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Er kam nach Izamal, einem anderen Landstädtchen, wo die "unbefleckte Jungfrau" verehrt wird, mit der ihn bekanntlich tiefe Liebe verbindet. Für sie hielt er vor etlichen Zehntausenden von Gläubigen eine Messe, in der er für die "Entdeckung des südamerikanischen Kontinents durch die Europäer" und die "Missionierung der einheimischen Bevölkerung" seinem Gott dankte. In dieser Geschichte spielten die Franziskaner von Izamal eine große Rolle. Sie veranstalteten nämlich in ihrem Bekehrungseifer im Jahre 1562 in Mani eines der größten Verbrechen in der an Verbrechen reichen Missionsgeschichte des Christentums: die Auslöschung fast der gesamten Maya-Kultur und die Beseitigung der Oberschicht dieses Volkes in einem gewaltigen Autodafé. Einpeitscher war der Franziskanerpater Diego de Landa, der mit der Missionierung und Inquisition in Yukatan beauftragt war. (Apropos Autodafé: Dieses spanische Kunstwort kommt vom lateinischen "actus fidei" (Glaubenshandlung) und bedeutet die feierliche Vollstreckung eines Inquisitionsurteils, in der Regel den Feuertod nach einem Gottesdienst, wie das Brockhaus-Lexikon lehrt. In den theologischen Lexika kommt das Wort Autodafé in der Regel nicht vor, nicht einmal in der inzwischen auf 34 Bänden angewachsenen "Theologischen Realenzyklopädie".) Eine Gedenktafel, die ein Geschichtsverein der Maya herstellen ließ, berichtet: "Hier in diesem Ort Mani, im Jahre 1562, führte Fray Diego de Landa auf dem Vorplatz des Konventes der Franziskaner das verdammenswerte Autodafé durch, bei dem mehr als 10 000 Indios umkamen. Man zerstörte 5000 Götterstatuen (idolos) von unterschiedlicher Form und Größe, 13 große Steine, die als Altäre dienten, 22 kleine Steine, die für religiöse Zwecke gebraucht wurden, 27 hirschlederne Schriftrollen mit Hieroglyphen, die das historische Verzeichnis der Kultur und Zivilisation der Mayas enthielten, und 197 Gefäße für den religiösen Gebrauch. Dieses alles wurde zerstört auf einem riesigen Scheiterhaufen der Inquisition. Und noch nach vielen Jahrhunderten weint der Indio in der Stille der Nacht; das ist die Geschichte, die er von seinen Vorfahren gehört hat, in der man von der Zerstörung des letzten Reiches der Tutul-Xiu erzählt, das in dieser Provinz von Mani bestand." Nach Jahrhunderten weint der Papst zwar nicht über das, was in Mani geschah; aber der Boden dort ist für ihn immer noch zu heiß, so daß er nur bis Izamal kam. Doch auch dort wie in allen anderen Orten Mexikos haben einst die christlichen Konquistadoren, von denen Hernando Cortez, Juan Zumarraga und eben Diego de Landa die auffälligsten waren, Verbrechen begangen. Cortez begann seine Tätigkeit zur "Ausbreitung des christlichen Glaubens" in Mexiko im Jahre 1519. Das katholische Herder-Lexikon preist ihn als "willensstarken", "genialen Feldherrn", der "tiefreligiös" war mit der besonderen Ausprägung "habgierig" und "verschlagen". Seine tiefe Religiosität ließ ihn einige Zehntausend Indios ermorden Zumarraga war erster Bischof von Mexiko und zugleich Inquisitor der Provinz. Da er nicht so viele Menschen ermorden ließ, wie seine Kirche es eigentlich von einem Inquisitor erwartete, nennt ihn das Biographisch-Bibliographische Kirchenlexikon den "Begründer des neuspanischen Humanismus"; zugleich erwähnt es, daß er "keine Rücksicht auf die vorgefundene Kultur nahm, die er zerstören ließ". Der gegenwärtige Papst stellte ihn an die "Spitze der großen Gestalten von Verkündigern der Frohen Botschaft". Der Dritte im Bunde dieser unheiligen Trinität ist de Landa. Wie der alttestamentliche Elia, der 450 "heidnische" Priester persönlich abschlachtete und dadurch zu einem Liebling seines Gottes wurde, so war auch de Landa von Eifer gegen alles "heidnische" Wesen getrieben. Nur vier alte Maya-Handschriften entgingen seinem Vernichtungswerk, und zwar dadurch, daß spanische Söldner sie als Beutegut heimlich entwendeten. Eine dieser Handschriften fand ihren Weg nach Dresden, wo sie heute als "Codex Dresdensis" ein Kleinod in der Sächsischen Landesbibliothek ist. Viele Gefangene mußte er freilassen, bevor er sie hätte verbrennen können. Das bewirkte sein vorgesetzter Bischof, dem das Massenmorden seines "Bruders" unheimlich geworden war. Der Bischof veranlaßte auch, daß das Autodafe an höchster Stelle in Spanien überprüft wurde. Dafür verfaßte Landa als Rechtfertigungsschrift seinen "Bericht aus Yukatan" (1990 bei Reclam in Leipzig erstmals in deutsch erschienen), in dem er ausführlich die Kultur, das Alphabet und die astronomischen Kenntnisse der Mayas darstellte und hinzufügte, all das sei Aberglaube, "Täuschungen des Teufels", die ausgerottet gehörten. Damit überzeugte er seine Richter: Landa wurde freigesprochen und bald danach mit dem Bischofstitel für Yukatan belohnt. Von den elf Millionen Indios, die bei der Ankunft der Spanier in Mexiko lebten, waren da nur noch 1,5 Millionen übrig. Anzumerken ist, daß in Izamal ein Denkmal für Landa errichtet wurde. Die Rechtfertigungsgründe, die er für seine Verbrechen vorbrachte - die "christlichen Werte" müßten gegen alle fremden, die des Teufels seien, durchgesetzt werden - überzeugen die Glaubenswächter auch heute noch. Gegenwärtig sprudeln sie aus dem Munde z.B. des römischen Kardinals Ratzinger, wenn er die Homosexualität verdammt. Er weiß zwar, daß er zur Zeit nicht einfach Scheiterhaufen aufbauen lassen kann, aber zurückverwandeln möchte er die unchristlich gewordene Gegenwart schon - in die Zeit der Cortez und der Landas. Dabei, so fordert er, sollen ihm die Politiker mit dem "christlichen Gewissen" helfen. Er weiß nämlich: Ein echtes christliches Gewissen wird vor einem solchen Kampf nicht zurückschrecken - wie 1562.
Erschienen in Ossietzky 19/2003 |
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