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Es war das mit vielen geteilte Gefühl der Ohnmacht vor den tagtäglichen Nachrichten über eine in Gang gesetzte Kriegsmaschinerie, scheinbar nicht mehr aufzuhalten trotz eindringlicher werdender Stimmen der Vernunft aus aller Welt, aus allen politischen Lagern, das mich bewog, mich einer Friedensdelegation in den Irak anzuschließen. Es war die Skepsis gegenüber unseren regierenden Politikern, ob sie bei ihrem versprochenen Nein zu dem Angriffskrieg bleiben werden. Auch sie will ich in Gesichter aus dem Irak sehen lassen. Wir forderten sie nach der Rückkehr auf, selber zu den durch Kriege und Sanktionen Verelendeten zu fahren, bevor sie entscheiden. Die Mehrheit der Menschheit will diesen Krieg nicht, will keinen Krieg. Und es war mein Wunsch, den Irakis zu vermitteln, daß sie nicht allein sind. Vor allem bewog mich der Reisebericht der österreichischen Ärztin Eva-Maria Hobiger (s. Ossietzky 23/2002). Mit meinem authentisch Erlebten hoffe ich ihr besser helfen zu können, das Ende der Sanktionen zu erzwingen, die gegen die Ärmsten der Gesellschaft am härtesten wirken. Als wir das Mutter-Kind-Krankenhaus in Basra besuchten, hatte dort gerade der Probelauf einer mit ihrer Hilfe beschafften Blutzentrifuge stattgefunden, ein Ereignis, auf das man lange gewartet hatte. Nun können viele Kinder gerettet werden, vor allem solche, die bislang an Gehirnblutungen sterben mußten. Eva-Maria Hobiger hatte bewußt die Auflagen des Embargos verletzt, nachdem sie sich ein Jahr lang vergeblich bemüht hatte, die Apparate und Medikamente auf einem legalen Weg in den Irak zu bringen. "Wenn ein Gesetz zu Unrecht wird, muß man es brechen, ich fühle mich dazu verpflichtet," sagte sie uns. "Ein politisch begründeter Krieg gegen Säuglinge und Kinder ist wohl das Abscheulichste, was die Menschheitsgeschichte je hervorgebracht hat." Neben den in Basra gehäuft auftretenden Krebs- und Leukämieerkrankungen bei Kindern stellen die Ärzte wöchentlich bei etwa 20 Kindern die Diagnose Kala Azar. Die kleinen mit Kala Azar infizierten Patienten werden nach Hause entlassen, weil das Medikament zur Heilung fehlt. Das ist das Todesurteil für sie. Höchstens ein Jahr bleibt ihnen, unter zunehmenden Qualen zu sterben. Mit einem speziell gegen diese von Insekten übertragene Tropenkrankheit entwickelten Medikament namens Pentostam, einzig von einer Firma in Großbritannien produziert, ist die Krankheit hundertprozentig heilbar. Ohne es verläuft sie hundertprozentig tödlich. Die Bemühungen um dieses Medikament für die sterbenden Kinder in Basra blieben bisher erfolglos; auch Eva-Maria Hobiger konnte daran nichts ändern. Zwar spendeten bereits viele Menschen dafür, auch in Deutschland ist ein Konto eingerichtet. Die Firma ist seit November vertraglich verpflichtet und dafür bezahlt, 130 Packungen zu liefern - das wäre die Rettung für 390 erkrankte Kinder. Aber die britische Regerung blockiert die Lieferung. Wir nahmen uns vor, diese Unmenschlichkeit nach unserer Rückkehr anzuprangern und wie Eva-Maria Hobiger zum offenen Bruch des Embargos aufzurufen. Die intensiven Begegnungen mit den kranken Kindern und ihren sie pflegenden Müttern werden nun zu unserem Leben gehören. Das fast verlegene, freundliche, offene Lächeln bei vielen der Frauen, die ohnmächtig dem Verlust ihrer Kinder entgegensehen müssen, das war und ist schwer auszuhalten. * Familien mit vielen Kindern in feiertäglicher Stimmung begegneten wir im Innenhof der schiitischen Moschee Al Quadamajin in Bagdad. Einige luden mich auf ihre "Insel", eine ausgebreitete Decke oder einen Teppich, ein, an ihrem Freitagspicknick teilzunehmen. Alle wollten fotografiert werden, waren sehr freundlich und wirkten so heiter, als wüßten sie nichts von dem ihnen drohenden Unheil. Ähnlich empfand ich es bei allen anderen Begegnungen, ob in der Musikschule, wo wir bei einer Ballettprobe zusehen durften, oder in einer kleinen Textilfirma, einem Projekt der Frauenföderation, wo uns Arbeiterinnen verschiedenen Alters die Hände drücken wollten; sie fragten nach meiner Familie, baten mich wiederzukommen. Sie alle wissen um die Gefahr. Sie möchten wie überall auf der Welt einen friedlichen Alltag gestalten, doch sie müssen ohnmächtig darauf warten, bombardiert zu werden. Sie werden in ihren Häusern bleiben, keinen Bunker aufsuchen. Seit der Bombardierung von 1991 ist klar, daß sie dort keine Sicherheit finden würden. In dem inmitten eines Wohngebietes von Bagdad gelegenen Al-Amariya-Bunker, wo damals mehr als 400 Einwohner, vor allem Frauen und Kinder, Schutz gesucht hatten, wurden durch zwei gezielte Raketen fast alle ermordet. Nur 14 konnten dem Feuertod entrinnen. Im Flugzeug kam ich mit einem ARD-Reporter ins Gespräch, der sich überzeugt äußerte, daß ein Krieg gegen den Irak nicht mehr abzuwenden sei. Da Tausende Soldaten in Marsch gesetzt seien, würden die USA sonst vor der Welt ihr Gesicht verlieren. Ich war sprachlos und wollte doch schreien. Dieser Logik sollen Tausende Unschuldige geopfert werden? Haben die US-Politiker mit ihrer menschenverachtenden Irak-Politik nicht längst ihr Gesicht verloren? Krieg ist kein Naturereignis. Krieg kann, Krieg muß verhindert werden. Isra, Henna, Lernia, Abdal, alle sollen leben und mit ihrem Lächeln Herzen erwärmen können. Weitere Friedensdelegationen bereiten sich auf die Reise vor, dabei hilft die "Initiative gegen das Embargo", Heidelberg (Spendenkonto für die Beschaffung des Medikaments gegen Kala Azar: Hypovereinsbank AG München, Konto-Nr. 665 821 595, BLZ 700 20 270, Kennwort "Kinder im Irak".
Erschienen in Ossietzky 3/2003 |
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