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Nach einem Bericht des englischen Guardian kann auch die Tötung der beiden Söhne Saddam Husseins simuliert werden. Der Spieler schießt mit eben der Munition, wie sie im Irak zum Einsatz kam. Waren bei der Gestaltung dieses Spiels Militärveteranen beratend tätig, so kooperieren die Herstellerfirmen in vielen anderen Fällen direkt mit der US-Army. Am Forschungsinstitut Modeling, Virtual Environments and Simulation der Naval Postgraduate School der US-Marine wurden ähnlich wie in dem seit 1999 von der US-Armee finanzierten Sonderforschungsbereich der University of Southern California mit dem Namen Institute of Creative Technologies Spiele wie "Soldiers" oder der Egoshooter "Operations" produziert, mit dem zugleich Rekruten geworben wie "ganz normale Menschen unterhalten werden sollen". 1,2 Millionen CD-ROMs mit dem Spiel wurden über Computerspielzeitschriften verbreitet. Frei über das Internet zugänglich ist auch die Kriegssimulation "Americas Army"; dabei registriert die US-Armee alle Spieler mit Usernamen und E-Mailadresse und speichert ihre Fortschritte, denn das Spiel dient ihr gezielt zur Rekrutenwerbung. Die Spieler erhalten eine spezifische Laufbahnausbildung (z.B. als Scharfschütze oder Fallschirmspringer) und lernen militärischen Gehorsam: Gefeuert wird nur auf Befehl; wer dagegen verstößt, dem droht - wenn auch nur virtuell - die Einzelzelle. Das Interesse des Militärs an Computerspielen wächst, denn Simulation wird schon seit Mitte der 1980er Jahre zunehmend in die Soldatenausbildung einbezogen. Spiele wie "Counterstrike", die als Online-Shooter eine Gemeinde von mehr als zehn Millionen Mitspielern erreichen, führen nach neurowissenschaftlichen Forschungen zu erhöhter visueller Aufmerksamkeit. Daß auch bisherige Nichtspieler nach zehntägiger Übungszeit mehrere Objekte gleichzeitig auf dem Bildschirm wahrnehmen konnten, interessiert die Militärs, die ihre Spezialeinheiten bisher mit Actionvideos schulten, damit sie unbekanntes Territorium schnell sondieren lernten. Institutionalisierte Zusammenarbeit zwischen Spielzeugindustrie und Militär wird vom National Research Council organisiert, der die US-Regierung in wissenschaftlichen und technologischen Fragen berät. Angehörige des Verteidigungsministeriums und Vertreter der Spiele-Industrie treffen sich regelmäßig auf Konferenzen. Zu den Ergebnissen dieser Gespräche gehört auch ein Auftrag an die Firma MÄK Technologies in Cambridge, Mass., deren Spiel "Marine Expeditionary Unit" sowohl kommerziellen wie militärischen Zwecken dienen soll. In vielen Computerkriegsspielen werden Schlachten des Zweiten Weltkrieges geschlagen. Mit "Medal of Honor" und "Battlefield 1942" der Herstellerfirma Publisher Electronic Arts kann man den Zweiten Weltkrieg und einzelne Ereignisse wie die Invasion in der Normandie virtuell erleben. Wegen des großen Markterfolgs wird derzeit für Erweiterungen und Fortsetzungen geworben, so in der Zeitschrift PC Action: "Ein Muß für alle Frontschweine". Daß sich unter den Mitspielern auch viele Rechtsradikale finden, kann kaum überraschen; auf der deutschen Fanseite von "Battlefield 42" teilen sie die Begeisterung für Waffentechnik und Soldatenhandwerk mit Unpolitischen und Militaristen. Auf US-amerikanischen Websites ist auch der Weg zu Waffenverkäufern und Waffen-Assoziationen nicht weit. Und die enger werdende Symbiose zwischen Militärs und Teilen der Software- und Spielwaren-Industrie zeigte sich besonders deutlich auf der Electronic Entertainment Exposition 2002. Auf dem Messegelände in Los Angeles warben US-Soldaten für zwei Computerspiele, die von der US-Armee als Rekrutierungsspielzeug auf den Markt gebracht worden waren. Am Gelände waren Panzer aufgefahren, die eine militärische Kontrolle symbolisierten. Die Initiative zur militärisch-kulturindustriellen Kooperation geht nicht nur vom Militär aus: Die Platinum Studios in Hollywood haben vor einigen Monaten den ehemaligen US-Oberst John B. Alexander, derzeit Berater des US Special Operations Command, unter Vertrag genommen. Alexander ist durch zahlreiche Artikel und Bücher über psychologische Kriegsführung und als "technischer Berater" von Drehbuchautoren wie Tom Clancy bekannt. Neben seinem Spezialwissen über Waffen verfügt er über beste Kontakte sowohl zum Pentagon als auch nach Hollywood und gilt damit als eine der zentralen Vermittlungsfiguren in diesem Geschäft, in dem sich Militarisierung des Alltags und Profitstreben miteinander verbinden. Der Vietnam-Veteran und geistige Vater sogenannter "nicht-tödlicher Waffen", wie sie auch von Sondereinsatzkommandos der deutschen Polizei in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen getestet werden, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Technologien "für den Kampf gegen Terroristen und gewaltbereite Zivilisten über Filme, Fernsehen und Spiele ins Bewußtsein der Bevölkerung zu heben". Die Platinum Studios arbeiten nun, so Olaf Arndt in der Süddeutschen Zeitung, gemeinsam mit Gameboy-Firmen und dem erwähnten Ex-Oberst Alexander daran, vor allem Kinder anzusprechen: "Hulk und Supermario wüten im virtuellen Afghanistan und stärken den Nachwuchs mit digitalem Survivaltraining. Das Lernziel ist eine Art Bewußtsein virtueller Bedrohung, in dem schon Kinder als Sonderermittler auftreten." Zwischen Lernzielen und dem, was das einzelne Kind aus medialen Angeboten macht, können Welten liegen; doch die fortschreitende Militarisierung fordert auch und gerade in ihren scheinbar banalsten Formen Protest heraus. Dies ist der vierte Teil der "Militainment"-Serie von Tanja Thomas und Fabian Virchow; die vorangegangenen Teile stehen in den Ossietzky-Heften 16, 17 und 18/03.
Erschienen in Ossietzky 19/2003 |
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