifreies Benzin dauerte nur fünf Jahre. Die USA benötigten für ihren mit Zertifikathandel geförderten gleichen Umstieg 23 Jahre. Das im Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht der Atmosphäre verabredete Verbot von sogenannten FCKW (die Fluorchlorkohlenwasserstoffe waren einmal Hauptbestandteil der Kühlmittel) führte in wenigen Jahren zum Ziel. Es hat zudem, wie eine neue Studie der Vereinten Nationen zeigt, als willkommene Nebenwirkung auch den Anstieg des Treibhauseffekts zu bremsen geholfen. Vom Klimaschutz reden und zugleich den klimaschädigenden Treibhauseffekt subventionieren: Das beschreibt objektiv die gegenwärtige Berliner Regierungspolitik. Einen dicken Schlussstrich unter die massive Subventionierung der Kohle-, Öl- und Gaswirtschaft zu ziehen wäre zwar der wirksamste Schutz vor dem Klimagau. Doch dieses Thema wird mit großem Bedacht aus dem politischen Diskurs herausgehalten. Auch Kanzlerin Merkel, die für ihre sonstigen vollmundigen Unverbindlichkeiten in vielen Mainstream-Medien bejubelt wird, denkt nicht im Traum daran, sich wegen der Subventionspolitik die Finger zu verbrennen. Lieber gibt sie den Schmutzpatron. den Umfang der Subventionen erfassen inzwischen ohnehin höchstens eine handvoll Experten. Die finanzpolitische Schmiersoße reicht von Steuernachlässen und Bürgschaften für Pipelineprojekte, Gas- und Ölfördervorhaben deutscher Konsortien über parlamentarisch nicht kontrollierte Zuschüsse zur Wirtschafts- und zur Forschungsförderung bis zur Subventionierung der umweltschädigenden Intensivlandwirtschaft. Sie reicht von Steuergeschenken an Flugzeugbauer bis zu den Militäroperationen im Ausland. (Die Bundeswehr außerhalb unserer Landesgrenzen in der Erdölregion Krieg führen zu lassen, hat nicht nur grundgesetz- und völkerrechtswidrige, nicht allein friedens- und menschenfeindliche Implikationen, sondern auch erheblich umweltschädigende Effekte. Man denke hier vor allem an den ungeheuren Energieverbrauch bei Produktion militärischer Güter und im militärischen Betrieb). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass allein die Abschaffung aller Energiesubventionen bis 2050 einen Rückgang der CO2-Emissionen um 18 % ergäbe. Das wäre schon mehr, als vom – leider auch im Kyoto-Protokoll verankerten – schmutzigen Zertifikathandel an Reduzierung erwartet wird: max.15 %). Das Kyoto-Abkommen verlangt aber immerhin, alle Subventionen und Zölle abzuschaffen, die dem Klimaschutz entgegenwirken. Dem Kapital macht diese Forderung keine Sorge. Angela Merkel und ihre G8-Gipfelgäste garantieren, dass sie folgenlos bleibt.
Erschienen in Ossietzky 11/2007 |
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