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Das wird auch nicht zu mehr Arbeitsplätzen führen.« Jetzt aber ziehen er und seine Kampfgenossen für das Nichtdarstellbare in die Schlacht um die Wähler. Der Bundesvorsitzende Beck spricht sich für die Einführung eines Mindestlohnes in Höhe von etwa sieben bis acht Euro aus: »Wer voll arbeitet, muß davon anständig leben können«, ruft er bei jeder Gelegenheit ins Land. Bundesarbeitsminister Müntefering fordert gegenüber dem Koalitionspartner CDU ebenfalls einen »generellen Mindestlohn«, der für ihn die »Idealvorstellung« sei. Auch der Vizevorsitzende der Partei und Finanzminister von Sachsen-Anhalt, Bullerjahn, kämpft mit. Selbst ins Neue Deutschland ist er vorgedrungen. Sein Foto schmückte kürzlich die Gastkolumne auf Seite 1. Darin beklagte er, daß im Gegensatz zu Neuseeland und Australien, die bereits am Ende des 19. Jahrhunderts als erste Länder einen Mindestlohn eingeführt hätten, dies »in der Bundesrepublik auch 100 Jahre später noch nicht geschehen« sei. Mindestlöhne seien auch für Ostdeutschland »von erheblicher Bedeutung«. Ähnlich äußert sich neuerdings der gewesene 100-Tage-SPD-Chef und Ministerpräsident von Brandenburg, Platzeck. Sie alle gehören zu den ersten Unterzeichnern des SPD-Aufrufs »Politik für gute Arbeit – Deutschland braucht Mindestlöhne«, in dem Armutslöhne als ungerecht und unsozial angeprangert werden. Dafür sammelt die SPD nun bundesweit Unterschriften. Der Text ist so schön, daß selbst Lafontaine, Gysi und alle Abgeordneten der Linken im Bundestag ihn flugs unterschrieben, was die Initiatoren nicht sonderlich erfreute. Noch ärgerlicher aber war für sie, daß die Linken den Wortlaut des Aufrufs als Antrag ins Parlament ein- (s. Ossietzky 9/2007) und damit die SPD-Parteiführung in Bedrängnis brachten. Was tun? Nach längerer Beratung hinter verschlossenen Türen kam der rettende Einfall. Als der Antrag im Bundestag aufgerufen wurde, verwies die Mehrheit ihn in die Ausschüsse. Dort konnte noch jede Initiative zur Verbesserung der sozialen Lage hin- und hergewendet, zerredet und beerdigt werden. Schließlich muß die SPD nicht auf die Lage der Armutslöhner, sondern auf ihren Partner in der Großen Koalition Rücksicht nehmen. Sie würde zwar gern zu ihrem Wort stehen, aber leider, die Verhältnisse, die sind nicht so. Und um ganz sicher zu gehen, sorgte die SPD-Fraktion dafür, daß der Punkt im Ausschuß für Arbeit und Soziales abgesetzt wurde, zumindest bis nach der Wahl in Bremen. Der Vizechef der Linksfraktion, Ernst, charakterisierte diesen Trick als »verlogene Politik«. Nicht weniger zornig hatte sich der Ko-Vorsitzende der Fraktion, Lafontaine, bereits in der Plenardebatte an die SPD-Abgeordneten gewandt: »In Deutschland diskutieren wir schon viele Jahre über den gesetzlichen Mindestlohn. Es wird geschwätzt, geschwätzt und geschwätzt, aber nichts geschieht ... Sie schaden den Menschen, die zu Hungerlöhnen arbeiten, wenn Sie nicht endlich wahrhaftig werden und dem Mindestlohn zustimmen und damit Ihrer eigenen Erklärung folgen. Wer der eigenen Erklärung nicht zustimmt, macht sich lächerlich.« Wie lächerlich, das hatte sich zuvor besonders anschaulich im Brandenburger Landtag gezeigt. Dort hatte die Linksfraktion den Aufruf der Bundes-SPD ebenfalls wortgleich als Antrag eingebracht und mit der Forderung verknüpft, in seinem Sinne gegenüber der Bundesregierung aktiv zu werden. Das brachte den SPD-Fraktionschef Baaske so in Rage, daß er die Contenance verlor und das Vorgehen der Linken als »infam« und »extrem verlogen« sowie als »ein böses Spiel« bezeichnete. Wörtlich erklärte er: »Der Antrag ist gut, denn er fußt auf unserem Aufruf. Wir werden ihn ablehnen.« Letzteres geschah und bestätigte, daß sich die SPD in den vergangenen Jahrzehnten wenig verändert hat. 1928 hatte sie im Reichstagswahlkampf Seife mit dem Aufdruck: »Wählt SPD« verteilen lassen. Auf dem dazugereichten Flugblatt stand: »Nimm dieses Stückchen Seife, auf daß es Dich erfreu’, und schenke Deine Stimme der SPD-Partei.« Daraufhin schrieb Tucholsky seinen bekannten Text, der als »Seifenlied« die Runde machte: »Wir haben unsere Brüder mit Wahlkampfseife bedacht. Das tun wir das nächste Mal wieder; es hat sich bezahlt gemacht... Wir schlagen Schaum. Wir seifen ein. Wir waschen unsere Hände wieder rein.« Mit so sauberen Händen wird die SPD das eingeseifte Volk bei nächster Wahlgelegenheit wieder bequem über den Löffel barbieren können. Und die Linke kann darauf warten, die SPD wenigstens vorführen zu können.
Erschienen in Ossietzky 10/2007 |
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