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Crawford den Grundstein für Beamish & Crawford. 1995 wurde das traditionsreiche Unternehmen mit der größten britischen Brauerei, Scottish & Newcastle, verschmolzen. Stolz sind die Firmenangehörigen vor allem auf die vielen internationalen Auszeichnungen ihres Beamish Stout. Auch das ausschließlich in Cork gebraute Beamish Red ist nicht zu verachten. Die Murphy Brewery am Lady's Well in Cork ist zur Zeit Irlands modernste Brauerei. Sie wurde 1856 von den Brüdern James J. und Francis J. Murphy gegründet. Das rabenschwarze, nach Toast, Kaffee und ein bitterer Schokolade duftende Murphy's Irish Stout etablierte sich im 19. Jahrhundert zunehmend als geschätzte Alternative zum Stout des Marktführers Guinness. Als in den 1970er Jahren Lager- und Pilsbiere in Irland immer beliebter wurden – inzwischen trinken die Iren mehr hellen als dunklen Gerstensaft – nahm Murphy & Co. in Lizenz die Produktion des untergärigen Heineken-Biers auf. 1983 wurde die Brauerei von dem Konzern Heineken NV übernommen. (Seitdem sind die vier bekanntesten Brauereien der Republik Irland – Guinness, Beamish & Crawford, Smithwick und Murphy – nur mehr Produktionsstätten multinationaler Konzerne.) Dort, wo in Cork früher das mittelalterliche Zentrum florierte, gleich gegenüber dem markanten Fachwerk-Hauptgebäude von Beamish & Crawford, lockt das Pub »An Spaílpin Fánach«, 29 South Main Street. 1779 gegründet, verfügt dieses Lokal über eine der ältesten Konzessionen in Cork. Der irische Name lautet übertragen: »Dem wandernden Landarbeiter«. Mehrere miteinander verbundene Räume mit unverputzten Steinwänden sowie ein kleines snug (Separee) werden von einer zentralen Theke aus bedient. »An Spaílpin Fánach« offeriert eine Fülle von Bieren verschiedener Sorten: Beamish Irish Stout natürlich, aber auch das Beamish Red Ale und das Kilkenny 1710; Guinness ist ebenso im Ausschank wie Murphy's Irish Stout, hinzu kommen diverse Lager- und Pilsbiere. Mittags gibt es handfeste irische Gerichte und Sandwiches; traditionelle irische Musik mit entsprechend guter Stimmung (craic, wie die Iren sagen) wird vor allem freitags geboten. Live-Musik bietet auch das urgemütliche Pub »Sin É«, 8 Coburg Street. Die Kneipe hat seit 1888 eine Ausschanklizenz und erfreut sich regen Zuspruchs von jungen wie nicht mehr ganz jungen Gästen. Das von rot gestrichenen Wänden und grünledernden Sitzbänken sowie von unzähligen Fotos geprägte Interieur wirkt so einladend wie originell. »Dan Lowrey's Tavern«, 13 MacCurtain Street, lohnt besonders bei knurrendem Magen einen Besuch. Das kleine Wirtshaus mitten im Herzen Corks – gleich neben dem Everyman Theatre – besteht seit 1897 und besticht seitdem durch seine schöne Einrichtung und die Buntglasfenster aus dem Dom von Kilkenny. Der deutsche Schriftsteller Ralph Giordano beschreibt die Taverne in seinem 1996 erschienenen irischen Tagebuch akribisch. Da heißt es u.a.: »Dunkle Holztäfelung; Bänke an der Wand, mit Blumenmustern überzogen, gobelinhaft; hinter der Theke eine ausladende Phalanx auf dem Kopf stehender Flaschen; alte Petroleumlampen mit elektrischen Kerzen, nostalgische Werbeplakate, damals ›Reklame‹ genannt – ›Player's navy cut cigarettes, mild and medium‹ auf einem Riesenspiegel. Vergilbte Guinness-Plakate, Postkarten längst vergangener Zeiten – ›Good luck in your new job‹. [...] Nach hinten, ›Welcome‹ über dem Eingang, ein zweiter, kleinerer Raum. Flackernder Kamin; eine Wanduhr mit römischen Ziffern und rasch hin- und herschlagendem Pendel [...]. An der Theke sind alle Hocker besetzt, ich sehe nichts als Bier, helles und dunkles.« Nahe der Patrick Bridge erinnert die Father Matthew Statue an einen berühmt berüchtigten »Apostel der Mäßigkeit«. Der Kapuzinerpater Theobald Matthew (1790-1861) war als junger Mann vom Priesterseminar geflogen, weil er auf seinem Zimmer Trinkgelage veranstaltet hatte. Die von ihm in den 1830er Jahren aus der Taufe gehobene Abstinenzlerbewegung führte – auch mit protestantischer Unterstützung – einen zunächst erfolgreichen antialkoholischen Kreuzzug; da der Father aber die Ehrenmedaillen für bewährte Abstinenzler nicht bezahlen konnte, landete er im Gefängnis und so schlief die Bewegung wieder ein. Die St. Patrick's Street war bis 1800 ein Wasserweg; heute ist sie die Hauptschlagader der Stadt. Wer nun gern eine Pint Stout oder auch einen guten Whiskey trinkt, ist in diesem ehemaligen Hugenottenquartier gut aufgehoben in einer Bar, deren Treppen noch an die Zeit erinnern, als hier Boote anlegten: »Le Château«. Hier kehrte auch der irische Bühnenautor Brendan Behan nach seinem USA-Besuch zu Beginn der 1960er Jahre mit seiner Frau Beatrice ein. Während Behan den Journalisten des Irish Examiner Rede und Antwort stand, erhielt Beatrice als erste Frau in der Bar einen drink – damals waren Frauen in Pubs eigentlich noch verpönt. Wenn ein Pub mit »Tea and Wine Merchants« überschrieben ist, dann ist das ein sicheres Zeichen dafür, daß es früher mehrere Funktionen erfüllte. »Henchy's«, 40 St. Lukes, besteht seit 1884 und vermittelt das wunderbare Gefühl, daß sich hier seit Generationen so gut wie nichts geändert hat. Gutes Tischlerhandwerk und ein solider Tresen dominieren das viktorianische Interieur. Wer ein wohlgezapftes Beamish oder Murphy's Stout genießen möchte, wird hier hinter Buntglasfenstern bestens bedient. Das Pub liegt auf einer Anhöhe (immer die steile Summerhill Road hinauf) und gewährt eine gute Aussicht über die Stadt. Hin und wieder finden hier auch Dichterlesungen statt. Übrigens lebten zu Beginn des 20. Jahrhunderts gleich zwei aus Cork gebürtige Meister der sozialkritischen Kurzgeschichte in der näheren Umgebung: Sean O'Faolin (1900-1991) und Frank O'Connor (1903-1966). In O'Connors Geschichte »Das Opferlamm« zieht es einen Vater nach einer Beerdigung in die Kneipe. Sein ihn begleitender Sohn versucht sich als Bremsklotz: »›Pappi‹, sagte ich, ›können wir jetzt heimgehen?‹ ›In einer Minute!‹ erwiderte er und strahlte mich an. ›Sicher bist du durstig vom weiten Weg. Wir wollen eine Flasche Limonade bestellen, und dann gehen wir.‹ Das war Bestechung! Ich wußte es – aber als Kind hatte ich stets einen schwachen Charakter. Mein Vater bestellte zwei Glas Bier und eine Flasche Limonade. Ich goß mir die Flasche Limonade auf einen einzigen Zug in die Kehle. Nicht so mein Vater. Er hatte lange, entsagungsvolle Monate hinter sich. Jetzt holte er seine Pfeife hervor, blies hindurch, stopfte sie und zündete sie dann laut paffend an, wobei ihm die Augen fast aus dem Kopf quollen. Dann kehrte er seinem Glas Porter absichtlich den Rücken, stützte den Ellbogen in einer Weise auf die Bartheke, als müsse er dem Bier seine Verachtung bezeugen, wischte sich zimperlich die Tabakskrümel von den Händen und begann eine endlose Salbaderei über Beerdigungen, denen er in seinem Leben schon beigewohnt hatte.«
Johann-Günther König, vielgereister Bierkenner, hat im Insel Verlag ein Buch über »Irish Pubs« vorgelegt (316 Seiten, 10 Euro).
Erschienen in Ossietzky 3/2006 |
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