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DuMont Schauberg selbst betreffenden Themen nach meinem Wissen gegen diesen Grundsatz verstießen, beschwerte ich mich am 15. Februar bei dieser Institution, die mir bislang als respektabel erschienen war. Thema 1 meiner Beschwerde war die Darstellung der Stadt- und der Verlagsgeschichte während der NS-Zeit in einer unter dem Titel "Als Köln braun wurde" kostenlos unter anderem an Schulen und im NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln verteilten Extra-Ausgabe des Express zum 70. Jahrestag des 30. Januar 1933 sowie zuvor in der Jubiläumszeitung "200 Jahre Verlag M. DuMont Schauberg" vom Sommer 2002. Das Express-Sonderblatt bot auf 16 Seiten umfangreiche und fürs Kölner Publikum spannende Enthüllungen über Prominente aus Karneval, Kultur, Politik und Wirtschaft, die sich bei den Nazis angebiedert hatten. Einige Beispiele: "1933 tritt Karnevalist Liessem in die NSDAP ein..." - "Kraft durch Freude... heißt die NS-Freizeitorganisation. Auch Willy Millowitsch geht für diese Einrichtung auf große Tournee." - "Ideologisch verbeugt sich das Hänneschen (-theater, P.K.) vor den Nazis - und führt antisemitische Stücke auf." Und Bankier Kurt Freiherr von Schröder "hat sich eingekauft in die Nazizeit". Die eigene Rolle wurde mit nur 17 Zeilen abgehandelt. "Auch der Verlag M.DuMont Schauberg gerät ins Wanken: Stadt-Anzeiger und Kölnische Zeitung werden vom Westdeutschen Beobachter mit Dumpingpreisen in die Knie gezwungen, die Abonnenten eingeschüchtert. Im September 1933 legt der Verlag beide Zeitungen zusammen - die gemeinsame Auflage war von 170 000 auf 65 000 gesunken. Am 31. Mai 1941 wird auch die Kölnische Volkszeitung eingestellt, die Nazis haben jetzt das Informationsmonopol." Letzteres sei "unwahr und deshalb ein Verstoß gegen Ziffer 1 des Pressekodex", schrieb ich in meiner Beschwerde. "Tatsache ist, daß Kurt Neven DuMont... die Volkszeitung für 23 Reichsmark pro Abonnenten" aufkaufen und seinem Stadt-Anzeiger einverleiben konnte. "Tatsache ist weiter", daß Stadt-Anzeiger und Kölnische Zeitung "1936 eine Auflage von 180 000 hatten", der Westdeutsche Beobachter etwa 240 000. Unterschlagen worden sei, daß "Verleger Kurt Neven DuMont 1937 in die NSDAP eingetreten ist" und daß er "im Sommer 1944 vom Reichspropagandaministerium mit dem Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern ausgezeichnet wurde, das auch Adolf Eichmann erhielt". Die Nazis waren mit DuMont so zufrieden, daß seine Kölnische Zeitung sogar an die Frontsoldaten versandt wurde. Sie erschien bis zur Befreiung 1945 mit dem Stadt-Anzeiger als lokaler Beilage. Daneben produzierte der Verlag die Kölnische Illustrierte Zeitung und den Sonntag Morgen. "Nach dem 2. Weltkrieg durften die Inhaber ihr eigenes Verlagshaus nicht mehr betreten... Ein zweites Mal in einer Generation schien die Verlagsgeschichte beendet", klagte Kurts Sohn Alfred Neven DuMont in der Jubiläumsausgabe, in der ein ehemaliger Lokalchef des Kölner Stadt-Anzeiger die Geschichte des Hauses ähnlich, aber ausführlicher schöngeschrieben hatte als der Express. "Unterschlagen" werde damit vom derzeitigen Verleger, "daß die Alliierten dem Verlag mit Recht 1945 keine Lizenz erteilten. Die Gründe dafür wurden oben ausführlich dargelegt", hieß es abschließend in meiner Beschwerde. Für diese und weitere Fälschungen erhielt der Presserat auf Wunsch umfangreiches Beweismaterial nachgereicht, u.a. eine Kopie des Nachrichtenblatt des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda Nr. 23 vom 18. August 1944. Ergebnis: Am 23. Juli teilte mir Manfred Protze als Vorsitzender des Beschwerdeausschusses mit, dieser habe sich am 15. 7. mit meiner Beschwerde "befaßt und ist zu dem Ergebnis gekommen, daß sie nicht begründet ist". Denn: "Der Vorwurf des Verstoßes gegen den Wahrheitsgrundsatz ist aus Sicht des Beschwerdeausschusses nicht begründet. Das Nicht-Erwähnen zusätzlicher Informationen ist nicht gleichbedeutend mit einem verfälschenden Weglassen. Eine Falschdarstellung im Sinne des Pressekodex kann daraus nicht ohne weiteres abgeleitet werden." Doch es kam noch dicker. Thema 2 meiner Beschwerde war "das den Tatsachen nachweisbar widersprechende Eigenlob" des Kölner Stadt-Anzeiger im Zusammenhang mit dem Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage (vgl. Ossietzky 13/03). In der Jubiläumsausgabe hatte die Lokalredaktion behauptet, am 4. März 2002 "mit geballten" Informationen dafür gesorgt zu haben, "daß acht Wochen später in der Kölner SPD-Fraktion kein Stein mehr auf dem anderen liegt". "Unterschlagen" werde hier, hieß es dazu in meiner Beschwerde, "daß der Kölner Autor Werner Rügemer" seit Oktober 1995 immer wieder neue Fakten über die "typisch korruptive Situation" vor Genehmigung des Milliardendings in kleinen linken Blättern veröffentlicht hatte. Diese hätten die Stadt-Anzeiger-Redakteure die ganzen Jahre hindurch nicht aufgegriffen und wohl deshalb nicht aufgreifen dürfen, weil der Verlag "durch großflächige Anzeigen der AVG" (Abfallentsorgungs- und Verwertungsgesellschaft) "honoriert" wurde. Der Beschwerdeausschuß ließ mich wissen, er sehe meine Beschwerde hierzu "ebenfalls als unbegründet an". Meine Kritik habe "nach Ansicht des Ausschusses auf die Erwägungsgründe bei der Wächterpreisverleihung" gezielt, teilte mir der Vorsitzende Protze am 31. 7. dazu ebenso kurz wie falsch mit. Mein Hinweis per e-mail vom selben Tag, daß in meiner Beschwerde vom Februar kein Wort vom "Wächterpreis der Tagespresse" gestanden hatte (mit dem sich der Kölner Stadt-Anzeiger schamlos für seine angeblichen Verdienste bei der Aufklärung des Skandals auszeichnen ließ), weil der zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht verliehen worden war, blieb bislang ohne Antwort. Gilt Ziffer 1 des Pressekodex für den Presserat ebenso wenig wie für die Blätter des viertgrößten Tageszeitungsverlages dieser Republik?
Erschienen in Ossietzky 19/2003 |
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